Kulturhauptstadt Temeswar 2023: Tragikomische Satire über eine nur scheinbar bekannte Stadt

Unabhängiges Basca-Theater führt „Zambara Kabarett“ auf

Dramatiker Andrei Ursu: „´Zambara Kabarett´ ist eine Aussage über eine Stadt. Eine echte Stadt. Eine, die sich selbst im Spiegel betrachtet und darüber staunt, wie sie sich selbst findet. Lebendig.“ | Foto: Andreea Oance

In einem intimen Raum in unmittelbarer Nähe des Trajansplatzes in Temeswar/Timișoara lädt das unabhängige Basca-Theater zu außergewöhnlichen Theatererlebnissen ein. Der für knapp 50 Zuschauer geeignete Saal ist heute, wie immer, voll. Die Vorpremiere von „Zambara Kabarett“ wird am Eröffnungswochenende des Kulturhauptstadtjahres 2023 für Familie und Freunde gespielt. An den letzten Details wird noch vor der Premiere am darauffolgenden Tag gearbeitet. Ein Musical über die jüngste, fiktive Geschichte von Temeswar, jedoch mit einem Hauch von Wahrheit, steht auf dem Programm: Eine der jüngsten Produktionen des Theaters ist eine Mischung aus Musical, Theater und Varieté-Show mit Live-Musik der Temeswarer Jazzband Blazzaj und Versen von Andrei Ursu.

„Zurobara“ heißt die antike Siedlung, die bereits vom Geografen Ptolemäus erwähnt worden ist. Archäologische Forschungen, die seit 2009 durchgeführt wurden, weisen auf die dakische Festung 20 Kilometer südöstlich von Temeswar hin. „Zambara“ ist eine gekürzte Form von „Zurobara“, einem Wort, das von dem Dramatiker Andrei Ursu vorgeschlagen wurde, möglicherweise auch in Erinnerung an den gleichnamigen einstigen Party-Club in der Stadt. „Kabarett“: ein deutsches Wort, das einerseits eine Unterhaltungsshow mit Musik, Tanz, humorvollen und theatralischen Sketchen, und andererseits eine Show mit sozial-politischer Satire bezeichnet. „Zambara Kabarett“ betitelt sich also die Inszenierung in der Regie von Ana-Maria Ursu, nach einem Text von Andrei Ursu – beide Mitbegründer des Basca-Theaters. Für die Choreographie zeichnet die ukrainische Künstlerin Vika Medvedeva verantwortlich, die Musik wird von „Blazzaj“ (Komposition und Live-Performance) gespielt. Das Bühnenbild stammt von der Künstlerin Lia Pfeiffer, die Kostüme hat Elena Mazăre ausgewählt, für Licht und Ton ist Cristian Popescu (Sol Faur) zuständig, während die Videoprojektionen von Cristian Văduva stammen – die Aufnahmen nehmen die Zuschauer auf eine Reise durch Temeswar mit und versetzen sie mitten in die Geschehnisse.
 
2023 ist das Jahr der kleinen Theater(säle), die laut über Temeswar erzählen. Neben der bereits hochgeschätzten Inszenierung des Temeswarer unabhängigen Theaters „Auăleu“, „Grand Hostel Timișoara“, eine Radiographie der Kulturhauptstadt, sorgt nun auch „Zambara Kabarett“ für eine bitter-süße, tragik-komische Analyse der Geschehen in der Bega-Stadt. Probleme aus dem Alltag – Luftverschmutzung sorgt für Krebserkrankung, eine Mutter stürzt sich ins Leere von einem Hochhaus zusammen mit ihren beiden Kleinkindern, Flüchtlinge aus dem Nachbarland gehören zu Billigarbeitskräften vor  Ort – das sind u. a. Themen, über die man laut oder nur leise redet und die aus Zambara eine Temeswar-ähnliche Stadt machen. 

Was bei den Zuschauern gewiss für Begeisterung sorgt ist die Live-Performance von „Blazzaj“. Petre Ionuțescu (Trompete und Keyboard), Uțu Pascu (Bass), Gabriel Almași (Gitarre), Vali Potra (Perkussion) und Octavian (Vita) Horvath (Stimme) sorgen für eine greifbare Atmosphäre. Für die träumerische, ernste, komische und brutale Realität in der fiktiven Stadt, die aber der realen Stadt Temeswar sehr ähnlich sieht, sind die Schauspielerinnen Larisa Belcea, Dana Borteanu, Cristina Chiperi, Ana Indricău, Andra Ioanaș, Jacqueline Kohl, Alina Mihocaș und Jasmina Mitrici zuständig, die auf der Bühne spielen, singen und tanzen. 

Die Inszenierung ist ein Kabarett im wahrsten Sinne der Definition: Eine Form der Kleinkunst, in der darstellende Kunst (schauspielerische Szenen, Monologe, Dialoge, Pantomime), Lyrik (Gedichte, Balladen) oder Musik oft in Form der Satire oder Polemik miteinander verbunden werden. Das Kabarett ist in seiner Motivation gesellschaftskritisch, komisch-unterhaltend und/oder künstlerisch-ästhetisch. Genauso auch „Zambara Kabarett“, das, abgesehen von der Kulturhauptstadteuphorie, gleichermaßen Unterhaltung und gesellschaftspolitische Satire bietet.

Die nächste Aufführung von „Zambara Kabarett“ steht für Montag, den 20. März, im Haus des unabhängigen Basca-Theaters in der Ion Mihalache-Straße Nr. 2 am Trajansplatz an. Die Vorstellung ist bereits ausverkauft, soll aber im Laufe des Kulturhauptstadtjahres mehrmals gespielt werden. Details dazu gibt es unter basca.tm.ro oder in den sozialen Netzwerken „Facebook“ und „Instagram“.