Letzte Chance für Banater Naturschönheiten

Später Rettungunsversuch der Temescher Schutzgebiete durch EU- Projekte

Man kennt das nur zu gut: Wie in vielen anderen Bereichen hierzulande ist nicht das Sich-selbst-überlassen oder das Verwildern der Natur das Schlimmste, was ihr passieren könnte. Am Beispiel der Temescher Schutzzonen – der schönsten und amtlich als behütenswert anerkannten Naturflecken der Banater Ebene – kann man erkennen, dass gerade das unkontrollierte und unverantwortliche Einwirken des Menschen auf diese Fluren, Wälder oder Sümpfe am schädlichsten ist und sogar deren Existenz in Gefahr bringt. 

Wie in einem Ping-Pong-Spiel hat man die Verantwortung für diese Schutzzonen in den letzten Jahren von der Landesverwaltung zur Kreisverwaltung und von dieser zur Kommunalverwaltung geschoben. In etlichen Fällen hat die Unterfinanzierung diesen Zonen – zum Teil einzigartig in Europa – den Gnadenstoß gegeben, sodass es manchmal schon zu spät war für die Rettung des Naturhabitats und der vom Aussterben bedrohten Arten. Was die Temescher Fachleute, darunter auch das Biologenteam vom Banater Museum, schon längst als einzige Rettungskur für die Temescher Schutzzonen vorgeschlagen haben, scheinen sich nun auch die Temescher Umweltschutzbehörde und die Kreisverwaltung auf die Fahne geschrieben zu haben: ihre Aufnahme in das europäische Netz der Natura 2000-Schutzgebiete.

Rettung der Natur oder nur ran an die EU-Töpfe?

Da der rumänische Staat weder den Willen noch die Kraft aufbringt, Mittel für derartige Öko-Projekte locker zu machen, schließt sich nun die Temescher Kreisverwaltung einem EU-Großprojekt zur Verbesserung des Managements der Natura 2000-Schutzgebiete an, woran sich auch mehrere italienische Regionen, darunter die Region Veneto, beteiligen. Das Vorhaben verfügt über ein großzügiges Budget von 2,5 Millionen Euro, der Kreisrat wird eine Eigenleistung von 160.000 Euro erbringen müssen, die jedoch aus dem Budget des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung zurück in die Kreisratskasse fließen werden. 

Wenn auch ein Großteil der Gelder in die Schutzzone Surduk/Surduc fließen sollen – in dem 362 Hektar umfassenden Schutzgebiet um die Gemeinde Fârdea und den größten Banater See Surduk entwickelt die Temescher Kreisverwaltung derzeit ein komplexes, wirtschaftlich-touristisches Projekt, das jedoch jahrelang verschleppt wurde – so wird ein Teil der EU-Gelder auch den anderen Temescher Schutzzonen zugute kommen. Es ist ein letzter Rettungsring sozusagen.

Das Ganze ist sicherlich gut durchdacht: Den Schutzgebieten wird damit wohl die einzige Chance gewährt, an die reichen Töpfe der EU-Umweltschutzfonds heranzukommen. Eigentlich tut man im Kreis Temesch nun fünf vor zwölf, was man schon längst hätte tun sollen: Mit dem EU-Beitritt 2007 hatte sich unser Land ja als EU-Mitglied zu Bildung und Schutz der Natura 2000-Gebiete verpflichtet. Im Netz dieser Schutzgebiete befinden sich derzeit der Macedonia-Wald, die Sümpfe von Knes/Satchinez und Murani, die untere Marosch-Au, Hunedoara Timiseanã und die Lippaer Hügel. 

Laut Gabriela Lambrino, Leiterin der Regionalbehörde für Umweltschutz Temeswar, gilt derzeit als eines der Hauptziele der Behörde die Eingliederung von 18 Schutzzonen des Kreises Temesch in das Öko-Netz: Kleinbetschkerek, Großkomlosch, Livezile-Banlok, Livezile-Dolatz, die Temesch-Au, die Wälder Dumbrava und Paniova, die Weiden von Tschakowa, Jebel, Nerãu und Pesak, die Hügelgegend Lippa-Poiana Ruscã, die Salzbäder von Foeni-Gr²niceri und Diniasch, das Gebiet Marienfeld-Triebswetter, Ujwar-Diniasch sowie die Sanktandreser Ebene. Es gibt jedoch auch Vorschläge zur Erweiterung folgender Schutzzonen: Temesch-Au, Sümpfe von Knes, Hunedoara Timiseanã, Untere Marosch-Au, Lippaer Hügel und Macedonia-Wald.

Für die Schachbretttulpe schon zu spät

Obwohl für die Touristen in den Monografien noch als einzigartige Schönheiten der Banater Natur gepriesen, kommen diese Maßnahmen für einige der Schutzzonen wahrscheinlich zu spät. Die Eingliederung des Macedonia-Waldes und der Temesch-Au, durch die Rückerstattungsgesetze schon seit Jahren im Privatbesitz, wurde im Frühjahr von den betroffenen Eigentümern und auch der Bevölkerung von Mosch4nitza vehement und mit Recht kritisiert. Die Fisch- und Vogelarten, für die diese Schutzgebiete gegründet wurden, gibt es nach Ansicht der Einwohner schon seit Jahren nicht mehr. So etwa der Silberreiher, der kleine Reiher oder der schwarze Storch. Wenn die lieben Vögel jedoch nach vielen Jahren eines Sommers doch aus Afrika auf Sommerurlaub ins Banat zurückkehren, was dann?

Ein trauriges Beispiel gibt das botanische Schutzgebiet des Poganisch-Tals ab. Die insgesamt 75,5 Hektar umfassende Zone im Tal des Poganisch-Flusses bei Nitzkydorf, Wegwar und Türkischsakosch gilt als europaweit einzigartige Schutzzone der Schachbretttulpe, die gemäß der Berner Konvention als vom Aussterben bedrohte Blumenart geschützt ist. Doch das ursprüngliche Habitat dieser Blume, die bis zur Wende teilweise verwilderten Wälder um die Ortschaften Berini, Blajova, Cadar, Busiasch, Otvesti oder Cheveres, wurde stückweise nach 1989 an ihre ehemaligen Eigentümer rückerstattet und nach Gutdünken und ohne amtliche Kontrolle fast völlig abgeholzt.

„Die Schutzzone im Poganischer Tal existiert nicht mehr“, schlussfolgert Sretko Milanovic, Biologe der Abteilung Naturwissenschaften im Banater Museum. „Die Grundlage, der alte Eichenwald, wurde zerstört und somit auch das Habitat der Schachbretttulpe.“ Derartige und ähnliche Gefahren gibt es aber auch für andere Schutzgebiete. Selbst die Gesetze und deren lokale Anwendung haben in den letzten Jahren wenig oder gar nichts gefruchtet: Obwohl es nun hohe Geldstrafen für Öko-Delikte gibt und diese auch verhängt werden, klagen immer mehr der von der Temescher Umweltschutzpolizei bestraften Privatpersonen oder Firmen vor Gericht. Die Prozesse schleppen sich jahrelang dahin und am Ende kommen die Bestraften zum Großteil mit reiner Weste davon.