Maifest und Begegnung am Huetplatz in Hermannstadt

Ein Schritt zur Normalität nach zwei Jahren Pandemie

Trachtenaufmarsch auf dem Großen Ring | Fotos: die Verfasserin

Anita Pavel und Johanna Kézdi betreuen den Info- und Bücherstandstand im Foyer des Hermannstädter Forums.

Mit Liebe gefertigt und stolz zur Schau gestellt: die Kostbarkeiten der Handarbeitskreise der Evangelischen Kirche in Hermannstadt

Musikalische Begleitung der Eröffnungsveranstaltung durch Monica Florescu und Makcim Fernandez Samodaiev

Nach zwei Jahren Pandemie, in denen die Treffen nicht stattfinden konnten, lockte nun ein abwechslungsreiches Programm wieder Besucher von nah und fern nach Hermannstadt/Sibiu: Unter dem Motto „Wir Hermannstädter heute“ fand am vergangenen Wochenende das Maifest und die Begegnung auf dem Huetplatz, ausgerichtet durch das Demokratische Forum der Deutschen in Hermannstadt und die Evangelische Kirchengemeinde A.B. Hermannstadt, statt. Auch die Heimatgemeinschaft der Deutschen in Hermannstadt war erneut Mitveranstalter und beim Treffen gut vertreten. Das Fest bot mit dem traditionellen Trachtenaufmarsch, zahlreichen Vorträgen, einer Führung durch die neu renovierte Evangelische Stadtpfarrkirche, Konzerten und Ausstellungen, Theater, sowie der Möglichkeit zu Gespräch und Austausch, einen bunten Strauß an kulturellen Angeboten an diesem bereits sommerlichen Frühlingswochenende.

Die zur Tradition gewordene „Begegnung auf dem Huetplatz“ wurde erstmalig im Jahr 1994 ausgerichtet, findet alle zwei Jahre statt und hat zum Ziel, ausgewanderte und hiergebliebene Siebenbürger Sachsen in Siebenbürgen zusammenzubringen. Die Begegnung ging dieses Jahr mit dem Maifest einher, ursprünglich ein Schulfest, das dieses Jahr zum neunundzwanzigsten Mal seit 1990 begangen wurde. Das Maifest wird in Hermannstadt seit dem 10. Mai 1991 wieder gefeiert. Höhepunkt dabei ist der traditionelle Trachtenaufmarsch, bei dem Tanzgruppen mehrerer Hermannstädter Schulen, des Hermannstädter Jugendforums und des Forumskindergartens vom Huetplatz über den Kleinen Ring auf den Großen Ring und durch die Heltauergasse und die Harteneckgasse zum Thaliasaal marschieren. Auch dieses Jahr begleitete die Neppendorfer Blaskapelle den Aufmarsch der Kinder und jugendlichen Trachtenpaare. Anschließend wurde im Jungen Wald getanzt, gesungen und musiziert. Bei Speis und Trank wurden verschiedene Spiele und sportliche Aktivitäten angeboten. Für Helmut Lerner, Kulturreferent des Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt, der das Maifest seit 2004 organisiert, bedeutet die Veranstaltung „Gemeinschaft, zu der man die Schulen mobilisieren kann, ein Gemeinschaftsfest, bei dem alle zusammenkommen“.

Wieder ein wenig Normalität

Die 14. Begegnung am Huetplatz wurde am Freitagnachmittag im Spiegelsaal des Hermannstädter Forums durch die stellvertretende Vorsitzende des Hermannstädter Forums, Corina Bokor, eröffnet. Bürgermeisterin Astrid Fodor, die Konsulin der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, Kerstin Ursula Jahn, sowie Dagmar Zink, Vorsitzende der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt, und Martin Bottesch, Vorsitzender des Siebenbürgenforums sprachen Grußworte. Die Rednerinnen und Redner hoben besonders die Tatsache hervor, dass nach einer langen Zeitspanne, in der keinerlei Veranstaltungen möglich waren, nun wieder ein Zusammentreffen möglich sei. Die Begegnung auf dem Huetplatz ist nach dem Sachsentreffen 2021 in Großau/Cristian die zweite größere Veranstaltung, die wieder stattfinden konnte. Auch verwies der Vorsitzende des Siebenbürgenforums, Martin Bottesch, auf die nächste Großveranstaltung, den „Siebenbürgischen Kultursommer“, der vom 23. Juli bis 15. August in Siebenbürgen stattfinden wird und der zugleich einen pandemiebedingten Ersatz für das auf 2024 verschobene nächste Große Sachsentreffen darstellt.

Neben all den genannten Programmpunkten fand einmal mehr auch eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Person Samuel von Brukenthal statt – und zwar in Form mehrerer Vorträge.

Brukenthal – ein früher Europäer…

Einer der Vorträge im Programm war der von Thomas Șindilariu, Unterstaatssekretär im Departement für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens (DRI): Er setzte in seinem Vortrag „Musik und Gedanken zur Ausstellung: Samuel von Brukenthal – Ein früher Europäer“, der im Spiegelsaal des Hermannstädter Forums stattfand, den Akzent auf die Aspekte in Brukenthals Leben, für die in der Wanderausstellung „Samuel von Brukenthal – Ein früher Europäer“, die am Samstag ebenfalls im Spiegelsaal zu sehen war, kein Raum mehr war: „Außergewöhnlich gute Vernetzung und solide Bildung waren das Fundament für den atemberaubenden Erfolg Brukenthals. Er war in der Lage, in beides gezielt und entschlossen investieren zu können“, so Șindilariu. Nicht zuletzt verdankte er dies auch seiner freimaurerischen Tätigkeit, die ihm Kontakte in ganz Europa ermöglichte.

Untermalt wurde der Vortrag durch Videoclips des „Collegium Musicum Brukenthal“ (Elisa Gunesch, Brita Falch-Leutert und Jörg Leutert, Gabriel Silișteanu, Iuliana Cotârlea), in denen Musikstücke, die in Verbindung mit Samuel von Brukenthal stehen oder aus seiner Zeit stammen, präsentiert wurden. Der Vortrag und dessen musikalische Untermalung waren ursprünglich zum 300. Geburtstag Brukenthals im Jahr 2021 konzipert worden. Die Musikstücke des „Collegium Musicum Brukenthal“ sind in der Hermannstädter Stadtpfarrkirche aufgenommen worden: Gleich zu Beginn des Vortrags kamen die Zuhörer so in den Genuss einer Komposition der Melodie der Taschenuhr Brukenthals und wurden durch den Redner auf eine Zeitreise ins 18. Jahrhundert mitgenommen. Lebensstationen, Orte sowie Wirkungsstätten Brukenthals wie das Geburtshaus in            Leschkirch/Nocrich, das Schloss in Sâmbăta de Jos und die Orangerie in Freck/Avrig wurden auf diese Weise lebendig.

…und vielseitige Persönlichkeit seiner Zeit

Einen weiteren Vortrag zu Brukenthal hielt Dr. Gudrun-Liane Ittu: Sie ging in ihrem Vortrag „Baron Samuel von Brukenthal – sein Leben, Werk und Erbe“ vor allem auf die Tatsache ein, dass in der Brukenthalforschung unterschiedliche Aspekte herausgestrichen werden: So wird Brukenthal einerseits als „lieux de mémoire“ im Sinne Pierre Noras gedeutet – im Laufe der Jahrhunderte ist er immer wieder Referenz –, andererseits als der erste große Europäer Siebenbürgens. Weitere Lesarten beschreiben ihn als „Arbeitsmigranten“, „Emporkömmling“ oder „Provinzler“.  Auch hier wurde deutlich, dass Brukenthal es schon in jungen Jahren verstanden hat, Freundschaften zu schließen und Netzwerke aufzubauen. Brukenthal war „der vermutlich bedeutendste Siebenbürger Sachse“, so Ittu, „nicht nur, weil er ein bedeutender Politiker war, sondern vor allem wegen seines kulturellen Werks und seiner Hinterlassenschaft, die nach guten 200 Jahren immer noch begeistern“.