„Malenkij robot. Unsere einzige Schuld war unsere Abstammung ...“

Ein Band zur Verschleppung der Ungarndeutschen in die Sowjetunion

Januar 2015 jährt sich zum 70. Mal die Deportation der rumäniendeutschen Bevölkerung in Arbeitslager der Sowjetunion. Einige Wochen vorher, ab 22. Dezember 1944, ereilte dasselbe Schicksal auch  zahlreiche Ungarndeutsche. Im Pécser Verlag „Magyarországi Németek Pécs Baranyai Nemzetiségi Köre“ ist 2011 ein von dem Historiker Dr. Zalán Bognár herausgebrachter Band in ungarischer und deutscher Sprache erschienen, der aus mehreren Perspektiven diese Katastrophe einem breiten Publikum vorstellt. Beim deutschsprachigen Teil (rund ein Viertel des 407 Seiten umfassenden Bandes) handelt es sich um eine Zusammenfassung.

Der vollständige Titel samt Untertitel lautet: „Malenkij robot. Unsere einzige Schuld war unsere Abstammung... Die Verschleppung deutscher und ungarischer Zivilisten zur Zwangsarbeit in die stalinistischen Lager 1944/45 – 1955“.

Das Buch konnte dank der erfolgreichen Bewerbung für das EU-Programm „Europa für die Bürger – Aktive europäische Erinnerungen“ erscheinen. Es setzt sich zum Ziel, wie Eleonóra Matkovits-Kretz, Vorsitzende des Nationalitätenvereins der Ungarndeutschen in Pécs-Baranya, im Vorwort schreibt, gegen das Vergessen zu wirken: „Durch das Gedenken der Opfer, durch die Bewahrung der mit der Deportation verbundenen Orte und mit Hilfe der einschlägigen Archivquellen können die Bürger Europas die Vergangenheit mitsamt deren Schattenseiten in Erinnerung behalten. Dies ist heutzutage umso wichtiger, als die meisten ehemaligen Opfer und Augenzeugen wegen ihres hohen Alters bald nicht mehr unter uns weilen werden.“

„Malenkij robot“ ist auf den russischen Ausdruck „malenkaja rabota“ zurückzuführen der übersetzt im Sinne von „kleine Arbeit“ zu verstehen ist. Dabei handelte es sich um den Versuch einer Verharmlosung, klar gesagt, einer Lüge der russischen Behörden von der Roten Armee, aber auch von Sicherheitsdiensten: Vorgetäuscht wurde, es handle sich lediglich um kleine Arbeiten z.B. hinter der Frontlinie betreffend Enttrümmerung oder Reparaturarbeiten an Landstraßen verbunden mit einer kurzen Identifizierungsmaßnahme. Damit sollten die Menschen  beruhigt, Proteste und Fluchtversuche verhindert werden. In der Tat ging es aber um die massive, kollektive Deportation in ferne Arbeitslager. „Malenkij robot“ wurde deshalb in Ungarn zum Symbol und Ausdruck der Verschleppung von unschuldigen Zivilisten in die ferne UdSSR, schreibt Dr. Bognár im Vorwort.

Die deutsche Zusammenfassung enthält einen wissenschaftlichen Beitrag von Zalán Bognár einschließlich neuerer Forschungsergebnisse und versucht, „mehrere bisher ungeklärte Fragen“ (so im Vorwort) klarzustellen. Es folgt der Beitrag von Zsuzsa Singer „Malenkij robot aus psychologischem Aspekt“, der auf die Folgen der Deportation für deren Opfer und Familien eingeht – ein interessanter Beitrag, der aber sprachlich besser überarbeitet hätte werden können. Beeindruckend und eher fürs breite Publikum geeignet sind zahlreiche Interviews und Zeugenaussagen derjenigen die diesen Schicksalsschlag überlebt haben.

Sie wurden z.T. von Freiwilligen erstellt und beziehen sich praktisch auf alles in Zusammenhang mit diesem Thema, wie es auch aus der einfachen Wiedergabe des Inhaltsverzeichnisses ersichtlich ist: „Die Verschleppung der deutschstämmigen Bevölkerung. Der Weg aus den Sammellagern in die Lager der Sowjetunion; Leben und Tod in den sowjetischen Lagern: Ankunft, Unterkünfte, Bewachung; Die Verpflegung; Arbeit in der Gefangenschaft; Beziehungen innerhalb des Lagers; Beziehungen zur Außenwelt; Von Lager zu Lager; Lageralltag; Ruhezeit und Freizeit; Hygienische und medizinische Umstände; Krankheit, Unfälle und Tod in den Lagern; Flucht und Strafe; Entlassung, Heimweg und Ankunft; Leben nach dem Schatten des Todes – Nachwirkungen der Verschleppung.“
Es folgt eine Rückschau mit Daten und Auszügen aus offiziellen Dokumenten über die Deportation der Ungarndeutschen aus Almáskamarás und ihre Deportationsjahre, die mit einem Aufruf gegen Rassenhass und für Frieden endet.

Den Abschluss macht ein Bericht mit Fotos über eine Reise von Studenten, Wissenschaftlern und Laienforschern in das Donezbecken auf der Suche nach Spuren der ehemaligen Arbeitslager und auch der Orte, wo die Verstorbenen ruhen.

Der Band enthält zahlreiche historische Fotos zur Deportation sowie auch Grafiken, Gedichte und Lieder im Zusammenhang mit diesen tragischen Ereignissen.