Maria Radna hält derzeit noch den Atem an

500-jähriges Jubiläum wird im August begangen

Maria Radna ist der bedeutendste katholische Wallfahrtsort in Westrumänien. Hierher pilgern jedes Jahr Gläubige aller Konfessionen.

Das wunderwirkende Gnadenbild der Seligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel stammt aus dem Atelier des Buchdruckers Remondini im Norden Italiens. Nachdem die Bewohner von Arad Anfang des 18. Jahrhunderts nach Radna pilgerten, um zur Heiligen Maria zu beten, hörte auch die Pest-Epidemie auf.

Der Kreuzweg hinter der Basilika soll einer umfangreichen Sanierung unterzogen werden. Nur wenige wissen es: Der Kreuzweg-Komplex umfasst mehrere Elemente, die renoviert wieder ans Licht gebracht werden müssten. Fotos: Zoltán Pázmány

Maria Radna: Mit dem römisch-katholischen Wallfahrtsort im westrumänischen Kreis Arad sind viele Wunder verbunden, von denen Gläubige immer wieder berichtet haben und es weiterhin tun. Mündlichen Erzählungen und schriftlichen Berichten zufolge, sollen Gebete zur Jungfrau Maria, die in Radna in besonderer Weise verehrt wird, geholfen haben, die verschiedensten Probleme der Menschen zu lösen. Das bezeugen nicht nur die etwa 300 in Radna ausgestellten Votivbilder, sondern auch die Votivgaben im Altarraum, die seit 1750 hier gesammelt werden. In diesem Jahr sind es 500 Jahre, seitdem in Radna die erste Kapelle errichtet worden ist. Gleichzeitig ist es 200 Jahre her, seitdem die Radnaer Kirche durch Kardinal Alexander von Rudna konsekriert wurde. Dass es zu einer Coronavirus-Pandemie kommen würde und viele Wallfahrten aufgeschoben oder gar gestrichen werden, das hatte vor knapp einem Jahr noch keiner geahnt. „Es ist ein wallfahrtsmäßig verlorenes Jahr“, findet der Pfarrer aus Maria Radna, Domherr Andreas Reinholz. Der sonst von Menschen so überlaufene Wallfahrtsort am Marosch-Ufer, den letztes Jahr an die 100.000 Menschen besucht haben, hält derzeit den Atem an – gemeinsam mit der ganzen Welt, die darauf wartet, diese schwierigen Zeiten endlich zu überwinden.

Maria Radna hat eine eindrucksvolle Geschichte. Der Beginn des religiösen Lebens in Radna geht auf das Jahr 1520 zurück. Die „Nemorosa opacitas relucens seu genuina historia sacratissimae imaginis Beatae Virginis Matris Gratiarum quae in Sacra Radnensi Ædicula… colitur“, 1756 veröffentlicht, berichtet erstmals von einer kleinen Kirche, die um das Jahr 1520 auf Kosten einer frommen katholischen Witwe am rechten Marosch-Ufer, in den Weinbergen von Radna, errichtet wurde. „Die kleine Kapelle diente zweifellos dem Zweck, Gottes Segen und Hilfe für die Arbeit zu erbitten. Es ist eine bekannte Sache, dass solche Kapellen in der Vergangenheit in Weingärten und auf Hügeln gebaut wurden. 1551, nachdem Lippa in türkische Hände gefallen war, flohen viele Stadtbewohner mit den Priestern und Franziskanerbrüdern vom linken Marosch-Ufer ins heutige Radna”, erklärt Pfarrer Ioan Cădărean, Museumskustos in Maria Radna. Die kleine Kirchenkapelle wurde im Laufe der Zeit mehrmals ausgebaut, saniert und sogar neugebaut. 1695 soll sich in Radna das erste Wunder zugetragen haben: Die Türken hatten die Holzkapelle der Franziskaner in Flammen gesetzt, der Papierdruck einer Ikone der Seligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel, 1668 vom Händler Georg Vriconossa den Franziskanern geschenkt, überlebte den Brand. Es ist das heutige Gnadenbild der Mutter Gottes, das über dem Hauptaltar angebracht ist und von den Gläubigen verehrt wird.

Die Entstehungsgeschichte des Wallfahrtsortes Maria Radna können Besucher heute im Klostermuseum, 2015 von Altbischof Martin Roos angeregt und entwickelt, erfahren. Das sehenswerte Museum wurde auf drei Stockwerken im Westflügel des Gebäudes eingerichtet und hat einiges zu bieten. 110 Ausstellungsvitrinen mit Museumsobjekten und Dokumenten geben Aufschluss über die Entstehungsgeschichte des bedeutendsten katholischen Wallfahrtsortes in Westrumänien. Beginnend mit der Gründung des Franziskanerordens, der fast sieben Jahrhunderte in Maria Radna und Lippa/Lipova aktiv war, über die Entstehungsgeschichte der ersten Radnaer Kapelle bis zum Erringen des Ranges einer „Basilica Minor“ im Jahr 1992, von der Geschichte des großen Klosterkomplexes in Maria Radna bis zu dem regen Leben der Franziskanergemeinde ist im Museum alles dabei und wartet darauf, von den Interessierten entdeckt zu werden. Auch die Geschichte des Kreuzwegs hinter der Kirche können Besucher hier erfahren. Ein Konferenzraum, ein Refektorium, Kunst-Ausstellungsräume und andere Säle stehen den Interessierten zur Verfügung, die im Tourismusinformationsbüro ebenso Informationen zur Tätigkeit in Radna, aber auch Souvenirs und Andenken bekommen können. Das Museum ist, außer montags, täglich geöffnet.

Am 15. August sollen die Feierlichkeiten zum 500-jährigen Jubiläum seit dem Bau der ersten Kirchenkapelle in Maria Radna stattfinden, verrät Domherr Andreas Reinholz. Die deutsche Wallfahrt, die traditionsgemäß am 2. August, dem Portiunkula-Tag, gehalten wird, soll nicht komplett ausfallen, aber mit Sicherheit in einem kleineren Rahmen stattfinden. Unter welchen Bedingungen die Feste abgehalten werden können, ist momentan ungewiss, auch weiß man nicht, inwiefern Gäste aus dem Ausland kommen können. Dass derzeit niemand den katholischen Wallfahrtsort besucht, das sei schon ungewohnt für den Pfarrer und die anderen Mitarbeiter aus Maria Radna. „Die Kirche ist leer. Es ist ungewohnt, in einer leeren Kirche die Messe zu zelebrieren“, gesteht Andreas Reinholz. Am Fest des Patroziniums, an Mariä Verkündigung (25. März), feierte man bereits ohne Gläubige, und auch an anderen Feiertagen danach blieb die sonst so volle Kirche leer. Pfarrer Reinholz blickt etwas pessimistisch in die Zukunft. „Die Menschen werden sich wieder gewöhnen müssen, nach Radna zu pilgern“, schätzt er.

Trotzdem gäbe es in Radna viel zu tun, verrät der Geistliche. Er möchte in diesem Jahr auch die Sanierung des Kreuzwegs auf dem Hügel hinter der imposanten päpstlichen Basilika in die Wege leiten. „Ich würde gern diesem Kreuzweg seine Form aus den 1920er – 30er Jahren wiedergeben. Es gibt dort einen ganz besonderen Kreuzweg, den glorreichen Weg Jesu, der mit der Auferstehung beginnt – solche gibt es nur noch ganz selten in Europa“, verrät Andreas Reinholz. Museumskustos Ioan Cădărean informiert, dass der Kreuzweg in Radna 1890 geweiht und 1922 saniert wurde. „Der Kreuzweg-Komplex umfasst mehrere Elemente. Derzeit wird nur der schmerzhafte Weg Jesu mit 14 Stationen genutzt, denn der glorreiche Weg, der von oben nach unten führt, wurde in der Vergangenheit teilweise zerstört. Dort gibt es noch die Kapelle der Heiligen Theresia, den Franziskusberg, die Ölberg-Kapelle und einst gab es auch eine Kapelle des Heiligen Stephan“, erzählt Pfarrer Ioan Cădărean. Das Projekt zur Sanierung des Kreuzweg-Komplexes sei sehr umfangreich und würde die Renovierung aller Elemente umfassen. Erwünscht sei auch die Einrichtung eines barrierefreien Zugangswegs für Senioren oder Menschen im Rollstuhl, überlegt der Museumskustos. Momentan stünde keine Finanzierung für das Projekt fest, aber immer wieder kam Hilfe, wenn sie benötigt wurde, sagt Pfarrer Reinholz vertrauensvoll. Andreas Reinholz hofft, dass der Kreuzweg in wenigen Jahren saniert sein wird.

Maria Radna ist derzeit noch menschenleer, doch der Wallfahrtsort wird wieder zum Leben erwachen, wie er es schon oft in seiner bewegten Geschichte getan hat. Besonders nach Seuchen und Epidemien wandten sich die Menschen wieder verstärkt Gott und der Gottesmutter zu, weiß Pfarrer Cădărean. Auch heute ist es nicht anders, denn viele Gläubige trachten regelrecht danach, ihre Herzensorte nach dem nun beendeten Notzustand wieder besuchen zu können. „Wir vertrauen auf die göttliche Vorsehung und beten dafür, dass die Epidemie vorübergeht. Wir hoffen, dass nach dieser schweren Zeit noch mehr Gläubige hierher pilgern werden, um Gott zu danken und den Herrn zu bitten, uns auch in der Zukunft zu beschützen, wie er es bisher getan hat”, sagt der junge Pfarrer. Seine Worte schenken Hoffnung und Zuversicht – und sowas brauchen Menschen jetzt mehr denn je.