Maskenschichten

Einige traditionell zum Kreis der gut verkappten PSD-Propagandisten gehörende politische Kommentatoren – einschließlich solche, die mal zu den „Băsescu-Intellektuellen“ gehört haben – fühlen sich bemüßigt, öffentlich Krokodilstränen zu vergießen wegen des „Schwunds/Niedergangs“ der „Linken“ in Rumänien. Man kann ihnen das als „ehrlich“ oder als „vorgetäuscht“ abnehmen: Die Tatsache, dass seit gut einem Jahr bei Umfragen konstante erhebliche Verluste für die Regierungspartei registriert werden, steht. Dabei ist es für jeden denkenden Menschen in diesem Land eine Freude, das Erodieren der vorgeblichen „Linken“ mit ansehen zu dürfen. Und eine Hoffnung, dass es nur immer so weiter geht. Letzteres allerdings nur, wenn man ausreichend optimistisch ausgestattet ist.

Die PSD (samt ihren Vorgängerparteien) ist für Rumänien seit drei Jahrzehnten ein gefährlicher Links-Ersatz. Schon früh wiesen Kommentatoren darauf hin, dass wir es seit Parteigründer Ion Iliescu mit einem populistisch-konservativ-nationalistischen Mix und linken Schlagwörtern zu tun haben, dem es gelang, sowohl Teil der Sozialistischen Internationale als auch der Europäischen Sozialistischen Partei zu werden, allein aufgrund von Lippenbekenntnissen. Nie in ihrer fast 30-jährigen Geschichte gab es auch nur den Selbstversuch, ihre nationalkommunistischen Wurzeln zu kappen. Die einzige reformwillige Bewegung in dieser Partei, die „Gruppe von Klausenburg“, wurde konsequent und brutal in Kuschposition gehalten.

Gegen eine authentische Linke bei der PSD spricht ihre „Baronstruktur“, das Clanwesen, eine Art Neofeudalismus (die denken tatsächlich wie im Mittelalter!). Die wenig Gebildeten, das strukturschwache Süd- und Ostrumänen, die Staatsalmosenempfänger, Teile der verängstigten Rentnerschaft, die Wahlstimmenabtreter, wirtschaftlich beschränkt Selbstständige – die PSD-Wählerschaft, eine soziale Gruppe mit vormodernen politischen Vorstellungen (die in politisch-ökonomischer Abhängigkeit, „bei der Stange“, gehalten werden kann) – stimmen immer konservativ. Angesichts der sich allmählich durchsetzenden sozioökonomischen und politischen Veränderungen im Land, die diese Gruppen limitieren, sind die PSD-Umfragewerte realistisch.

Die Linke (marxistisch und/oder unmarxistisch) in Europa und in den USA ist in der Stadt, nicht im ländlichen Raum – wie bei uns – angesiedelt. Überall tritt die Linke für eine Ausweitung des „Familien“-Begriffs an – hierzulande für die „traditionelle Familie“ (was selbst die Leitungstrottel von der sich liberal nennenden PNL taten). Überall ist die Linke säkular – in Rumänien wetteifert sie um die unterwürfige Reliquienverehrung. Überall kritisiert die Linke von ideologischem Gesichtspunkt den Kapitalismus – hierzulande schluckt die PSD den Staat (wie ein Gegenstück zu „L`Čtat, c`est moi!“ – und das ist ein Haupterbe dieser als „Linke“ getarnten Feudalherrn, aus dem Kommunismus – Iliescus „capitalism de cumetrie“) und staatliche Ressourcen.

Chauvinistischer Nationalismus (vor allem in Wahlkampfzeiten) schiebt die PSD in die Nähe der Rechtsextremen, ebenso ihre manifeste Antieuropa-Haltung. Zu alldem kommt der Führerkult, die oratorisch-verhaltensmanifeste Anhimmelung ihrer Chefs – sogar wenn die Chefin eine bildungsneutrale und halbanalphabetische Frau wie Vasilica Dăncilă ist… Ein ungenierter Hang zur Gewaltanwendung, sobald die PSD Gefahr wittert; Bergmannsattacken auf Bukarest in den 1990ern, Gewalt am 10. August 2018 u. Ä. Die starke Gruppe aus der rechtsextremen, chauvinistischen PRM, die von der PSD unbesehen übernommen wurde – Lia-O. Vasilescu, C. Ștefănescu – ist offener Meinungsausdruck einer großen Mehrheit von PSD-Anhängern.
Entfernt man von der PSD ihre Maskenschichten, bleibt ein nationalistischer, erzkonservativer, antieuropäischer Ideologierest und Machtkern, dessen durch Umfragen belegte kontinuierliche Schrumpfung nicht zu bedauern ist.