Militärparade zu 100 Jahren nach Ende des Ersten Weltkrieges

Erinnerung an Gastaufenthalt des Generals Henri Mathias Berthelot in Hermannstadt

Historisch uniformierte Feldwebel und Gefreite marschierten zu Soldatenliedern unter der Hermannstädter Lügenbrücke auf den Kleinen Ring. Foto: der Verfasser

In Gegenwart eines interessierten Massenpublikums sowie vor den Blicken zahlreicher lokaler und landesweiter Persönlichkeiten wurden im September auf dem Großen Ring/Piața Mare in Hermannstadt/Sibiu feierliche Geschehnisse einer militärischen Großparade nachgestellt, die mit Pauken und Trompeten in die zeitgenössische Geschichte des hundert Jahre alten modernen Rumänien eingegangen ist. Unter den als „Augen“ bekannten Dachluken der historischen Häuserzeilen des Stadtzentrums am Zibin übten offizielle Gäste, die lokale Bevölkerung und ein Soldatenkorps der Militärischen Akademie für Landstreitkräfte „Nicolae Bălcescu“ einen perfekt vorbereiteten geschichtlichen Rückblick auf den lebendigen Inhalt des 2. Januar 1919, als Hermannstadt den Gastaufenthalt des Generals Henri Mathias Berthelot (1861-1931) vonseiten der Französischen Armee mit höchsten militärischen Ehren zelebriert hatte. Das festliche Ereignis fand bei glücklicherweise besten Wetterbedingungen statt, wurde von Sprecherin Iuliana Tudor moderiert und von der staatlichen Fernsehanstalt TVR direkt übertragen.

Hochrangige Gäste fanden sich auf den Stufen der originalgetreu nachgebauten und überdachten Holztribüne am Großen Ring ein, von wo aus vor fast hundert Jahren führende Persönlichkeiten des Königreiches Großrumänien den Aufenthalt des Generals Berthelot in Hermannstadt öffentlich begrüßt hatten. Nun standen Raed Arafat, Staatssekretär des Ministeriums für Wirtschaft und Leiter der Behörde für Notfallsituationen (ISU), die Botschafterin Frankreichs in Rumänien Michèle Ramis und der Botschafter Großbritanniens in Rumänien, Andrew Noble, in einer Reihe mit Bürgermeisterin Astrid Fodor (DFDR). An Ort und Stelle war der Hermannstädter Kreisrat öffentlich von Marcel Constantin Luca und von der stellvertretenden Vorsitzenden Christine Manta-Klemens vertreten. Ebenso gaben die Hermannstädter Abgeordnete Raluca Turcan (PNL), der Rektor der Lucian-Blaga-Universität Hermannstadt (ULBS), Ioan Bondrea, und Ghiță Bârsan, Rektor der Militärischen Akademie für Landstreitkräfte „Nicolae Bălcescu“, dem militärischen Erinnerungsschauspiel auf dem Großen Ring die Ehre.

Am 2. Januar 1919 war General Berthelot ein ruraler Aufmarsch des Hermannstädter Umlands geboten worden, wodurch Siebenbürgen Interesse an einer Teilhabe an den neuen französisch-rumänischen Beziehungen bekundete. Diesbezüglich gaben sich jetzt am Septemberabend in rumänische Volkstracht gekleidete Tanz- und Musikformationen aus einigen Ortschaften wie Alzen/Alțâna, Freck/Avrig, Rășinari, Zoodt/Sadu, Talmesch/Tâlmaciu und Schellenberg/Șelimbăr ein folkloristisches Stelldichein, an dem auch ein Ensemble des lokalen Kulturvereins „Cindrelul – Junii Sibiului“ in führender Rolle beteiligt war.

Der Festabend historischer Prägung am Großen Ring wurde mit einem Auftritt des makellos intonierenden Bukarester Ma-drigal-Kammerchores, der seit mehr als 50 Jahren weltweit von der außergewöhnlichen musikalischen Identität Rumäniens zeugt, fortgesetzt. Unter der Führung von Chorleiterin Anna Ungureanu sangen die Mitglieder des Madrigal-Kammerchores und des Kinderchores „Peda Sonora“ gemeinsam die Hymnen Europas und Rumäniens. Abgeschlossen wurde das Großereignis mit einem von DJ Adrian Eftimie und Schlagzeugern der Formation „Nopame“ gebotenen Leichtmusik- und Lichtspielkonzert.

Eigens für die Nachstellung militärischer Ehrenkommandos hatten Kadetten und Offiziere der lokalen Militärischen Akademie für Landstreitkräfte „Nicolae Bălcescu“ sich in authentische Soldaten- und Generalsuniformen der Epoche des Ersten Weltkriegs geworfen. Ein hochrangiger Militärbeamter verkörperte in bester Art und Weise den Auftritt von Iuliu Maniu (1873-1953), der seinerzeit als wichtiger Vertreter der Militärischen Kommandozentrale des Königreichs Großrumänien anlässlich der Präsenz des französischen Generals Henri Mathias Berthelot am 2. Januar 1919 in Hermannstadt eine Ehrenrede geschwungen hatte.

Der faktische Inhalt des geschichtsträchtigen Datums ist unzweideutig einzuordnen. Auf den Beginn der wechselseitigen Beziehung zu Frankreich, die während der nachfolgenden Zwischenkriegszeit als internationale Visitenkarte in Ehren gehalten wurde, war Großrumänien stolz. Die rumänisch-französischen Beziehungen hatten damals ein größeres Gewicht als heute.

Es ist Rumänien zu wünschen, dass sich in den Reihen der Staatsbürger jenseits des festlichen Gedenkens detailliertes Wissen über die hundert Jahre zurückliegende Vergangenheit des eigenen Landes vermehrt ausbreitet. Dadurch könnte die Fähigkeit gefördert werden, die verschiedenen wichtigen Geschichtsereignisse sachlicher und weniger emotional und tendenziös zu beurteilen.