Minimalismus in der Fotografie

Wie der Künstler Thomas Ruff mit Sachlichkeit begeistert

Thomas Ruff, Porträt 1987

„Photophilia“ - Das ist der Name der Ausstellung von Thomas Ruff, die am 7. Mai im Museum für Gegenwartskunst MARe in Bukarest ihre Eröffnung feierte. Am darauffolgenden Abend lud das Goethe-Institut zum Interview ein. Ein Gespräch zwischen dem Künstler Thomas Ruff und einem der führenden deutschen Fotokuratoren Thomas Weski, moderiert von Erwin Kessler, Kurator des Muzeul de Artă Recentă (MARe), gibt an diesem Abend Einblicke in die Welt der Fotografie.

Geboren im Februar 1958 im Süden Deutschlands, begeisterte Thomas Ruff sich schon von klein auf für die Fotografie. Erste Fotos machte Ruff mit seiner eigens gekauften Kamera in jungen Jahren von der Landschaft rund um seinen Heimatort Zell am Harmersbach. Von 1977 bis 1985 studierte der renommierte Künstler dann an der bekannten Kunstakademie Düsseldorf. Bernd Becher war einer seiner Professoren. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Hilla Becher kämpfte er für die Anerkennung der Fotografie als Kunst und prägte so eine ganze Generation von Künstlern mit der von dem Ehepaar begründeten „Düsseldorfer Photoschule“.

Bernd Becher riet damals seinen Studenten, sich ein Thema für ihre Fotografie zu suchen, um entlang an diesem Thema in weiterer Karriere zu arbeiten und sich verbessern zu können. Ein schneller Blick über Thomas Ruffs Werke reicht, um sagen zu können, dass der Künstler sich nicht an den Rat seines damaligen Professors gehalten hat. Angefangen mit der Fotografie von Interieurs, über die Ablichtung von Maschinen bis hin zur nüchternen Porträtfotografie hat Thomas Ruff eine ganze Bandbreite an unterschiedlichsten Themen in seinem Portfolio.

In der Ausstellung des Museums für Gegenwartskunst, die noch bis zum 2. September zu sehen ist, kann man sich genau von dieser Bandbreite ein eigenes Bild über die Arbeit des Künstlers machen. Insge-samt 19 Bildnisse sind in dem verwinkelten Gebäude des Museums ausgestellt. Allen voran „Andrea Kachold“, ein Porträt aus dem Jahr 1987.
Im Goethe-Institut wird an diesem Abend besonders viel über Thomas Ruffs Porträts gesprochen. Es ist nicht die Art Porträt, auf denen Personen lachen, weil der Fotograf ihre Persönlichkeit einfangen und zeigen wollte. „Bullshit“, meint Thomas Ruff dazu. „Ein Foto kann nicht einmal zwei Zentimeter unter die Haut einer Person blicken, geschweige denn eine ganze Persönlichkeit einfangen“.

Das Wort „Passbild“ fällt einem schlagartig ein, wenn man vor dem riesigen Bild in einer Größe von 200x165 cm steht. Eine äußerst hohe Detailschärfe lässt das helle Bild im dunklen Raum der Galerie erst richtig auf einen wirken. Das Bild zeugt von nüchternem, ja gewisser-maßen schon minimalistischem Charakter. Eine fehlende Gestik und eine nicht wahrnehmbare Mimik lassen das Werk sehr objektiv wirken. Kein Versuch, durch ein Lächeln oder ein verzogenes Gesicht eine Persönlichkeit der Abgebildeten zu zeigen. Kein Versuch, das Bild durch einen auffallenden Hintergrund oder sonstige Auffälligkeiten weiter zu inszenieren. Thomas Ruff spielt in all seinen Werken mit gewisser Sachlichkeit – die Bearbeitung der Bilder ist das, was sie unsachlich macht, was sie in subjektivem Licht erscheinen lässt.

Der deutsche Fotokurator Thomas Weski erwähnt an diesem Abend nur nebensächlich einen Satz, der vielen angehenden Künstlern und Kreativen bekannt sein dürfte: „Entweder du hast Erfolg, oder du wirst Taxifahrer“. Ein Satz, der so anmaßend und gleichzeitig doch so wahr ist. Diese Floskel, über die sich heutzutage so viele Studenten eines Bachelor of Arts den Kopf zerbrechen, die sich in ihrem zukünftigen Beruf angegriffen fühlen, diese Floskel hat Thomas Ruff hinter sich gelassen. Mit 1142 Ausstellungen zählt er heute zu den meistgefragten Künstlern überhaupt – einen Job als Taxifahrer kann er da wohl nicht mehr unterbringen.