Mutter von zwei Jungs arbeitet von zuhause

Jetzt und nur jetzt

Die Natur – Retter in der Not Fotos: Laura Căpățână-Juller

Einer der Momente, wenn eine Mutter in Ruhe von zuhause arbeiten kann. Er ist schnell zu Ende…

Diese Zeilen kann ich jetzt und nur jetzt schreiben, weil meine beiden energischen Jungen, einer vier, der andere acht Jahre alt, mit meinem Mann im Garten an ihrem Baumhaus bauen. Es ist ein Genuss, in Ruhe schreiben zu können, einen Absatz ohne Unterbrechung zu Ende führen zu können. Die Ideen zum Artikel hatte ich in einem anderen Ruhemoment, in einer Nacht, aufgeschrieben und habe auf eine Gelegenheit gewartet, sie zu entwickeln. In der Arbeit  zuhause entdecke ich als Mutter Vor- und Nachteile. Einerseits ist es ein Segen, mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können, die Kinder zu beobachten und ständig hautnah mit ihren Reaktionen, Wünschen und Nöten konfrontiert zu sein. Herrlich finde ich, dass es die Hektik, die  während der Schulzeit wochentags herrschte, um das strenge Programm einzuhalten, nicht mehr gibt. Ideal ist für uns, die wir bis vor wenigen Jahren mit einem Leben als Freischaffende und mit einem unkonventionellen Programm verwöhnt waren, auch mal nicht auf die Uhr zu schauen, die Kinder nicht mehr zur Eile zwingen zu müssen und unser Tagesprogramm frei, an unsere Bedürfnisse angepasst, zu bestimmen. Meistens arbeitet nur einer von uns, der andere kümmert sich währenddessen um die Kinder oder den Haushalt. Einen Stundenplan für vier Personen aufzustellen, ist nicht leicht, aber äußerst notwendig zum Vorbeugen von Chaos. Die Erwachsenen brauchen Zeit zum Arbeiten und für den Haushalt, der Erstklässler seine Zeit für den Online-Unterricht und die Hausaufgaben, der Kleine hat physische Aktivitäten wie Basteln, Malen, Bauen nötig, hinzu kommt noch freie und angeleitete Spielzeit. In groben Linien schaffen wir es, den Stundenplan einzuhalten und die Kinder haben sich daran gewöhnt, dass entweder Mama oder Papa täglich einige Stunden vor dem Computer sitzt und in die Tasten haut, telefoniert oder Videoanrufe erledigt (mein Mann unterrichtet seine Studenten online) und sind auch sehr verständnisvoll, lassen uns arbeiten, gehen ihren Tätigkeiten nach. Eine Stunde, manch-mal länger, wenn wir Glück haben.

„Spielst du ein bisschen mit mir?“

Doch danach beginnen sie, abwechselnd auf Zehenspitzen ins Zimmer zu kommen, wo ich arbeite, schenken mir einen Kuss oder eine Umarmung, verschwinden dann wieder wie Gespenstchen, oder spielen flüsternd neben meinem Schreibtisch. Gegen Mittag beginnen sie erst schüchtern, dann immer betonter „Spielst du ein bisschen mit mir?” zu fragen, das kann dann in Vorwürfe wie „Immer arbeitest du, wann bist du endlich fertig!?” ausarten. Manchmal streiten sie - laut, das versteht sich doch – ausgerechnet, wenn ich mit einem Bürgermeister oder einem Notarzt telefoniere, der die aktuelle Covid-Situation erklärt, während mein Mann die online bestellten Schutzmasken oder die Legos vom Kurier entgegen nimmt, wenn er kocht, oder etwas im Haus repariert. Hunger, Durst, leichtes Bauchweh, aber auch die Verbesserung jeder einzelnen Mathe-Übung sind auch mehr oder minder unbewusste Methoden, Mama von der Arbeit abzulenken und ein bisschen Zeit mit ihr zu gewinnen. Manchmal gebe ich nach, meistens jedoch nicht; es ist oft ein Kampf um jede konzentrierte Arbeits-Viertelstunde und das kann frustrierend sein.Auch dass ich meine Artikel nicht immer von A bis Z schreiben kann, ist unangenehm, die Unterbrechungen bringen mich aus dem Konzept, sodass ich immer von Neuem beginnen muss. Es entsteht meist das Gefühl, etwas auf die Schnelle schreiben zu müssen, mit dem Druck im Hinterkopf, dass alles richtig, interessant und kohärent zu sein hat. Die unbeendeten Beiträge kreisen ständig in meinen Gedanken. Meiner psychischen Abwesenheit gegenüber meinen Kindern „verdanke“ ich ihre seltenen, aber regelmäßigen  und für ihr Alter ganz normalen Wutausbrüche. Dann muss ich sie meiner unendlichen Liebe versichern und unbedingt etwas mit ihnen unternehmen, am besten noch separat mit jedem einzelnen, auch wenn mir der Kopf zu platzen scheint oder die Augen zufallen, weil ich in der Nacht gearbeitet habe. Glücklicherweise läuft mein Arbeitsalltag nicht immer so ab, es gibt auch ruhigere Tage. Dafür aber kann ich an Tagen, wenn eines der Kinder krank ist, nicht eine Zeile schreiben.  

Fit für die Arbeit

Am besten lässt es sich früh morgens oder nachts arbeiten, wann die Kleinen noch schlafen – der Nachteil ist, dass sich Müdigkeit ansammelt. Straßenkleidung und ein Tropfen Parfüm auftragen sind ein Muss für mich, um das Gefühl zu kriegen, richtig zu arbeiten. Den Arbeitsort wechsele ich mehrmals am Tag, abhängig von der Aktivität der Kinder und meines Mannes. Wenn sie im Wohnzimmer mit Legos basteln oder Musik machen, verziehe ich mich mit dem Laptop ins Kinderzimmer und wenn auch dieses gefragt ist, gehe ich in den Hof. Das Badezimmer ist mein absoluter Zufluchtsort, wenn meine Arbeitszeit vorbei ist und die Kinder mich zum Spielen erwarten, die Idee jedoch noch schnell zu Ende geschrieben werden muss.

Es fällt mir nicht immer leicht, auf Befehl und unter „Guerilla“-Umständen zu schreiben und mich an die neue Situation anzupassen. Aber die Tatsache, dass wir gesund sind und das Glück haben, über einen herrlichen Garten, der an den Wald grenzt, zu verfügen, einen Hof mit Trampolin, Pflanzen und Sandkasten, hilft mir, die Situation positiv zu nehmen und zu lernen, in der Gegenwart zu leben, mich jeder Minute zu erfreuen, egal ob ich arbeite oder Zeit mit meiner Familie verbringe.