Noch ein Bürgermeister vor Gericht

DNA wirft ihm Unterschlagung und Zweckentfremdung vor

Ion Borduz, der PDL-Bürgermeister der Gemeinde Fârliug/Furlog (an der alten k.u.k. Poststraße nach Lugosch gelegen, die von Reschitza über Bokschan ging), muss sich vor Gericht verantworten, weil ihm die Nationale Antikorruptionsbehörde DNA vorwirft, 52.994 Euro und 74.659 Lei unterschlagen bzw. zweckentfremdet zu haben.

„Sollte jemand glaubhaft machen, durch Beweise, dass ich mir auch nur einen Cent aus der Finanzierung des EU-Projekts angeeignet habe, dann lege ich sofort mein Mandat nieder!“, erklärt Borduz, der u. a. Partnern den Leiter des Büros für EU-Projekte im Kreisrat Karasch-Severin, den Architekten Victor Borislav Naidan, der Dokumentenfälschung beschuldigt, für die nun er selbst bezahlen soll.

Grund und Gegenstand der DNA-Untersuchungen, die sich laut Borduz und seinem Verteidiger Cosmin Bolosin über acht Aktenordner erstrecken (allein die Anklageschrift umfasst 197 A4-Seiten), ist der Bau des neuen Gemeindezentrums von Fârliug und des angeschlossenen Ausstellungszentrums, wo Bürgermeister Borduz regelmäßig sehr erfolgreiche  Landwirtschaftsmessen und -märkte organisiert, die vor allem durch ein überreiches und sehr vielfältiges Angebot an Banater Pflaumenschnäpsen, Schafskäsearten und Honigprodukten bekannt wurden.

Ein Dach zu viel

Vorgeworfen wird Borduz die Überdachung des Ausstellungsplatzes, die im Projekt nicht vorgesehen war. Daher der Vorwurf der Zweckentfremdung der Mittel. Das ganze Projekt, das im Rahmen einer grenzüberschreitenden Kooperation mit Serbien zustande kam, kostete etwas mehr als eine Million Euro. Das Dach des Marktplatzes, wegen dem DNA Borduz der Zweckentfremdung, Unterschlagung und Komplizenschaft bei der Aktenfälschung beschuldigt (sowie die Nutzlosigkeit der Investition vorwirft), macht keine 15 Prozent des Gesamtwerts aus.

Borduz: „Das ist kein `Denkmal der Nutzlosigkeit`, wie DNA die Einrichtung poetisch nennt, denn hier finden zweimal jährlich große landwirtschaftliche Messen statt, wie es sie im Banat noch nicht gegeben hat, regelmäßig auch die Bauernmärkte der Region, in der Art früherer Jahrmärkte. Und das Ganze ist eine öffentlich dankbar angenommene Investition geworden, was sich in den zweieinhalb Jahren seit der Einweihung bewiesen hat.“

Der Karasch-Severiner „Anwalt für schwierige Fälle“, Cosmin Bolosin, ist relativ zurückhaltend gewesen auf der eigens im neuen Rathaus von Fârliug einberufenen Pressekonferenz: „Sie werden verstehen, dass ich subjektiv bin in der Bewertung der umfangreichen Anklageschrift von DNA“, sagte er, „schließlich bin ich hier als Strafverteidiger meines Kunden. Aber was in den Aktenordnern als Beweise angeführt wird, das beschuldigt den Bürgermeister in meinen Augen nicht. Im Grunde werden ihm drei Straftaten vorgeworfen: illegale Abänderung des Zuwendungsgegenstands einiger Gelder, also Zweckentfremdung, Unterschlagung und Aktenfälschung. Daraus soll ein Schaden von 52.994 Euro an PHARE-Mitteln und 74.659 Lei an Regierungsgeldern geschehen sein, behaupten die DNA-Staatsanwälte.“

Gutes tun und verhört werden

Borduz: „Ein Land kann nicht mittels der Antikorruptions-Staatsanwaltschaft DNA und den vielfältigen Strukturen der Geheimdienste geführt werden, die schalten und walten, wie es ihnen passt. DNA Temeswar, die mich verhört hat, hat überhaupt keine gesetzlichen Regeln eingehalten. Dass selbst die EU im Schlussdokument des Projekts schriftlich festgehalten hat, dass ‘alle Vorgaben des Projekts strikt eingehalten wurden’, das wurde überhaupt nicht in Betracht gezogen!“

Dem Projektverantwortlichen seitens des Kreisrats, Victor Borislav Naidan, wirft Borduz vor, dass er seiner Verantwortung nicht nachgekommen ist. „Vom Start des Projekts an und bis zu seinem Abschluss waren alle Dokumente in Naidans Büros im Kreisrat, alles in Englisch. Nie hat er sich die Mühe gemacht, mir auch nur ein Wort zu übersetzen“, sagte der Bürgermeister. „Mich schockiert aber mehr, wie man etwas für die Gemeinschaft tun kann, für die man verantwortet, und danach dafür zum Verhör und vor Gericht geladen wird.“

Ion Borduz hat seine Karriere als Kellner begonnen und nach der Wende das Restaurant der Internationalen Handelskammer Karasch-Severin geleitet, zu Zeiten, als deren Präsident der heutige Kreisratsvorsitzende Frunzăverde war. Zwischendurch hat er sein Rechtsanwaltsdiplom im Fernstudium gemacht.
Der Bürgermeister gehört zu den fast ein Dutzend Vertrauten des PDL-Vizepräsidenten Sorin Frunzăverde, die vor den Kommunalwahlen von 2004 (mit durchschlagendem Erfolg)  in ihre Geburtsgemeinden als Bürgermeisterkandidaten der PD geschickt wurden und 2008 als PDL-Bürgermeister wiedergewählt worden sind.

Borduz hat den Verband der Banater Schnapsbrenner ins Leben gerufen und in dieser Eigenschaft einen maßgeblichen Beitrag zum Projekt des neuen Brennereigesetzes Rumäniens geleistet.