Noch zwei Dampfloks fürs Museum

Der Reschitzaer Ausstellungspark mit den Dampfloks kann vervollständigt, Reschitzas Altstadt Teil eines Industriemuseums werden

Die Industrieseilbahn, die zu einer Event-Tribüne umgebaut werden soll | Fotos: Werner Kremm

Bürgermeister Ioan Popa

Das alte Universalkaufhaus

2004 wurde der Hochofen Nr. 1 gesprengt. | Fotos: Zoltán Pázmány

Im Rahmen der Vorhaben zur Stadtregenerierung der im Amt befindlichen Verwaltung von Reschitza beschäftigen in zunehmendem Maß auch die Ideen zur Nutzung des erhaltenswerten, wiederaufbaubereit- und besuchbaren Industrieerbes die Öffentlichkeit und die Stadtväter, allen voran den vielseitig aktiven Bürgermeister der Stadt, Ioan Popa. 

Ende 2021 hatte er eine Begegnung aller Initiatoren und Akteure einberufen, die mit dem 250. Gründungsjahr der Industrie im Oberen Bersautal zu tun gehabt hatten. Er nutzte die Gelegenheit, auch mittels Umfrage und einem Punktesystem zu eruieren, welches die Prioritäten im Prozess der Neuwertung des Industrieerbes der Stadt sein sollten – zumindest nach Meinung der Befragten. 

Ein Hochofen im Wunschstadium

Von den 22 Beteiligten an der Ad-hoc-Umfrage – durchwegs Ini-tiatoren und Akteure des Reschitzaer Kulturlebens, obwohl: nicht alle zu den aktivsten zählend – nominierten die meisten den Hochofen Nr. 2 (44 Punkte), linkerhand von der Ausfahrt aus der Unterführung beim Stahlwerk TMK, um den es seit Jahren öffentliche Diskussionen gibt und der eigentlich – wie auch Hochofen Nr. 1 – abgerissen werden sollte. Über die Probleme damit, aus ihm ein öffentlich zugängliches und besuchbares (Industriemuseums-) Objekt zu machen, hat die ADZ wiederholt berichtet.

An zweiter Stelle landete das „Alte Universal-Kaufhaus“ (37 Punkte). Nach der mehrheitlichen Meinung der Befragten wäre es als Standort und Räumlichkeit ein extrem attraktiver und gut zugänglicher Raum für Kunst- und sonstige Ausstellungen, etwa so, wie es im Sommer 2021 der aus der Marmarosch stammende, international anerkannte Dumitru Gorzo vorgemacht hatte, der die Immobilie, ohne jegliche Renovierung, als Ganzes in ein Kunstobjekt verwandelt hatte. Leider nur für einige Monate…

Auf Rang drei der Liste erhaltens- und besuchswerter Ziele der Stadt kam das Freilichtmuseum der in Reschitza gebauten Dampflokomotiven (31 Punkte), während auf die folgenden Ränge, ziemlich abgeschlagen, aber nichtsdestotrotz nicht unbedeutend, das Gewerkschaftskulturhaus (das auch aus den 1950er Jahren stammt, wie das Alte Universalkaufhaus – 21 Punkte), die Juracek-Mühle am Fuß des Stawillaner Viertels in der Oberen Stadt (20 Punkte), die Industrieseilbahn (17 Punkte), „mehrere Denkmal-Kirchen“ und das Herglotz-Kreuz am Kreuzberg (punktegleich: 14), das in den 1980er Jahren von Dr. Ilie Uzum und Dr. Dumitru Țeicu ausgegrabene mittelalterliche Ensemble von Reschitza-Ogășele (13 Punkte) und das abgebrannte Arbeiterheim (10 Punkte) landeten. 

Bewertet wurden unter anderem auch das Fliegergrab am Deutschen Friedhof, das Grebla-Kraftwerk vom Beginn des 20. Jahrhunderts, die Synagoge, das Siedlungsensemble der „Drei (Häuser-)Reihen“ am Kreuzberg, die Villa des Reschitzaer Maschinenbauwerks, wo das Werksmuseum untergebracht ist, und die Villa Koch am Bersauufer, wo heute das Haus des Lehrkörpers seine Tätigkeit entfaltet.

Von allen als erhaltenswert eingestuften Objekten ist nur die Industrieseilbahn in einem fortgeschritteneren Entwurfsstadium ihres Umbaus mit Neunutzung (ADZ berichtete ausführlich), im Anfangsstadium einer Neunutzung befindet sich auch die Juracek-Mühle. Alle anderen verharren im Wunschstadium. Obwohl zumindest bei einigen unter ihnen, auch mit weniger finanziellem und ideellem Aufwand realisierbare Vorhaben angedacht sind.

Zwei Dampfloks fürs Museum

Eines davon brachte der griechisch-katholische Pfarrer und Vorsitzende des Allgemeinen Verbands der Rumänischen Unierten, Griechisch-Katholisch, Bogdan-Andrei Mihele, ins Gespräch, nebenbei ein Passionierter der Geschichte des Reschitzaer Dampflokomotivenbaus. 

Um seine Idee der Reschitzaer Verwaltung schmackhaft zu machen, nutzt er das dreifache Jubiläumsjahr 2022: 150 Jahre seit dem Bau der ersten Dampflok in Reschitza, 100 Jahre seit dem Bau der Reschitzaer Lokomotivenfabrik im Rahmen der „Werke und Domänen Reschitza“ (rumänisches Kürzel: UDR) und 50 Jahre seit Eröffnung des Freilichtmuseums der in Reschitza gebauten Dampflokomotiven. Dieses Dreifachjubiläum bietet Bogdan-Andrei Mihele den Anlass zu einem Appell an die Stadtverwaltung von Reschitza, zwei Dampflokomotiven zu retten, die im Lokdepot Ploiești stehen, die eine in gutem, man könnte sagen gepflegten Zustand, die andere allerdings vor sich hin rostend. 

Die beiden Dampfloks sollen „nach Hause gebracht werden“, fordert der Pfarrer und Dampflokfan, damit die Freilicht-Sammlung der in Reschitza gebauten dampfgetriebenen Zugmaschinen vervollständigt wird. Es handelt sich um eine Dampflok der Baureihe 150.282 (die letzte in Reschitza – im damaligen Metallurgischen Kombinat – 1960 gebaute Dampflokomotive dieser Serie) und eine vom Typ 230.132, damals, 1933, die erste nach einer deutschen P8-Lizenz gebaute Dampflok der UDR aus der Serie 230.000. Die Befürchtung des passionierten Pfarrers: Die beiden Dampfloks „könnten früher oder später das Schicksal von 95 Prozent der 1461 in Reschitza gebauten Dampflokomotiven erleiden: verschrottet zu werden.“

Drei Akteure sollten´s schaffen

In seinem Appell an die Autoritäten vor Ort schreibt Bogdan-Andrei Mihele: „Zu den drei an den Dampflokomotivenbau von Reschitza gebundenen runden Jubiläen empfänden wir es als opportun, wenn die lokalen öffentlichen Autoritäten, an der Spitze mit Bürgermeister Ioan Popa, mit dem Transportministerium und mit der Direktion der Rumänischen Eisenbahnen CFR Gespräche eröffnen würden, um die beiden Dampflokomotiven nach Reschitza zurückzubringen. Diese drei Akteure haben die Kraft und die Vollmacht, das zu schaffen. Die Zugmaschinen sind nicht mehr in Betrieb, sie wurden von der Reschitzaer UDR und vom Nachfolgewerk, dem Metallurgischen Kombinat Reschitza (das nach dem zweiten Weltkrieg Hüttenwerk und Maschinenbauwerk Reschitza vereinigt hatte), gebaut. Das Transportministerium und die Eisenbahndirektion sind befähigt, die Überholung  der beiden Zugmaschinen zu verfügen. Aber die Initiative zu Diskussionen, die das Ganze in Gang bringen sollen, muss von der öffentlichen Lokalverwaltung der Stadt ausgehen, wo die beiden Dampfloks gebaut wurden.“ Pfarrer Mihele hat eine genaue Übersicht aller in Reschitza gebauten Dampfloks zusammengestellt, für die gesamte Zeitspanne 1872-1964 (als Reschitza zum Bau von Diesel- und Dieselelektroloks überging): 1872-1898 – neun Schmalspur-Dampflokomotiven; 1926-1941 – 266 Dampfloks der Serie 50.000; 1932-1937 – 139 Dampfloks, in zwei Varianten, Serie 230.000; 1937-1939 – 36 Zugmaschinen der Serie 142.000; 1939-1942 – 67 Zugmaschinen der Serie 131.000; 1929 – fünf Dampfloks der Serie 40.000; 1946-1954 – 224 Dampfloks der Serie CR, ausschließlich für die Sowjetunion, als Kriegsschuld; 1946-1961 – 259 Dampfloks der Serie 150.000; 1934-1964 – 302 Schmalspur-Dampfloks für das Forstwesen und für Industriezwecke; 1952-1961 – 152 Normalspur-Dampfloks für den Einsatz in der Industrie; 1964 – zwei Dampfloks für den Export nach Vietnam.

14 der in Reschitza gebauten Dampflokomotiven sind im Freiluftmuseum beim Rangierbahnhof zwischen den beiden Reschitza, der Alt- und der Neustadt, zu sehen, der 1972 anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Dampflokbaus im Bersautal eingeweiht wurde. Das Älteste und wertvollste Exponat ist 1961 in Thorenburg/Câmpia Turzii gefunden und gegen eine neue Dampflok eingetauscht worden: Es ist die Nr.2 der in Reschitza gebauten Dampfloks, seinerzeit nach den Bauplänen des Schotten John Haswell, den die Wiener Lokomotivenfabriken aus England abgeworben hatten.