November, Monat des Dokumentarfilms

Jeden Dienstag, beim Multikulturellen Zentrum

Kronstadt – Am kommenden Dienstag, dem 1. November, beginnt im Multikulturellen Zentrum der Transilvania-Universität in Kronstadt/Brașov die achte Auflage der Dokumentarfilmreihe „KineDok“ des Vereins One World Romania. Jeden Dienstagabend im vorletzten Monat des Jahres wird ein nicht-fiktionaler Film gezeigt und mit Fachleuten, Regisseuren oder Kulturmanagern besprochen. Die Geschichten behandeln Themen wie Umweltschutz, sexuelle Minderheiten, emotionale Gesundheit, Jugend oder Kunst. Um Migration und Krieg geht es im ersten der fünf Filme, „Flüchten“ (Englisch: Flee), der Amin Nawabis (der Name ist geändert) Lebensgeschichte verfolgt. Amin ist ein afghanischer Junge, dessen Leben von Krieg und Flucht überschattet wird und der auch im Erwachsenenalter unter den Traumata des harten Lebens leidet. Nach Jahrzehnten, in denen er lügen musste und Informationen zu seiner Familie und sexuellen Identität verheimlicht hat, öffnet sich der nun 36-jährige Wissenschaftler, der in Dänemark lebt, seinem ehemaligen Klassenkollegen, Regisseur Jonas Poher Rasmussen. Der berührende Film, der aus Amins Geständnis entstand, wurde mit zahlreichen Preisen bei internationalen Filmfestivals ausgezeichnet, unter ihnen der Große Preis der Jury beim Sundance Film Festival (USA). Die Kommunikationsleiterin der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) aus Rumänien, Gabriela Leu und Kulturmanager Vlad Babenco sind die Gäste des Abends und werden mit dem Publikum über Film, Migration und Homosexualität sprechen.

Mit den Psychologinnen Camelia Clem und Florența Dănilă von der Stiftung „Hera“ aus Kronstadt werden die Zuschauer am 15. November über den Film „Die Divas“ (2021) sprechen. Regisseur Máté Körösi verfolgt Szani, Tina und Emese, die sich an der Schwelle zwischen Jugend und Erwachsensein befinden und parallel zur Schule Teilzeitjobs in einem Kino, einer Bar und einer Karaoke-Bar durchführen. Ihr gemeinsamer Wunsch ist es, ihren individuellen Stil und Charakter zum Ausdruck zu bringen, doch die Folgen ihrer schwierigen Kindheiten wirkt sich auf ihren Alltag aus und führen zu dysfunktionalen Beziehungen. Auch der ungarische Film „Colours of Tobi“ (auf Deutsch „Tobis Farben“) vom Vorjahr hat im Mittelpunkt eine junge Person, den transsexuellen Tobi. Eva, seine Mutter, schenkt ihm ihre volle Unterstützung, auch wenn es ihr besonders schwer fällt, das Kind, das sie großgezogen hat, so verändert zu sehen. Die Dokumentation ist ein intimes Portrait Eva Tuzas Familie, bietet aber auch einen tiefen und genauen Einblick in die Probleme, mit denen sich Transsexuelle auseinandersetzen.

Zum Thema Umweltschutz werden im Rahmen des KineDok-Programms zwei Dokumentationen zu sehen sein. Die deutsch-georgisch-schweizer Koproduktion „Großer Baum geht auf Reise“ (Originaltitel: „Taming the Garden“, 2021) von Salomé Jashi ist eine poetische Ode an die Rivalität zwischen Mensch und Natur. Im Mittelpunkt stehen alte, riesige Bäume entlang der georgischen Küste, die ein mächtiger Mann, ehemaliger Premierminister von Georgien kauft, um sie in seinen privaten Garten zu verpflanzen. Für den aufwändigen Transport der Bäume werden andere Bäume gefällt, Stromkabel verlegt und neue Straßen durch Mandarinenplantagen gepflastert. Die dramatische Migration hinterlässt etwas Geld, vernarbte Dörfer und verwirrte Gemeinschaften. Der Film räumte zahlreiche Auszeichnungen bei internationalen Filmfestivals ab.

Der Umweltthriller „Holz – der geraubte Wald“ (Originaltitel: Wood, 2020) ist eine rumänisch-deutsch-österreichische Produktion, in der Alexander von Bismarck, Nachfahre des Eisernen Kanzlers und Leiter der Environmental Investigation Agency in Washington, mit gefärbten Haaren, versteckter Kamera und Tonaufnahmegeräten, den Machenschaften der internationalen Holzmafia nachspürt. Ein Großteil des Filmes von Monica Lăzurean-Gorgan, Michaela Kirst und Ebba Sinzinger wurde in Rumänien gedreht. Die rumänische Regisseurin und der Vorsitzende der Umweltschutzorganisation Agent Green, Gabriel P˛un, Darsteller in der Dokumentation, werden mit den Zuschauern über die Situation der illegalen Abholzung im Land sprechen. Gabriel Păun gilt als einer der bedeutendsten europäischen Umweltaktivisten und wurde kürzlich von der US-amerikanischen Tageszeitung „Politico“ zu den 28 bedeutendsten Engagierten gezählt, die die Nachhaltigkeits-, Mobilitäts-, Umwelt- und Energiepolitik der Europäischen Union beeinflussen. Er nimmt den 9. Platz ein.

KineDok findet im Rahmen des Projekts „Educație de film documentar și drepturile omului: One World Romania la Bra{ov, 2022“ (auf Deutsch: Bildung in Dokumentarfilm und Menschenrechten: One World Romania in Kronstadt) statt und wird vom Kronstädter Bürgermeisteramt finanziert. Zum Projekt gehört auch eine Dokumentarfilm-Werkstatt für Jugendliche, die vergangene Woche während vier Tagen abgehalten wurde. Acht Schüler zwischen 14 und 19 Jahren haben unter professioneller Anleitung zweier Filmemacher Fotografien gemacht und Kurzfilme gedreht, die Menschen als zentrales Thema hatten.

KineDok ist ein internationales Projekt zum alternativen Vertrieb von Dokumentationen, das in sechs europäischen Ländern läuft: Tschechien, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Georgien und Rumänien. Produktionen aus diesen Ländern werden in unkonventionellen Räumlichkeiten gezeigt und besprochen. Das Publikum wird aktiv in die Diskussionen eingebunden, mit dem Ziel, eine aktive Zivilgesellschaft zu fördern. In Rumänien findet KineDok seit 8 Jahren statt und läuft in rund 20 Städten. Mehr Informationen sind auf der Internetseite oneworld.ro erhältlich, in der Sparte „Proiecte – KineDok“.

Der Eintritt zu den Veranstaltungen im Multikulturellen Zentrum der Transilvania Universität (Rudolfsring Nr. 29) ist kostenfrei.