Pandemieauswirkungen treffen auch Sprachminderheiten

Beim Europäischen Parlament setzt sich „MIDAS“ für Tageszeitungen in Minderheitensprachen ein

Bereits Ende März forderte der Sachverständigenausschuss der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats die Mitgliedsstaaten dazu auf, die Informationen, Anweisungen, Leitlinien oder Empfehlungen zur Pandemie auch in den traditionellen Regional- oder Minderheitensprachen zu veröffentlichen. Rumänien ist dieser Aufforderung, die zwischenzeitlich auch von Lamberto Zannier, dem Hohen Kommissar für nationale Minderheiten der OSZE, sowie Fernand de Varennes, dem UN-Sonderberichterstatter für Minderheiten, unterstützt wurde, bisher nicht nachgekommen. Auf dem zentralen Informationsportal „stirioficiale.ro“ sind alle Informationen bezüglich Covid-19 sowie den Maßnahmen, Informationen und Anweisungen der rumänischen Behörden weiterhin ausschließlich in rumänischer Sprache veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund fällt den Medien der Sprachminderheiten die besondere Aufgabe zu, diese Informationen auch in den Muttersprachen der übrigen Staatsbürger zu verbreiten.

Durch die Begleiterscheinungen der Pandemie sind allerdings in einigen Ländern Zeitungen, die in Minderheitensprachen erscheinen, in finanzielle Schwierigkeiten geraten – beispielsweise durch Anzeigenausfälle, die Schließung von Verkaufsstellen oder die Kündigung von Dauerbezügen. Laut Marc Röggla vom MIDAS-Generalsekretariat machen Werbeschaltungen bei den meisten Zeitungen etwa 30 bis 40 Prozent des Einkommens aus, die nun komplett weggebrochen seien. MIDAS ist die Europäische Vereinigung von Tageszeitungen in Minderheiten- und Regionalsprachen, der auch die „Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien“ angehört. Von der interfraktionellen Arbeitsgruppe des Europäischen Parlaments „Traditionelle Minderheiten, nationale Gemeinschaften und Sprachen“ war MIDAS-Präsidentin Edita Slezáková am Montag zu einer Video-Konferenz eingeladen.

Bereits vor dieser Konferenz hatte MIDAS der Europäischen Kommission verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung der Zeitungen vorgeschlagen, wie die Übernahme von Druckkosten. Darüber hinaus empfiehlt der Verband, in EU-Entscheidungen über finanzielle Hilfen im Rahmen der Pandemie die Erklärung aufzunehmen, dass Unternehmen, die an der Wahrung und Verbesserung der kulturellen Vielfalt durch Regional- oder Minderheitensprachen beteiligt sind, diese ebenfalls in Anspruch nehmen können. Eine dritte kurzfristige Maßnahme kann sein, dass die Europäische Kommission über ihre nationalen Büros in den entsprechenden Mitgliedsstaaten selbst Anzeigen mit notwendigen Informationen zur Pandemie in den Tageszeitungen in Minderheiten- und Regionalsprachen schaltet. Dies würde den Verpflichtungen aller Behörden gegenüber den Sprechern von Minderheitensprachen nachkommen und gleichzeitig die Tageszeitungen unterstützen.

„Die ersten Reaktionen einiger Abgeordneter nach dem Treffen haben mich mit Hoffnung erfüllt. Die Mitglieder haben die schwierige Situation erkannt, und ich gehe davon aus, dass die interfraktionelle Gruppe unseren Zeitungen eine Stimme im Europäischen Parlament geben wird und hoffentlich auch einen Weg findet, um unsere Zeitungen mit konkreten Maßnahmen zu unterstützen“, erklärte Edita Slezáková in einer ersten Stellungnahme nach der Video-Konferenz.

Im Rahmen dieser Konferenz teilte Loránt Vincze auch die Ergebnisse einer Online-Umfrage zur Bereitstellung von wichtigen Informationen bezüglich Covid-19 mit. Laut dieser von der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEN) durchgeführten Umfrage unter FUEN-Vertretern von 29 Minderheitengruppen aus 18 Ländern erhalten nur 14 Minderheitengruppen diese Informationen von ihren Regierungen auch in der Muttersprache. Die rumänischen Behörden stellen beispielsweise keine Informationen in Tschechisch, Slowakisch und Aromunisch zur Verfügung. Vincze ist Abgeordneter im Europäischen Parlament seitens des Ungarnverbands (UDMR) und Präsident von FUEN.

Die Europäische Vereinigung von Tageszeitungen in Minderheiten- und Regionalsprachen (MIDAS) ist eine Nicht-Regierungsorganisation, die 26 Zeitungen in 11 Ländern vertritt. Sie hat ihren Sitz in Bozen (Südtirol/Italien) am Center for Autonomy Experience.