Pflicht zum Schutz von Whistleblowern in Rumänien: bald ist es soweit

Wiederholt berichteten wir1 über die Pflicht aller EU-Mitgliedstaaten, bis zum 17. Dezember 2021 die sog. Whistleblowing-Richtlinie der EU umzusetzen. Hierfür müssen die Mitgliedstaaten Unternehmen verpflichten, Meldesysteme für Mitteilungen von Personen, die anonym auf unrechtmäßige Aktivitäten hinweisen („Whistleblower“) einzurichten. Rumänien wird dies kurzfristig umsetzen. Unternehmen, die sich noch nicht auf die Umsetzung der Pflichten vorbereitetet haben, müssen dies kurzfristig nachholen.

Was ist ein Whistleblower?

Ein „Hinweisgeber“ ist eine natürliche Person, die Informationen über Verstöße, die sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit erfahren hat, meldet oder öffentlich bekannt gibt. Dies beinhaltet Arbeiter, Selbstständige, Gesellschafter, Mitglieder der Geschäftsleitung, Mitarbeiter von Auftragnehmern etc.

Was müssen Arbeitgeber tun?

Die Maßnahmen, die die Arbeitgeber treffen werden müssen, umfassen v. a.

  • die Einrichtung und Auswertung von Meldesystemen, über die Whistleblower Hinweise einreichen können;
  • den Schutz der Whistleblower. 

Wann tritt das rumänische Gesetz in Kraft?

Rumänien hat das Gesetzgebungsverfahren für den privaten Bereich trotz der Umsetzungspflicht zum Dezember 2021 noch nicht abgeschlossen. Der letzte Gesetzesentwurf2 wurde am 29. Juni 2022 von der Abgeordnetenkammer verabschiedet, jedoch nach massiver Kritik dem Verfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.
Nachdem dieses den Entwurf für verfassungsgemäß erklärt hat, wurde das Gesetz dem Präsidenten zur Ausfertigung vorgelegt. Hierzu kam es jedoch nicht, da der Präsident es zur erneuten Prüfung an das Parlament geschickt hat. Hintergrund war wohl auch die Kritik aus der Gesellschaft; es wurde vertreten, das Gesetz erfülle die festgelegten Anforderungen nicht.

Womit ist zu rechnen?

Da das Gesetz nach wie vor nur ein Entwurf ist, gehen wir nicht im Detail auf seinen Inhalt ein; wir werden ausführlich berichten, sobald es in Kraft tritt. Folgende Hauptinhalte sind erwähnenswert:

– Betroffene Unternehmen
Laut Entwurf müssen alle Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern spätestens zum 17. Dezember 2023 interne Berichtssysteme implementieren, um Hinweise zu prüfen und zu bearbeiten. In bestimmten sensiblen Bereichen (Kapitalmarkt, Banken, Versicherungen etc.) gilt diese Untergrenze laut Richtlinie nicht. 
Arbeitgeber mit einer Belegschaft zwischen 50 und 249 haben die Möglichkeit, konzernweite Meldesysteme zu nutzen. Dennoch hat die Kommission mitgeteilt, der Schutz der Whistleblower werde nur dann wirklich erreicht, wenn jedes Unternehmen mit mehr als 49 Mitarbeitern ein eigenes Whistleblowing-System errichtet.
Arbeitgeber, die mindestens 250 Mitarbeiter beschäftigen, werden in jedem Fall eigene Meldesysteme einrichten müssen. 

– Wie richtet man ein Meldesystem ein?
In aller Regel werden Whistleblowing- Systeme elektronisch eingerichtet. Hierfür werden meist Online-Plattformen eingesetzt. Oft werden zugleich Whistleblowing-Hotlines eingerichtet, die Hinweise per Telefon oder E-Mail ermöglichen.
Dabei hat der Arbeitgeber einerseits die Möglichkeit, das System selbst zu betreiben, andererseits jedoch das Recht, dieses outzusourcen, d. h. einem externen Dritten zu übertragen. In vielen Fällen nehmen z. B. die Rechtsanwälte des Arbeitgebers die Hinweise entgegen und unterziehen diese einer ersten (Plausibilitäts- und Risiko-)Prüfung. Im Anschluss entscheidet der Arbeitgeber über die weitere Vorgehensweise.
Der Einsatz externer Berater kann hierbei von Vorteil sein, da diese neutral, professionell und erfahren im Umgang mit derartigen Situationen sind; dies kann eine Ermutigung für den Whistleblower bedeuten.

– Welche Voraussetzungen müssen Anzeigen erfüllen?
Der Empfänger der Hinweise sollte grundsätzlich jede Meldung ernst nehmen. 
Es stellt sich die Frage nach dem Umgang mit anonymen Anzeigen. Sowohl die Richtlinie als auch der Sinn und Zweck der Gesetzesregelung sprechen an sich klar für deren Berücksichtigung. Dennoch schränkt der rumänische Gesetzesentwurf anonyme Anzeigen immer noch ein und verpflichtet den Hinweisgeber, seinen Namen zu nennen. Dies dürfte dem Regelungszweck abträglich sein; die endgültige Rechtslage bleibt abzuwarten.
In diesem Zusammenhang ist zusätzlich anzumerken, dass Whistleblower ihrerseits gemäß Treu und Glauben handeln müssen. Um Schutz zu genießen, müssen sie gemäß Entwurf u. a. berechtigte Gründe zur Annahme haben, dass die eingereichte Information bei deren Anzeige richtig und die Anzeige notwendig ist.

Fazit und Ausblick

Alle Unternehmen sollten Whistleblowing ermöglichen und ernst nehmen. Dies wird in naher Zukunft für Unternehmen ab 50 Mitarbeitern zwingend. Vertrauenswürdige Systeme für Hinweisgeber können u. a. über externe Berater implementiert werden. Unsere Kanzlei hat diesbezüglich im Rahmen ihrer Compliance-Beratung bereits diverse Kooperationen. Aufgrund der Sommerpause ist u. E. nicht vor September mit einem endgültigen Gesetz zu rechnen; wir verfolgen den Prozess und werden ausführlich berichten.


1stalfort.ro/wp-content/uploads/2021/10/20210923_ADZ_RO_Whistleblower_Sind_konzernweite_Meldesysteme_zulässig.pdf 
stalfort.ro/wp-content/uploads/2021/05/20210520_ADZ_RO_Maßnahmen_zum_Schutz_von_Whistleblowern_in_Rumänien_bald_erforderlich.pdf

2www.cdep.ro/pls/proiecte/upl_pck2015.proiect?nr=219&an=2022


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