Politische Pest

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Italien ist zu einem Lazarett geworden. Als diese Zeilen niedergeschrieben wurden, galten in Spanien, Frankreich, Dänemark, den USA, Tschechien, Slowenien, der Slowakei und weiteren Staaten (andere überlegten sich´s noch) diverse Restriktionen fürs öffentliche Leben. Es ist buchstäblich wie zu „Zeiten von Pest und Cholera“.

Nur: Was wir erleben, ist mit Sicherheit eine Zeit der politischen und medizinischen Pest. Und politische Pest in einer hochkochenden Gerüchteküche ist gefährlicher als das Coronavirus. Durch die Rätsel, die letzteres der Wissenschaft und Forschung aufgibt, ist es ideal zum Schüren der internationalen Gerüchteküche, für Fake News.

Das hemmungslose Herumspekulieren in den virtuellen Medien macht einem bewusst, wie nötig der Aufruf der rumänischen Regierung ist, die auffordert, ausschließlich den offiziellen Meldungen und Kommuniqués Glauben zu schenken. Denn was da so zirkuliert im virtuellen Raum, quillt hart über den Rand des „Haben´S schon gheert?“ der vertratschten und allinformierten Nachbarin hinweg.

„Man muss schon klug sein, in Zeiten von Pest und Cholera“ (frei nach einem jungen rumänischen Kommentator), um ein glaubhaft aufgemachtes Gerücht von der harten Wahrheit trennen zu können. Verschwörungstheorien haben es in sich: Sie haben gelegentlich einen Wahrheitskern, den sie so umspinnen, dass Lüge, Vermutung, Wahr-Scheinlichkeit, Wunschdenken und Wahrheit nicht mehr auseinanderzuhalten sind.

Das Coronavirus, dieser „mikroskopische Drache“, sei in einem Labor gezüchtet und irgendwo in der Welt, an einem übervölkerten Ort (z. B. Wuhan in China), ausgesetzt worden, „um einige Probleme der Welt zu lösen“. Der „mikroskopische Drache“ sei eine ausgeklügelte Maschinerie zum Töten von Menschen, ein Hybrid von Coronavirus, SARS und/oder HIV („SARS+CoV2“, „SARS+HIV“?).

Quellen zu solchen Behauptungen werden keine genannt, alles ist „feststehendes Wissen“, genauso wie jener 62-jährige Spanier, der angeblich mit HIV-Arzneien von Coronavirus geheilt wurde. Die Panikmache geht weiter auf dem Pfad der Verschwörungstheorien und nutzt Logik zur Glaubhaftigkeit. Die Pandemie sei angezettelt worden statt eines klassischen neuen Weltkriegs.

Zu lösen wären mit der „Pandemie aus dem Labor“: die Herabsetzung der Zahl der Senioren – denn keiner kann mehr ihre Renten bezahlen (Haushaltsentlastung für ein überaltertes Eu-ropa); der Weltkrieg vermittels des Corona-Drachen schafft durch wahlloses „Auslichten“ Einheimischer Freiraum für die „nachrückenden Völker“ – die Europa (möglich: auch Amerika) ethnisch und religiös (!!) umschichten werden/sollen; dem Massenmord, den wir erleben, wird kein Nürnberg folgen – weil wir die Auslöser/Verantwortlichen nie kennen werden (aber es gibt sie!)…; parallel zum Massenmord durch den „mikroskopischen Drachen“ entwickelt sich eine Weltwirtschaftskrise, die das Umschichten des Wohlstands bewirkt – der dritte Weltkrieg, dem wir beiwohnen, verringert die Zahl der Armen…; eine neue Weltordnung, die Voraussetzungen für einen Neuanfang der Menschheit ist im Werden – wünschenswerterweise überlebt dann ein Teil der unkritischeren, leichter manipulier- und regierbaren Menschheit, verglichen mit den heutigen Europäern.

„Die, die die Welt regieren“, werden mit dem Resultat zufrieden sein…

Ein Rat: Lesen Sie dieser Tage ein paar Bücher (oder schmökern Sie drin – aber nicht nur, wie offiziell angeraten, um zuhause zu bleiben): die 100 Novellen des „Decamerone“ Giovanni Boccaccios von 1353, die Beschreibung der Italienreise von Jean-Jacques Rousseau von 1743, als er 21 Tage in einem Lazarett in Genua in Quarantäne verbrachte, Daniel Defoes „Die Pest zu London“ (1773), Albert Camus´ „La Peste“ (1947) oder „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ (1985) von G. G. Márquez.

Mein Kulturschock: Zu Zeiten von Pest und Cholera hat sich in Europa nichts geändert.