„Psychotherapie war schon immer mein Traum gewesen“

ADZ-Gespräch mit der Temeswarer Psychotherapeutin Monica Kovats

Die ehemalige ifa-Regionalkoordinatorin Monica Kovats hat sich in Temeswar niedergelassen, wo sie als Psychotherapeutin arbeitet. Fotos: Zoltán Pázmány

Die Isolation wirkte bedrückend auf viele Menschen, die mit ihren Ängsten kämpfen mussten. Tipps und Tricks, wie man diese Ängste unter Kontrolle halten kann, gibt es in einem Webinar, das Monica Kovats erarbeitet hat.

Frauen müssen oft in unterschiedliche Rollen schlüpfen – was manchmal belastend ist. Die Psychotherapie kann ihnen dabei helfen, sich besser zurechtzufinden.

Bevor sie ihre Praxis in Temeswar/Timișoara eröffnete, war Monica Kovats seit 2013 fünf Jahre lang als Regionalkoordinatorin für die Entsandten des Instituts für Auslandsbeziehungen Stuttgart (ifa) in Rumänien, Ungarn und Serbien verantwortlich. Davor hatte sie in Schweden, Norwegen und Großbritannien studiert, gelebt und gearbeitet und Erfahrungen gesammelt, die sie als Mensch formten. Heute ist die aus Glogowatz/Vladimirescu bei Arad stammende junge Frau als Psychotherapeutin in der Stadt an der Bega tätig. Sie setzt mit Erfolg das Psychodrama, eine Methode der Psychotherapie, ein, und bietet sowohl Individual- als auch Gruppentherapien in ihrer Praxis an. Sie spricht fließend Rumänisch, Deutsch, Ungarisch, Englisch und Norwegisch und wendet ihre Sprachkenntnisse sowohl in ihrer Praxis, als auch im Rahmen der Online-Therapiesitzungen an. Auf ihrer Internetseite www.psihoterapieinactiune.com können Interessenten mehr über Monica Kovats´ berufliche Tätigkeit erfahren. ADZ-Redakteurin Raluca Nelepcu traf Psychotherapeutin Monica Kovats und führte mit ihr folgendes Gespräch.

Wann und wie haben Sie beschlossen, eine Psychotherapie-Praxis in Temeswar zu eröffnen?
Die Entscheidung, mich beruflich der Psychotherapie zu widmen, wurde vor 20 Jahren getroffen, als ich eine Ausbildung zur Psychotherapeutin absolvierte. Es folgte aber eine Zeitspanne von fast 16 Jahren, in der ich nicht mehr in Rumänien gelebt habe, sondern in Norwegen, England und Deutschland, und wo ich nicht als Psychotherapeutin arbeiten konnte. Psychotherapie war schon immer mein Traum und meine Leidenschaft gewesen. Dieses Recht zu haben, als Psychotherapeutin zu arbeiten, ist für mich ein Traum, der Wirklichkeit geworden ist.

Sie haben ja im Laufe der Zeit, wie Sie das bereits erwähnt haben, an verschiedenen Orten der Welt gelebt. Wieso haben Sie beschlossen, sich gerade hier, in Temeswar, niederzulassen?
Ich komme ursprünglich aus Arad, aber ich habe mehr in Temeswar als in Arad gelebt. Ich habe in Temeswar studiert und ich bin mit dieser Stadt sehr verbunden. Hinzu kommen die letzten fünf Jahre, in denen ich hier für das ifa gearbeitet habe. Es sind aber auch persönliche Gründe, die zur Entscheidung beigetragen haben, mich hier niederzulassen.

Der Beruf eines Psychotherapeuten ist mit Sicherheit kein leichter. Was macht, aus Ihrer Sicht, einen guten Psychotherapeuten aus?
Ich glaube, man muss viel Leidenschaft für diesen Beruf haben. Man muss viel Verständnis für die anderen Menschen mitbringen, aber auch für sich selbst, und man muss auch sehr viel studieren. Es ist ein komplexer Beruf, der die menschliche Seite mit einer sehr guten und gründlichen Vorbereitung in Einklang bringt.

Eines Ihrer Anliegen ist es, sich mit Frauen und ihren Problemen auseinanderzusetzen. Um was für Probleme geht es dabei?
Viele Frauen kommen zu mir vor allem mit einem sehr niedrigen Selbstwertgefühl. Und ich wünsche mir und ich glaube, es ist wichtig, dass die Frauen ihr eigenes Potenzial entdecken. Dabei kann die Psychotherapie tatsächlich helfen. Ich arbeite ehrenamtlich bei der Caritas, wo ich Frauen berate, die Opfer häuslicher Gewalt gewesen sind. Das hat mich dazu inspiriert, und von da kam auch mein Wunsch, mich in Zukunft mehr auf Frauen und ihre Probleme zu konzentrieren.

Was haben diese Frauen erlebt?
Diese Frauen sind meistens mit ihren Kindern alleine gelassen. Sie haben oft keine Bildung und auch keine Arbeit. Und obwohl der Wunsch, aus dieser krankhaften Beziehung zu entfliehen, sehr stark ist, müssen sie sehr oft leider wieder zurück zu dem Mann, vor dem sie weglaufen möchten, weil sie keine andere finanzielle Möglichkeit haben, um die eigenen Kinder zu erziehen. Das ist, was so prägnant für mich war. Erstmals die Stärke dieser Frauen, aber auch die aussichtslose Situation, was Bildung und Arbeitsmöglichkeiten betrifft.

Wie können Sie diesen Frauen helfen?
Es geht viel um Ressourcenarbeit. Eine Psychotherapeutin hilft Frauen, die in solchen Situationen sind, ihre eigenen Ressourcen zu erkennen. Die Frauen sollen sich selbst unter die Lupe nehmen und auf einige Fragen antworten: Wer bin ich und was kann ich tun? Was brauche ich, damit ich aus dieser Situation herauskomme und wie kann ich mein Leben weiterführen? Welche sind meine Eigenschaften, meine Ressourcen? Das wäre der erste Schritt, und dann folgt die Trauma-Verarbeitung.

Mit welchen anderen Problemen könnten Frauen zu einem Psychotherapeuten kommen?
Meiner Meinung nach hängt das viel mit der Vielfalt und Komplexität der Rollen, die eine Frau in ihrem täglichen Leben spielt oder spielen möchte, zusammen. Manche wollen die perfekte Mutter sein, andere die perfekte Karrierefrau, die perfekte Hausfrau, Geliebte, usw. Viele Frauen üben einen sehr hohen Druck auf sich selbst aus durch diesen Wunsch, immer die Beste zu sein. Ich glaube, Psychotherapie kann helfen, ein Gleichgewicht zu finden zwischen dem, was ich machen möchte, und dem, was ich tatsächlich machen kann.

Es gibt Situationen, in denen Menschen ein Leben lang zum Psychotherapeuten gehen. Was halten Sie davon?
Es gibt verschiedene Formen von Psychotherapie. Genau so gibt es auch verschiedene Typen von Menschen. Jeder Mensch ist einzigartig. Es hängt sehr viel von der Problematik einer Person ab. Einige Probleme brauchen tatsächlich eine lebenslange Therapie und andere Probleme brauchen vielleicht maximal fünf Therapie-Sitzungen.

Wie konnten Sie Ihre Tätigkeit während der Isolation ausüben?
Ich mache auch jetzt Online-Therapiesitzungen und zu meiner Überraschung funktionieren diese Sitzungen auch sehr gut. Man kann tatsächlich den direkten menschlichen Kontakt nicht hundertprozentig online wiederfinden, aber die Treffen haben schon einen positiven Effekt. Ich habe in der Zwischenzeit auch ein Webinar zum Thema „Management der Ängste in der COVID-19-Pandemie“ durchgeführt. Es dauerte zwei Stunden und umfasste praktische Tipps, wie man mit Ängsten umgehen kann, vor allem in dieser Zeit der Ungewissheit und Isolation. Ich glaube, Ängste waren ein Hauptthema für viele von uns in den verstrichenen Monaten und es ist wichtig, dass man ein paar praktische Tipps bekommt, um das Volumen unserer Ängste herunterzuschrauben. Ein nächstes solches Webinar findet am 4. Juli, um 17 Uhr, statt. Man kann sich dafür auf meiner Webseite anmelden: www.pshihoterapieinactiune.com.

Was für Ängste hatten die Menschen in dieser Zeit und was hilft dagegen?
Es waren allgemeine Ängste. Bei einigen kam es vor, dass sie tatsächlich vor dem Virus Angst hatten. Es gibt verschiedene Tipps, um solche Angstsituationen zu bewältigen.
Die Diaphragmalatmung hilft sehr und ist die einfachste Form, sich vor einer sofortigen Angst zu befreien. Wir verschränken unsere Arme hinter dem Nacken und atmen – dann erfolgt die Atmung durch den Bauch. Diese einfache Übung können wir 20-30 Sekunden durchführen, um einer Angst entgegenzuwirken.
Eine andere Übung wäre, sich mit geschlossenen Augen gedanklich an einen Ort zu versetzen, wo alle bedrückenden Gedanken oder Ängste verschwinden. Es soll ein Ort sein, wo wir entspannt sind und all unsere negativen Gedanken sich verflüchtigen. Auf diese Weise sollen wir uns diesen Ort vorstellen, ihn entdecken und einige Sekunden dort weilen.
Ein anderer Rat wäre, beruhigende Worte oder Sätze zu entwickeln, wenn wir Angst haben. Wie zum Beispiel: „Du bist eine mutige Person, die durch eine schwierige Zeit geht. Du hast auch andere schwierigen Situationen überwunden, du wirst es auch jetzt schaffen!“
Nicht zuletzt ist es wichtig, uns nie schlafen zu legen, bevor wir an eine Sache denken, wofür wir Dankbarkeit empfinden. Dankbarkeit reduziert die Angst, stimmt uns zufrieden und hat einen positiven Effekt auf unseren Geist und Körper.

Sie wenden eine besondere Art der Psychotherapie an – das Psychodrama. Was können wir uns darunter vorstellen?
Das Verfahren „Psychodrama“ ist sehr handlungs- und ressourcenorientiert. Das Ziel dieser Art von Psychotherapie ist, immer aktivierend zu wirken, gelungene Begegnung mit anderen Menschen sowie Spontaneität zu fördern, aber im Sinne von lebendiger und situationsadäquater Handlungsfähigkeit.

Vielen Dank für das Gespräch!