RANDBEMERKUNGEN: Politballett höchster Unfähigkeit

Nachdem unser Präsident (in Ignorierung der Verfassung, die besagt, dass der Vorschlag des Präsidenten für das Amt des Premiers Chancen haben muss, eine regierungsfähige Mehrheit zu bilden) der Öffentlichkeit eine Variante als Regierungschef unterschob, von der jeder wusste, dass das bloß eine Chance zum Zeitgewinn für den parlamentarisch abgesetzten Florin Cîțu war, kommt er jetzt mit seinem nächsten Augapfel, dem Viersternegeneral a.D., Nicolae I. Ciucă (54) aus Oltenien, den eine PSD befristet duldet, die noch nicht nach der Macht greifen will – die Kohlen sind noch glühend. Das, nachdem der PNL-Chef von Präsidentengnaden unisono mit dem Inhaber des höchsten Staatsamtes vor ein paar Monaten geschworen hatte, nie und nimmer mit der PSD einen Machtdeal einzugehen. 

Keiner der bisher namentlich genannten Politiker kennt wohl Henry David Thoreau und dessen Satz: „Meine Aufgabe ist es, in erster Linie mich rückzuversichern, dass ich nicht Teil bin des Bösen, das ich verdamme.“ Der Einsiedler Thoreau (heute ein als genial gelobter Schriftsteller und Philosoph) konnte nicht ahnen, was in der rumänischen Politik alles möglich ist, wenn es darum geht, nach den Machthebeln zu grapschen – hinter denen leicht „beiseitezuschaffendes“ Geld steckt.

Machen wir uns nichts vor: Wir leben seit fast einem halben Jahr unbezweifelbar in einer Phase der gesellschaftlichen und politischen Anarchie, wo die politische Klasse – mit einem parallel zur Realität agierenden Premierminister und Parteichef, der sich als Politrocker gefällt – absurde Spielchen trieb. All dies vor dem Hintergrund, dass Rumänien die höchsten Covid-Todeszahlen weltweit verzeichnet (nachdem vor ein paar Monaten das Tandem Präsident-Premierminister die Pandemie in Rumänien für bezwungen erklärt hatte), und dass die Inflation und die Preisspirale sich hochschaukeln. Das geriert Langzeitfolgen, die keine noch so clevere Regierung auf die Schnelle unter Kontrolle bringen kann.

Irgendwie ähneln die jetzigen Wochen politisch den Zeiten knapp vor der Wende (zum Teil auch den Dragnea-Zeiten: Cîțu=Dragnea): Wir haben einen triumphal sprechenden und zu allem seinen Senf draufschmierenden Premierminister (ein „liebster Sohn des Volkes“, dem, Umfragen zufolge, noch sechs Prozent vertrauen), der regelmäßig völlig am Realleben vorbeiredet, wir haben eine in Naivität erstarrte verantwortungslose Regierungspartei mit Herdentrieb (damals RKP, heute PNL), wir haben enorme Heizungsprobleme in vielen Städten (es zeichnet sich für viele die Unmöglichkeit der Zahlung der Heizungskosten ab), wir haben volle Läden und immer leerere Portemonnaies (eine Umkehrung zur Vergleichszeit), wir haben täglich hunderte Covid-Tote – mehr als im Dezember 1989 Ermordete. Und Superman Cîțu erklärte vor nicht zu langer Zeit triumphal, dass die Impfkampagne „bei uns ein Erfolg“ gewesen sei.

Die Pandemie wird von den Kompetenzprotzen an der Staats- und Regierungsspitze mit Chaosmitteln bekämpft: Heute gelten Restriktionen, morgen werden sie aufgehoben, um übermorgen wieder eingeführt zu werden. Mal gelten bei einer Inzidenzrate von x Restriktionen, dann wieder doch nicht, um anderntags Vorschläge zur Einführung von Restriktionen ab x+/-y „sorgfältig“ abzuwägen. Oder um auszuschließen, dass das in der Ansteckungswelle versinkende Bukarest bei einer Inzidenzrate von 15 pro 1000 einen Lockdown verpasst bekommt, weil das Hampel- und Stehaufmännchen Cîțu das so will. Oder im Unterrichtswesen: Erst wöchentliches Testen, dann wieder Nichttesten, massenweises Vorhandensein von Testvorrat, dann gänzliches Fehlen von Testmöglichkeiten, Testen sei zu teuer, dann wieder unumgänglich, Fehlen von qualifiziertem Personal zum Testen, usw.

Für Februar hat die PSD die nächste Folge dieses absurden anarcho-chaotischen Politballetts der Unfähigkeit angesagt.