Romsilva verwüstet weiter geschützte Wälder

Umweltschützer von „Agent Green“ mit Menschenkette im Quasi-Urwald Iardaștița bei Mehadia

Agent Green-Protest gegen Holzeinschlag in naturgeschützten Arealen Foto: Agent Green

So schauen „überalterte und trockene Wälder“ aus, die Romsilva vorgibt, fällen zu müssen. Foto: Werner Kremm

Trotz des bereits gestarteten Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen Rumänien wegen Holzeinschlag in geschützten, ja sogar in als UNESCO-Erbe eingestuften Ur- und Quasi-Urwäldern, geht der verantwortungslose Umgang der staatlichen Forstbehörde RA Romsilva SA mit Holzeinschlag dort, wo es alle Gesetze verbieten, weiter. Augenblicklich läuft eine solche Holzeinschlagaktion im Nationalpark Domogled-Cernatal, bergauf und westlich von Herkulesbad/Băile Herculane. Und die Umweltschützer von Agent Green, allen voran ihr Vorsitzender Gabriel Păun, versuchen, den Umweltfrevel buchstäblich mit bloßen Händen – aber auch mit Unterstützung der Medien und mit Hilferufen Richtung Brüssel – zu stoppen.

Mehrere Dutzend Aktivisten von Agent Green haben am vergangenen Mittwoch eine Menschenkette um die Bulldozer und die Holzerntemaschinen sowie um die mit Motorsägen ausgerüsteten Holzschlägertrupps gebildet, um diese am weiteren Schlagen des Urwalds vom unter Schutz stehenden Areal Iardaștița (das liegt zwischen Mehadia und Herkulesbad und gehört zur Gemarkung der Gemeinde Mehadia) innerhalb des Nationalparks Domogled-Cernatal abzuhalten.

Iarda{ti]a ist eines der 14 naturgeschützten Areale, die gegenwärtig vom Energieprojekt LEA (d. i. „linie electrică aeriană“, also oberirdische Stromleitung) betroffen sind, das von Arad über Reschitza zum Donaukraftwerk Eisernes Tor I auf Kosten von Transelectrica realisiert wird und der Vernetzung der Energieversorgung im In- und (EU-)Ausland dienen soll, also letztendlich ein Stromversorgungs-Sicherungsprojekt ist.

Das Vorhaben ist derart mit Genehmigungen aller Art (und Unart) abgepanzert, dass es, da auch von Parlament und Regierung abgesegnet, kaum angreifbar ist. Nur scheint es die Parlamentarier und die Regierung, ebenso wie die staatliche Forstverwaltung Romsilva, überhaupt nicht gekümmert zu haben, dass zur Verwirklichung des im Grunde durchaus begrüßenswerten Projekts zur Sicherung der Energieversorgung 14 naturgeschützte Areale unwiederbringlich geschädigt, wenn nicht gar gänzlich vernichtet werden, denn durch sie werden breite Schneisen geschlagen, die auf Jahre „sauber“ gehalten werden müssen. Die Ignoranz rührt entweder daher, dass Regierung und Parlament überhaupt keine Ahnung gehabt haben, was sie und mit welchen Folgen genehmigt haben – und dann fragt man sich in aller Unschuld, warum und mit welcher Kompetenz die „Ahnungslosen“ dort die Stühle drücken – oder aber sie haben wissentlich und willentlich Ökonomie vor Ökologie gesetzt – und dann muss man sich einmal mehr fragen, was sie im Parlament und in der Regierung überhaupt suchen, wenn sie die Zeichen der Zeit nicht wahrgenommen haben. Als dritte Möglichkeit wäre zu fragen, ob sie von den Interessenten am Projekt – Transelectrica, Romsilva u. a. – nicht einfach falsch informiert worden sind. Sollten Parlament und Regierung aber doch gewusst haben, was sie da mit ihrem Abnicken anrichten, dann haben sie einfach verantwortungslos, ja eigentlich verbrecherisch gehandelt, denn Alternativrouten für die Festlegung der Trasse der Stromleitungen zu finden wäre kein Kunststück gewesen. Wenn der (politische und menschliche) Wille dazu vorhanden gewesen wäre...

Die Umweltaktivisten von Agent Green fordern denn auch von Parlament und Regierung nichts anderes, als sofort – denn es schlägt wirklich zwölf! – Alternativrouten für die Legung der Stromleitung identifizieren zu lassen und die 14 unter strengstem Schutz stehenden Naturareale mit der Stromtrasse zu umgehen. Die Regierung und Transelectrica mögen gefälligst zeigen, dass sie sich der Bedeutung des Schutzes der Urwälder bewusst sind und sich diese auch zu Herzen nehmen, heißt es seitens der Aktivisten von Agent Green.

„Die Kahlschläge, die wir hier bereits vorgefunden haben, zeigen, dass die Regierung Rumäniens überhaupt nicht kapiert hat, dass und warum die EU gegen Rumänien ein Vertragsverletzungsverfahren wegen unsachgemäßem Holzeinschlag eingeleitet hat“, sagte Gabriel Păun. „Das Vorgehen von Romsilva hier im Raum Herkulesbad, im Nationalpark Domogled-Cernatal, zeigt, dass allen Verantwortlichen bis hinauf ins Parlament und die Regierung die Situation der Wälder und ihres Schutzes einfach so passt, wie sie ist. Änderungen unerwünscht, denn die könnten ja die Manövriermöglichkeiten einengen. Das Projekt Transelectrica ist die Quint-essenz der Korruption in Rumänien. Der Nutznießer des Projekts ist von Kopf bis Fuß eingedeckt mit Genehmigungen, Autorisierungen und Zustimmungspapieren – alles nur zum Zweck, den Anschein der Legalität dick zu unterstreichen, gerade hier, wo es um die Zerstörung von 14 geschützten Arealen in einem Nationalpark geht! Legalitätsschein über die Illegalität. Und zu so was haben auch das Parlament und die Regierung ihr Plazet gegeben. Wir, als Umweltschützer, können nicht zulassen, unter keinen Umständen, dass das Vorhaben LEA auf diese Weise weitergeht. Wir haben uns an das Berufungsgericht gewandt und alle implizierten Institutionen und Behörden verklagt, aber wir haben auch die Europäische Kommission von der hiesigen Situation in Kenntnis gesetzt. Jetzt dürfen wir uns auf ein beschleunigtes Vertragsverletzungsverfahren gefasst machen!“

Am wütendsten über das Vorgehen der Aktivisten von Agent Green zeigte sich der Hauptschuldige, Romsilva. Die staatliche Forstbehörde droht ihrerseits mit einem gerichtlichen Vorgehen gegen die Umweltschützer, „weil deren Protestaktionen uns wirtschaftlichen Schaden verursachen.“ Außerdem verneinen die Vertreter von Romsilva Karasch-Severin vehement, dass es sich um Holzeinschlag in geschützten und streng geschützten Arealen handle, geschweige denn in Urwäldern! Was ihre Kettensägen tun, sei „einzig und allein überalterten und trockenen Wald fällen“...