„Rumänien – Ein europäisches Mosaik“

Sathmarer Schülerteam beim überregionalen Schülerwettbewerb des Bundeslandes Bayern ausgezeichnet / Von Arthur Glaser

Die Schülerinnen der Klasse 7a vor dem Schulgebäude des Lyzeums „Johann Ettinger“ in Sathmar mit der Puppenbühne. Vordere Reihe v.l.n.r. Karina Naghy, Yana Cot, Antonia Balla, Raisa Pop und Vanessa Chis. Hinten v.l.n.r Eszter Goina und Sara Dodou.
Foto: Iulia Sirbu-Hölzli

Der interkulturelle Wettbewerb „Die Deutschen und ihre östlichen Nachbarn – Wir in Europa“ setzt sich zum Ziel, die europäische Idee mit Leben zu füllen. Schülerinnen und Schüler werden selbst aktiv und erfahren hautnah, was Begegnung zwischen Kulturen bedeutet. Dieses Jahr stand Rumänien im Fokus des Wettbewerbs. Unter dem Motto „Ein europäisches Mosaik“ waren alle Schülerinnen und Schüler in Bundesland Bayern und in den östlichen Nachbarstaaten eingeladen, sich mit der bewegten Geschichte Rumäniens bis in die Gegenwart hinein auseinanderzusetzen. Auch ein Schülerteam des Deutschen Theoretischen Lyzeums „Johann Ettinger“ aus Sathmar/Satu Mare hat dabei einen Preis gewonnen und wurde zur Abschlussveranstaltung eingeladen.

Ein Wettbewerb mit Auftrag

Warum beschäftigen sich Schulen im Bundesland Bayern im Rahmen eines Schülerwettbewerbs überhaupt mit den östlichen Nachbarländern? Die Antwort darauf bezieht sich u.a. auf den § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) aus dem Jahre 1957. Darin steht: „Bund und Länder haben entsprechend ihrer durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten.“

Zur Umsetzung dieser Verpflichtung initiierte das Kultusministerium Bayerns einen Schülerwettbewerb, der sich zunächst als jährliches Geschichtsquiz an die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10 richtete. Der politische Umbruch in den Ländern des ehemaligen Ostblocks nach 1989 und die in diesem Zusammenhang stehende Erweiterung der Europäischen Union im Jahr 2005 legten eine intensivere Beschäftigung mit den „neuen / alten Nachbarn im Osten“ beson-ders nahe. Dadurch ergab sich auch die Chance, an die vielfältigen, teils jahrhundertelangen Beziehungen der „Deutschen im Osten“ mit ihren Nachbarvölkern anzuknüpfen.

Seit dem Schuljahr 2004/2005 richtet sich der Wettbewerb im zweijährigen Turnus an alle bayerischen Schülerinnen und Schüler in den Jahrgangsstufen 2 bis 13, unterteilt in vier Altersstufen. Zu gewinnen gibt es Sach- und Geldpreise. Ein besonderes Highlight stellt die Einladung von Vertreterinnen und Vertretern der Gewinnerteams zur dreitägigen Abschlussveranstaltung mit Preisverleihung und Rahmenprogramm dar.

Die Ausweitung des Wettbewerbs und die Vielfalt der möglichen Wettbewerbsformen führten unter anderem dazu, dass sich der Kreis der Teilnehmenden erheblich vergrößerte. Durch die Unterstützung des Hauses des Deutschen Ostens (HDO) in München wurde zudem auch die Teilnahme von Schülerinnen und Schüler aus unseren östlichen Nachbarstaaten ermöglicht. Die Begegnung der bayerischen Siegerinnen und Sieger mit den Gewinnern aus den östlichen Nachbarländern bei der gemeinsamen Abschlussveranstaltung trägt dem europäischen Geist des Wettbewerbs in besonderer Weise Rechnung.

Interaktive Auseinandersetzung mit Rumänien

Nach den bisherigen Schwerpunktländern bzw. -regionen – Polen, Slowakei, Ostsee, Böhmen und Schlesien – stand in diesem Schuljahr Rumänien im Fokus des Wettbewerbs. Er beschäftigt sich damit mit den diversen Facetten der Landschaft, Kultur, Geschichte und Gesellschaft des Karpatenlandes. Dabei sollten auch die Verbindungslinien zwischen dem Nachbarland und Bayern bzw. Deutschland sichtbar werden.

Schon in der Antike war Rumänien ein Ort der Begegnung der Völker und Kulturen. Seit dem Mittelalter und der Ansiedlung deutscher Minderheiten gibt es eine enge Beziehung der Deutschen zu Rumänien. Im 20. Jahrhundert wurde sie durch die deutsche Aggression im Zweiten Weltkrieg und die sich anschließende wechselvolle Geschichte der deutschen Minderheiten unter der sozialistischen Diktatur in Rumänien belastet.

Seit der Revolution von 1989 und dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union 2007 ist wieder eine enge Freundschaft und Partnerschaft entstanden. Sie ist stark geprägt von über 400.000 (Spät-)Aussiedlern, die seit 1950 aus Rumänien nach Deutschland und insbesondere auch nach Bayern gekommen sind.

Zudem ist 2022 für die deutsch-rumänischen Beziehungen ein besonderes Jubiläumsjahr: Am 21. April 1992 unterzeichneten die beiden Staaten in Bukarest den „Vertrag über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien. Der Vertrag bildete eine wichtige Grundlage für den weiteren Ausbau der Beziehungen. Die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler realisieren durch ihre Beteiligung am Wettbewerb einen wichtigen Beitrag zum gemeinsamen Verständnis und Zusammenleben in Europa.

Breit aufgestellter Wettbewerb für alle Altersstufen

Teilnehmen konnte man dieses Jahr als Einzelperson, Gruppe oder sogar als ganze Klasse. Der Wettbewerb richtete sich an alle bayrischen Schülerinnen und Schüler in vier Altersstufen von der Jahrgangsstufe 2 bis 13. Teilnahmeberechtigt waren auch Schülerinnen und Schüler der EU-Mitgliedsländer Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechien, Slowakei, Slowenien und Ungarn. Ermöglicht wurde deren Teilnahme durch die großzügige Unterstützung des Hauses des Deutschen Ostens sowie des Fördervereins des Hauses des Deutschen Ostens. Die Voraussetzung zur Teilnahme war, dass die Beiträge in deutscher Sprache eingereicht und die kurzen Vorstellungen bei der Siegerehrung ebenfalls auf Deutsch vorgetragen werden. Erwünscht waren zudem auch Schulkooperationen innerhalb Bayerns oder zwischen bayerischen Schulen und Schulen aus den östlichen Nachbarländern.

Der Wettbewerb bot zwei verschiedene Beteiligungsmöglichkeiten. Teilnehmer konnten an einer oder auch an beiden Wettbewerbsformen teilnehmen. Für jede er einzelnen Altersstufen gab es zum einen die Möglichkeit, an einem thematisch dem Alter angepassten Quiz, das einen Anreiz zur Beschäftigung mit den Themen geben sollte, teilzunehmen. Des Weiteren konnte auch eine Projektarbeit in der Kategorie „Kreativwerkstatt“ eingereicht werden. Bei diesem Format gab es die Aufgabe, einen kreativen Beitrag aus einem der Bereiche Kunst, Literatur, Musik, Land und Leute sowie Spurensuche zu erarbeiten. Die Schülerinnen und Schüler konnten sich so aus unterschiedlichen Perspektiven mit Rumänien auseinandersetzen.

Zur Präsentation der Projekte standen den Teilnehmenden eine Vielfalt an Möglichkeiten zur Verfügung. Dazu gehörten etwa Podcast, Video, multimediale Präsentation, Lapbook, Wandzeitung, Ausstellungstafeln, bebilderte Dokumentation sowie alle kreativen Formate aus den Bereichen Kunst, Musik und Literatur. Entscheidend für die Preiswürdigkeit eines Beitrages war, dass nicht nur Fakten dargeboten wurden, sondern dass eine eigenständige und gedankliche Durchdringung erkennbar ist, die im Projektbericht dargelegt werden musste. Bei künstlerischen Beiträgen sollte diese Durchdringung durch entsprechende Erläuterungen oder Interpretationen belegt werden.

Beim Kreativwettbewerb gab es dieses Jahr Geldpreise zu gewinnen. Im Quiz werden etwa 500 Sachpreise (Bücher, Computer-/Gesellschaftsspiele, Powerbanks) unter allen richtigen Einsendungen ermittelt.

Mit dem Puppentheaterstück nach Regensburg

Das Schülerinnenteam aus Sathmar wurde mit ihrem zur Siedlungsgeschichte der „Sathmarer Schwaben“ konzipierten Puppentheaterstück in der Kategorie „Land und Leute“ in der Altersstufe A2 zur Abschlussveranstaltung eingeladen. Das Team setzt sich aus den Schülerinnen Karina Naghy, Yana Cot, Sara Dodoiu, Vanessa Chis, Eszter Goina, Antonia Balla und Raisa Pop aus der Klasse 7a zusammen. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Iulia Sirbu-Hözli entwarfen sie ein über 5-minütiges Puppentheaterstück. Das Projektteam bastelte dazu eine eigene Puppenbühne mit den dazugehörigen Papier- bzw. Pappfiguren. Das Stück versetzt den Zuschauer an den Anfang des 18. Jahrhunderts. Eine Aufbruchszeit in der Region Sathmar. Der Adlige Alexander Karolyi startet mit kaiserlicher Genehmigung, die Anwerbung und Ansiedlung vornehmlich katholischer Siedler aus Württemberg auf seinen teils entvölkerten Ländereien. Dem Schülerinnenteam gelingt es, mit dem Puppentheater die Zuschauer auf spielerische und humorvolle Art in die historischen und sozialen Herausforderungen der Siedlungsgeschichte eintauchen zu lassen. Für ihren Projektbeitrag gewannen die Schülerinnen aus Sathmar einen Geldpreis in ihrer Kategorie und nehmen damit auch an der Abschlussveranstaltung in der Donaustadt Regensburg teil.

Landessieger und Platzierungen stehen Ende Juli fest

Die diesjährige Abschlussveranstaltung fand vom 26. bis 28. Juli statt. Hier wurden die jeweiligen Landessieger und Platzierungen in den vier Altersgruppen ermittelt. Eine Jury, bestehend aus Lehrkräften verschiedener Schularten, wertete bereits Anfang Mai die Einsendungen und Projekte aus. Im Anschluss wurden alle Sieger im Rahmen des Kreativwettbewerbs schriftlich zur Abschlussveranstaltung eingeladen. Alle eingeladenen Schülerteams stellten ihre eingereichten Projekte in einer maximal fünfminütigen Präsentation vor. Die Prämierung der Sieger war für den Abend des 27. Julis vorgesehen. Die Ehrungen erfolgten im Rahmen eines öffentlichen Festaktes im Kulturzentrum „Leerer Beutel“.

Alle Projektarbeiten wurden darüber hinaus auch auf Stellwänden im Kulturzentrum ausgestellt. Aus Osteuropa traten Schulteams aus Budapest und Cerkno (Slowenien) sowie fünf Teams aus Rumänien (Arad, Kronstadt, Bukarest, Hermannstadt und Sathmar) den Weg zur Abschlussveranstaltung nach Bayern an. Pro Team wurden jeweils zwei Mitglieder und eine Begleitperson (Lehrpersonal) eingeladen. Das Projektteam des deutschen Lyzeums „Johann Ettinger“ aus Sathmar wurde durch Vanessa Chis und Antonia Balla zusammen mit der Lehrerin Iulia Sirbu-Hölzli in Regensburg vertreten.