Sakralräume als europäische Erinnerungsorte

Projektpartner aus sechs Ländern trafen sich im Teutsch-Haus

Im Bischofspalais sprach Friedrich Gunesch über die Herausforderungen der Evangelische Kirche A.B. in Rumänien.
Foto: Michael Mundt

Hermannstadt - Das dritte Treffen zum Projekt „Sakralräume als europäische Erinnerungsorte: Potenziale entwickeln, Kompetenzen stärken“ hat am Ende der vergangenen Woche mit internationaler Beteiligung im Begegnungs- und Kulturzentrum „Friedrich Teutsch“ stattgefunden. Projektpartner aus Deutschland, den Niederlanden, Italien, der Tschechischen Republik und Polen präsentierten von Donnerstag bis Sonntag den aktuellen Stand ihrer Arbeiten, diskutierten Fragen zur Projektorganisation, stimmten sich über die Öffentlichkeitsarbeit ab und wurden in die Hermannstädter Sakralräume eingeführt.

Finanziert wird das Projekt im Rahmen des EU-Förderprogramms „Erasmus+“. Die verschiedenen Einrichtungen bearbeiten jeweils einen konkreten sakralen Erinnerungsort und konzipieren dazu ein Lernmodul.  Das Teutsch-Haus beteiligt sich mit dem Thema „Die Evangelische Stadtpfarrkirche in Hermannstadt als Erinnerungsort für Spuren der europäischen Konfessionsgeschichte in einem plurikonfessionellen, interkulturellen Umfeld“. Mit ihrem über 70 Meter hohen Turm ist die Stadtpfarrkirche das markanteste und höchste Gebäude der Stadt, doch viele Hermannstädter wissen erstaunlich wenig über das Kirchengebäude. Für sie ist es die „deutsche Kirche“. Deutsche Touristen wiederum wundern sich, dass mitten im orthodoxen Rumänien eine evangelische Kirche über der Stadt thront, so Gerhild Rudolf, die Projektverantwortliche für das Teutsch-Haus. Zusammen mit Heidrun König entwickelt sie Seminarkonzepte und Arbeitsmappen, die sich an Stadtführer und Reiseleiter richten sollen. „Wir möchten die Multiplikatoren ansprechen.“ Schon im Frühjahr hatte sich das Teutsch-Haus mit kunstgeschichtlichen Vorträgen in rumänischer Sprache an Angestellte im Kultur- und Tourismusbereich, aber auch an Studierende und Dozenten gewendet.

Bis zum Sommer 2017 müssen die Ergebnisse eines jeden Projektteilnehmers auf der E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa (EPALE) zugänglich gemacht werden. Es folgt ein Abschlusstreffen in Berlin, welches zugleich einen Beitrag zum Reformationsjubiläum darstellen soll. Von Berlin aus, durch die Otto Bartning-Arbeitsgemeinschaft Kirchenbau e.V. (OBAK), wird auch das gesamte Projekt koordiniert. Im Rahmen von „Erasmus+“ reichte der Projektkoordinator den Antrag bei seiner nationalen Agentur ein. Dies geschah bereits im Mai 2015. Schon im Sommer wurde das Projekt genehmigt. Laut Immo Witting, dem Verantwortlichen der OBAK, erreichte der Antrag 93 von 100 möglichen Punkten und gehört damit zu den nur 17 Prozent genehmigten Anträgen in Deutschland. Das Gesamtvolumen des Projekts beträgt für die zehn Partner rund 1 Million Lei (236.075 Euro), davon erhält das Teutsch-Haus projektgebunden etwa 67.760 Lei (15.000 Euro).

In den vier Tagen des Treffens führten Gerhild Rudolf und Heidrun König ihre Gäste unter anderem in das Landeskirchliche Museum, auf die Michelsberger Burg und natürlich in die Evangelische Stadtpfarrkirche. Mit Hauptanwalt Friedrich Gunesch sprach man über die Lage der Kirchengebäude und der Evangelische Kirche A.B. selbst. Erstaunt zeigte sich Immo Witting über die Deutschen und das evangelische Leben in Siebenbürgen. Viel zu wenig wisse man in Deutschland über die Siebenbürger Sachsen. Dies zeigt aber auch, „wie sehr die Religion und das Zusammenleben in Europa durch Minderheiten und Migration geprägt ist“. Beeindruckt von der Kompetenz und dem Engagement der Partner, aber auch von den neuen Horizonten, die die Arbeit in einem internationalen Projekt vermittelt, war Gerhild Rudolf. Nach vier Tagen konzentrierter Arbeit gilt es nun ersteinmal durchzuatmen und die gewonnenen Eindrücke zu verarbeiten, so die Kulturreferentin des Teutsch-Hauses. Doch dann steht auch schon die Dokumentation des Treffens sowie die Auf- und Nachbereitung an.

Die nächste Zusammenkunft soll im September im polnischen Allenstein/Olsztyn stattfinden. Die Stiftung und Kulturgemeinschaft „Borussia“, eine auf kulturellem Gebiet tätige Nichtregierungsorganisation, welche die Kultur Ermlands und Masurens erforscht und vermittelt, arbeitet im Rahmen des Projekts die jüdische Geschichte des Ortes auf und möchte Schüler und Lehrer zum Dialog zwischen Christen und Juden anregen.