Schülerumfrage Goethe-Kolleg: Online- versus Präsenzunterricht

Anonyme Bewertung: Lehrer erhielten für ihre Online-Leistung im Schnitt bloß Note 7,3

Gefühlsbarometer des Online-Unterrichts: So beschrieben die Schüler ihren Seelenzustand während der Zeit des Lernens am Bildschirm zu Hause.

Filme gucken, mit Freunden chatten und spielen - Unterhaltung überwiegt vor Bildung bei Weitem bei der Nutzung von Smartphone und Tablet.

Eher positive Haltung zu Sicherheitsmaßnahmen

Die Pandemie hat ihre Spuren auch an den Schülern des Bukarester Goethe-Kollegs hinterlassen. In dieser Umfrage der ADZ eröffnen sie erstmals ihre Erfahrungen und ihre Gefühle während der Pandemie, bewerten, wie zufrieden sie mit dem Onlineunterricht und den Leistungen der Lehrer waren und wie sie die Rückkehr zum Präsenzunterricht empfanden. An der Umfrage haben 480 Schüler im Alter von 11 bis 18 Jahren der Mittel- und Oberschule teilgenommen.

Wenige Freunde, viel Bildschirmzeit, Bewegungsmangel

Freunde: Zu den wichtigsten Elementen im Leben von Kindern und Jugendlichen gehören Freunde und Klassenkameraden. Knapp zwei Drittel der Befragten haben ihre Freunde während der Pandemie und der Online-Schule nur ein Mal pro Woche gesehen. Fast genau so viele Schüler gaben an, sie nur „sehr selten“ im Freien getroffen zu haben.

Online-Spiele: Trotzdem hat sich die Bildschirmzeit für Onlinespiele nur für 7 Prozent der Schüler sehr stark erhöht – auf über 6 Stunden mehr als vor der Pandemie. 25 Prozent gaben an, überhaupt nicht zu spielen. 33 Prozent verbrachten genauso viel Zeit mit Online-Spielen wie vorher, für 22 Prozent erhöhte sich die Spielzeit um zwei bis drei Stunden und für 14 Prozent um vier bis sechs Stunden. Bei den meisten hat vermehrtes Online-Spielen zu Streit mit Freunden als auch mit der Familie geführt.

Tablets oder Handys: Über ein Viertel der befragten Kinder betrachten sie als wichtige Gegenstände für die Kommunikation  mit ihren Freunden. Nur 15 Prozent gaben an, ihr Tablet oder Handy für schulische Aktivitäten zu nutzen. Die Hälfte der Schüler verwenden sie zum Spielen oder um Filme anzuschauen, wobei nur 12 Prozent Dokumentarfilme gucken.

Gesundheit: Die erhöhte Bildschirmzeit und der damit verbundene Bewegungsmangel hat sich wohl auch auf die Gesundheit der Kinder ausgewirkt. Fast 40 Prozent hatten physische Beschwerden, wobei Augenprobleme mit 20 Prozent am häufigsten genannt wurden, gefolgt von Verdauungstörungen, Gewichtszunahme oder Muskelschmerzen. Fast die Hälfte der Befragten gab an, auch unter Depressionen, Schlaflosigkeit oder Nervosität gelitten zu haben.

Online-Schule: langweilig, ermü-dend oder stressig

Während des Onlineunterrichts haben sich die meisten Schüler gelangweilt und müde gefühlt (je 15%), manche auch alleingelassen (12%) oder gestresst (10%). 8 Prozent der Kinder hatten Angst- oder Wutgefühle oder konnten sich nicht zurecht finden. Insgesamt hat über die Hälfte der Schüler den Onlineunterricht als negativ empfunden. 31 Prozent der Schüler haben sich „sicher“, „froh“ und „wohl“ gefühlt, 8 Prozent war es „egal”.

Die Hausaufgaben schienen für einen Großteil der Schüler kein großes Problem gewesen zu sein: 33 Prozent fanden sie leichter als vor der Pandemie, nur 14 Prozent schwerer. 34 Prozent gaben an, meist verstanden zu haben, was von ihnen verlangt wurde, 19 Prozent hatten oft Verständnisprobleme.

Trotzdem benötigten fast 57 Prozent der Schüler während des Online-Unterrichts Hilfe. Über zwei Drittel der Schüler konnten bei Freunden (21%), Familienmitgliedern (31%) oder Klassenkameraden (16%) Unterstützung für die schulischen Aufgaben finden, nur 9 Prozent bei Lehrern. 19 Prozent haben alleine, durch Eigenrecherche, Antworten auf ihre Fragen gefunden.

Online-Leistungen der Lehrer schwach

Was den Unterricht vor dem Bildschirm betrifft, sind die Meinungen der Schüler sehr gespalten: Knapp je ein Drittel der Schüler fanden ihn hilfreich, schwach oder waren uninteressiert – wobei die negative Einstellung leicht überwiegt. Nur 17 Prozent der Schüler haben die Bildschirmlehrer als „sehr gut” empfunden. Knapp die Hälfte der Schüler gab an, dass die Lehrer aus unterschiedlichen, inklusive technischen Gründen schwächere Leistungen boten als im Präsenzunterricht, aber dass sie sich größtenteils zumindest Mühe gegeben haben (32%). Die Mehrheit der Schüler konnte auch Fragen stellen und mit den Lehrern über den Bildschirm kommunizieren.

Insgesamt wurden die Lehrer allerdings mit einer Durchschnittsnote von nur 7,33 für ihre Online-Leistung bewertet. Knapp die Hälfte der Schüler würden ihren Lehrern empfehlen, sich besser mit der Technik vertraut zu machen und sich auch besser vorzubereiten.

Präsenzunterricht bevorzugt

Die Rückkehr zum Präsenzunterricht wurde als weitgehend positiv eingestuft: Für 41 Prozent der Schüler war es wichtig, ihre Freunde wieder zu sehen, 37 Prozent wollten einfach wieder in die Schule. Nur 10 Prozent der Schüler wären gern weiterhin im Onlineunterricht geblieben.

Trotzdem fühlt sich knapp die Hälfte der Schüler im Präsenzunterricht entweder müde oder gestresst, erschrocken oder traurig.

Ebenso meinen viele Schüler, dass die online vermittelte Materie zumindest teilweise wiederholt werden sollte. 11 Prozent der Schüler sehen das als ein Muss, 22 Prozent  meinen, dass nichts wiederholt werden sollte.

Ein Drittel der Schüler beklagt, dass der neue Stundenplan viel zu kurze Pausen enthält und dass manche Lehrer ihre Stunden nicht rechtzeitig beenden, sodass die Pausen noch kürzer werden.

Sicherheits- und Sanitätsauflagen...

...der Schule und Behörden wurden von den Schülern eher passiv hingenommen. Knapp die Hälfte der Befragten (48%) gab an, sich „einfach daran gewöhnt” zu haben, 19 Prozent fanden sie wichtig, 9 Prozent zu streng. Unter „Sonstiges“ (5%) vermerkten einzelne Schüler, dass sie Desinfektionsmittel von zu Hause mitbringen mussten, dass die Bänke nicht geputzt waren und der häufige Klassenwechsel ein Infektionsrisiko darstelle, aber auch: „ich bin der einzige in der Klasse, der die Maske nicht abnimmt“, „die Schüler respektieren die Regeln nicht“, „niemand trägt die Maske richtig und oft gar nicht“.

Das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes wurde von fast derselben Anzahl der Schüler gehasst (28%) wie akzeptiert (26%). 27 Prozent störte die Maskenpflicht nur manchmal, 13 Prozent nie.
Die Schnelltests empfand nur ein Viertel als unangenehm, 42 Prozent waren sie „egal“.

Impfung: Über die Hälfte der Befragten gab an, dass Lehrer als potenzielle Virusverbreiter geimpft sein sollten. Die Mehrheit der Eltern war laut Angaben der Befragten geimpft (87%), aber auch ein Großteil der Schüler (54%). 42 Prozent der Schüler gaben an, keine Angst vor Covid-19 zu haben, auch wenn 20 Prozent mit einer Person im Haushalt leben, die als Risikokategorie gilt. 8 Prozent hatten Angst um die eigene Gesundheit, die sie vor allem in der Schule und auf dem Weg dahin gefährdet sahen, 24 Prozent sorgten sich um die Gesundheit ihrer Familie. 19 Prozent hatten Covid-19 schon durchgemacht.

Als überwiegend negativ wurden die Zwangsferien während der 4. Welle (25. Oktober bis 5. November 2021) eingestuft. Viele beklagen, dass sie diese nicht, wie normal, mit der Familie, sondern alleine verbringen mussten. Für Unmut sorgten die verkürzten Winterferien und die Folgen der erzwungenen Ferien: angeblich mehr Tests.

Schlussfolgerungen

Die Rückkehr zum Präsenzunterricht wurde vom Großteil der Schüler positiv bewertet. Das Sozialleben, das Gemüt sowie die Gesundheit der Kinder hat sich nach der Rückkehr in die Bänke verbessert.

Die Bewertung der Lehrer durch die Schüler kann in Anbetracht der Anonymität der Umfrage wohl als objektiv betrachtet werden und sollte wertvolle Anregungen enthalten. Ob die gewünschten verlängerten Pausen eingeführt werden, ist noch von der Schulleitung zu entscheiden.