Schuhe machen Leute!

Schuhselfies als Trendmotiv auf Facebook und Instagram

Fußfotos geben nicht nur Mode und Schuhbekleidung, sondern auch Stimmungen wieder.

„FărăCap 365“ heißt das Projekt der TV-Reporterin Ioana Ciurlea (im Bild). Bis am 13. November 2017 fotografiert und lädt sie täglich auf Facebook Schuhfotos von verschiedenen Leuten hoch.

Auf der Facebookseite kann Fotos sehen, die bei den Protesten vergangenen Winter in Bukarest, am Ende einer Antiterro-Übung oder im Flur des rumänischen Gesundheitsministeriums mit den Schuhen des damaligen Gesundheitsministers, Vlad Voiculescu, (im Bild) entstanden sind.

Andreea (Dushky) Muntean (im Bild) hat vor mehreren Jahren eine Schuhfotografiensammlung gestartet.

„Hinterlasse nichts als Fußabdrücke!“ – davon ausgegangen veröffentlicht die Temeswarer Künstlerin unter den Hashtags #footnotes #footprints ihre Schuhschnappschüsse.

Fotos: privat

Fotos von Tellern mit köstlichen Gerichten und Selfies sind Instagram- und Facebook-Trends von gestern. Heute sind Schuhfotografien „in“. Kleider machen Leute – davon ausgegangen ist eine neue Mode in den sozialen Netzwerken entstanden: Schuhe machen Leute. Das, was man an hat, sagt vieles über die Persönlichkeit des Individuums aus. Davon sind immer mehr Leute überzeugt. Fernsehjournalistin Ioana Ciurlea und Künstlerin Andreea Muntean haben je ein Projekt zu diesem Thema gestartet. Für beide Frauen dreht sich in den Schnappschüssen alles um die Fußbekleidung – von Gummistiefeln, über Sandalen, High Heels bis zu Sportschuhen. Wenn es mittlerweile für alle Internetnutzer klar ist, was ein „Selfie“ ist (eine Fotografie in der Art eines Selbstporträts, oft auf Armeslänge aus der eigenen Hand aufgenommen), so sind nun in sozialen Netzwerken bereits mehrere Unterkategorien von Selfies entstanden: Gruppenselfies mit mehreren Personen auf dem Bild, Nudie (ohne Kleidung, vom englischen „nude“), Shelfie (im Wohnbereich mit Büchern, Accessoires auf Tischen oder Regalen, ausgegangen vom englischen Begriff  „shelf“: Regal) oder „Footsie“ (vom englischen „foot“, mit Fokussierung auf die Füße). Die Schuhselfies erobern das Internet.

Unter #footprints (zu deutsch „Fußabdrücke“), #footnotes („Fußnoten) hat die Temeswarerin Andreea Muntean (30) vor mehreren Jahren, noch bevor Instagram oder Facebook so populär waren, eine Sammlung von Fuß-/Schuhfotografien gestaret. Alles hat während ihres Studiums an der Kunsthochschule begonnen, lässt Andreea Muntean wissen. „Von meinem Stipendiumgeld habe ich mir meine erste kompakte Kamera gekauft. Ich wahr so stolz, mir diese Investition leisten zu können. Das Erste, was ich durch das kleine Display der Fotokamera beobachten konnte, waren meine Füße. Das war auch mein erstes Foto mit der neuen Kamera”, erzählt die Künstlerin, die unter dem Künstlernamen Dushky tätig ist. „Ein Fotograf hat mir mal gesagt, dass derjenige, der fotografiert, immer wieder andere Leute durch die Linsen seiner Kamera darstellt und fast nie selber auf den Bildern erscheint – damals waren Selfies nicht so populär  - und das konnte ich auch bei Ausflügen und Reisen bemerken. So dachte ich mir, wenn ich mich selbst von der Taille herab fotografiere, dann bin ich auch immer wieder auf den Fotos dabei. So sind die sogenannten ´Selfeet´ entstanden”, erzählt die junge Frau lächelnd.

Langsam ist aus dem Schuhfotografieren fast ein Tagebuch der Künstlerin geworden. Mittlerweile fotografiert Andreea Muntean sich selber nicht nur auf Reisen, sondern auch im Alltag: zuerst an der Uni, dann bei ihrem Internship und nun bei der Arbeit oder in ihrer Freizeit. „Ich kann mich nun an bestimmte Tage infolge der Schuhfotografien und des jeweiligen Outfits erinnern”, sagt die Künstlerin. Der Name „Footnotes/ Footprints” ist der jungen Frau infolge eines Zitats aus dem Internet aufgefallen: „Leave nothing behind but your footprints” (zu deutsch „Hinterlasse nichts als Fußabdrücke”). So ist das Hashtag auf Instagram entstanden. Mittlerweile hat Andreea Muntean fast 500 Schuhschnappschüsse gesammelt und eine Sammlung von rund 50 Paar Schuhe. Von der Idee des sogenannten Schuhselfies ausgehend, hat auch die Fernsehjournalistin Ioana Ciurlea ein ähnliches Projekt gestartet. „#FaraCap °365“ stellt für ein ganzes Jahr die Fußbekleidung verschiedener Leute vor. 365 Tage, 365 Schuhschnappschüsse. Ioana Ciurlea hat am 13. November 2016 ihr Projekt gestartet und auf Facebook eine Seite gegründet. Dort lädt sie täglich die interessantesten Schuhfotos hoch. Das „FărăCap“-Projekt (zu deutsch „ohne Kopf“) soll mit einer Ausstellung in Bukarest, dort, wo die Frau tätig ist, enden.

„Auf ´FărăCap 365´ habe ich  wenige Monate alte Babys bis zu 60-jährige Leute abgeknipst. Es sind Ärzte, Anwälte, Journalisten, Stilisten, Designer, Sänger, Minister, Soldaten oder Priester. Dies ist eine Art, Rumänien anders als üblich zu betrachten – ein etwas cooleres, bunteres und fröhlicheres Land vorzustellen“, sagt die 32-jährige Journalistin.
Das Projekt ist aus ihrer eigenen Leidenschaft für Schuhe entstanden. „Am 13. November 2016 habe ich mir vielleicht das 349. Schuhselfie gemacht, doch statt es wieder auf meiner Facebookseite hochzuladen, startete ich ´FărăCap 365 – ein Stadtprojekt“, erinnert sich Ioana Ciurlea. FărăCap Nummer 1 war ein Fußschnappschuss von ihr, dann hat sie immer wieder andere Leute fotografiert. Und als Journalistin, lässt sie wissen, begegnet man den interessantesten Gestalten. Auf der Facebookseite kann man somit bisher Fotos sehen, die bei den Protesten vergangenen Winter in Bukarest, am Ende einer Antiterror-Übung oder im Flur des rumänischen Gesundheitsministeriums mit den Schuhen des damaligen Gesundheitsministers, Vlad Voiculescu, entstanden sind.Die Leidenschaft für Schuhe reicht bis in ihre Kindheit zurück. „So weit ich mich erinnern kann, habe ich immer die Schuhe der Leute als Erstes und erst dann ihre Augen betrachtet. Auch Männer mit guter Fußbekleidung finde ich besonders attraktiv“, unterstreicht die Journalistin.

Die Herausforderung in ihrem Projekt war aber, jeden Tag ein besonderes Paar Schuhe zu finden. „Und nicht nur das, sondern dabei auch deren Träger zu überzeugen, mir zu erlauben ihre Füße zu fotografieren“, sagt Ioana Ciurlea.
Das Projekt und der Beruf gingen bisher Hand in Hand. Genauso wie Journalisten gewöhnlich Leute auf der Straße anhalten und sie dabei zu verschiedenen Themen befragen, so hatte Ioana den notwendigen Mut, bereits zahlreiche Leute auf der Straße anhalten und sie für ein Schuhfoto zu überzeugen. Sie dachte es würde kompliziert sein, da Leute vielleicht scheu wären. Doch es passierte genau das Gegenteil. Ioana Ciurlea hat in ihrem Jahresprojekt nicht immer selber fotografieren müssen, denn „FărăCap 365“ wurde auf Internet schnell unter Facebook-Nutzer berühmt. Einige Bilder hat sie sogar zugeschickt bekommen, darunter auch die Schuhe einiger rumänischer und amerikanischer Soldaten auf Militäreinsatz im Afghanistan. Auch ein Finanzanalytiker hat ihr extra ein Foto mit seinen Schuhen mit dem Text „Ich will auch Teil deines Projekts sein!“ geschickt.

Um Teil des kopflosen Projekts zu werden, müssen die Schuhe in der Sicht von Ioana Ciurlea interessant, ausgefallen oder eine Geschichte dahinter haben. Doch die Auswahl ist sehr unterschiedlich. „Nicht Kleider machen Leute, Schuhe machen sie“, sagt die TV-Journalistin überzeugt.  „Schuhe sind in der stilistischen Gestaltung einer Person wichtig. Wenn die Fußbekleidung schön ist, dann ist das Abbild gesichert. Dabei erzählen die Schuhe sehr vieles über die Vorliebe, Besorgnisse und Modegeschmack jener Menschen, die sie tragen“, setzt Ioana Ciurlea fort. Persönlich besitzt die Journalistin rund 30 Paar Schuhe – wobei allein fünf Paar davon High Heels sind. Der Rest ihrer Schuhe sind Sneakers und Flats. Ioana liebt jedes einzelne Paar vom ganzen Herzen – lässt sie wissen. Allein zwei Paar Stiefel trägt die Frau immer wieder ungern. „Für Journalisten auf Recherche in der Winterkälte sind diese aber ein Muss“, gibt die TV-Reporterin zu.  Das Ende der 365-Schnappschusstage am 13. November bedeutet aber nicht das Ende von „FărăCap“. Eine Ausstellung soll alle 365 Fotografien und wenn es möglich ist, alle 365-Darsteller unter ein Dach bringen und ermöglichen, die eigenen Schuhe an der Wand zu bewundern – stellt sich Ioana Ciurlea vor. Danach soll das Projekt der kopflosen Schuhfotos weitergehen, jedoch nicht täglich. Alles über Fußbekleidung und Füße soll demnächst auf der Homepage faracap.ro veröffentlicht werden.