Schutz von Whistleblowern in Rumänien: endlich korrekt umgesetzt

Noch vor Ländern wie Deutschland, wo das Hinweisgebergesetz im Februar 2023 im Bundesrat scheiterte, hat es Rumänien geschafft, die EU-Whistleblowing-Richtlinie umzusetzen. 

Über die bis zum 17. Dezember 2021 von allen Mitgliedstaaten umzusetzende Richtlinie hatten wir wiederholt berichtet1. Nach mehreren Versuchen2 hat Rumänien das Gesetz Nr. 361/2022 erlassen, welches am 22. Dezember 2022 in Kraft getreten ist. 

Nachdem die Europäische Kommission dieses jedoch hinsichtlich der Regelungen zur anonymen Berichterstattung bemängelte, drohte Rumänien bei Nichtanpassung die Streichung von EU-Mitteln in Milliardenhöhe. Daher hat das Parlament kurzfristig eine Gesetzesänderung beschlossen, die heute, am 31. März 2023, in Kraft tritt.

Anwendungsbereich

Das neue Gesetz dient vor allem dazu, durch einheitliche Rahmenbedingungen für Hinweisgebersysteme einen garantierten Mindestschutz für Hinweisgeber („Whistleblower“) zu schaffen und Anreize für Meldungen von Rechtsverstößen im privaten und öffentlichen Raum zu setzen. 
Nach dem Gesetz können Hinweisgeber Arbeitnehmer, Selbstständige iSv Art. 49 AEUV, Personen, die einem Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan eines Unternehmens angehören, Freiwillige, Praktikanten und alle Personen, die unter der Aufsicht und Leitung natürlicher oder juristischer Person arbeiten, sowie deren Unterauftragnehmer und Lieferanten sein. Auch Personen, deren Arbeitsverhältnis noch nicht begonnen hat, die am Einstellungsverfahren teilgenommen haben oder das Arbeits-/Dienstverhältnis bereits beendet haben, werden erfasst. Zudem wurde die Möglichkeit einer anonymen Anzeige, die in vorherigen Entwürfen des Gesetzes gefehlt hatte, unter bestimmten Bedingungen hinzugefügt.

Berichterstattung

Die Berichterstattung eines Hinweisgebers kann sowohl über interne als auch externe Meldewege stattfinden. Obwohl Anreize für die Nutzung interner Möglichkeiten geschaffen werden sollen, gilt grundsätzlich eine Gleichrangigkeit der Meldewege. 

Jede juristische Personen des Privatrechts mit mindestens 50 Beschäftigten, aber auch Behörden, öffentliche Einrichtungen oder sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nun verpflichtet, interne Meldesysteme einzurichten. Gebietskörperschaften mit weniger als 10.000 Einwohnern oder weniger als 50 Arbeitnehmern sowie private juristische Personen mit 50 bis 249 Beschäftigten können sich außerdem zusammenschließen und eine gemeinsame Meldestelle einrichten.

Externe Meldesysteme können Behörden und Institutionen sein, die aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen in ihrem Zuständigkeitsbereich Meldungen über Gesetzesverstöße entgegennehmen und bearbeiten. Die rumänische Integritätsbehörde (rum. Agenția Natională de Integritate) hat Anfang Februar ein allgemeines externes Meldesystem eingerichtet, das online unter avertizori.integritate.eu erreichbar ist.

Offenlegung

Hinweisgeber haben nach dem Gesetz die Möglichkeit, Gesetzesverstöße auch öffentlich bekannt zu machen. Dies setzt voraus, dass der Hinweisgeber (i) entweder intern oder extern gemeldet hat, aber mit den getroffenen Maßnahmen unzufrieden ist, oder (ii) der Verstoß eine unmittelbare oder offensichtliche Gefahr für das öffentliche Interesse darstellt oder im Falle einer externen Meldung, Repressalien zu befürchten sind, oder aufgrund der besonderen Umstände des Falls geringe Aussichten bestehen, dass wirksam gegen den Verstoß vorgegangen wird.

Anonyme Meldungen

Die meisten Diskussionen bezogen sich auf die Zulassung von anonymen Meldungen. In der ursprünglichen Fassung des Gesetzes sollten anonyme Meldungen nur dann geprüft werden, wenn sie „begründete Hinweise auf Rechtsverstöße“ („indicii temeinice referitoare la încălcări ale legii“) enthielten. Aufgrund der Kritik hieran ist das Wort „begründet“ („temeinice“) gestrichen worden, um den Schutz anonymer Hinweisgeber durch das Gesetz zu verbessern.

Schutzmaßnahmen

Die Androhung, der Versuch oder die Vornahme jeglicher Form von Repressalien gegen den Hinweisgeber und seine Mittler, Kollegen oder Verwandte sind verboten. Damit der Hinweisgeber Schutz genießen kann, müssen u. a. hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Informationen über die gemeldeten Verstöße zum Zeitpunkt der Meldung wahr waren. Falsche Meldungen werden mit Geldbußen geahndet.

Fazit 

Hauptgrund für die neue Fassung des Gesetzes war die Kritik, v. a. seitens der Europäischen Kommission. Die Verpflichtung zur Einrichtung interner Meldewege innerhalb eines Unternehmens ab 250 Beschäftigten in Rumänien ist nun Pflicht. Ab Dezember 2023 trifft diese auch Unternehmen ab 50 Beschäftigten. Die Praxis wird zeigen, wie schnell sich rumänische Unternehmen anpassen bzw. wann die ersten Sanktionen erfolgen.


1 siehe: stalfort.ro/wp-content/uploads/2021/10/20210923_ADZ_RO_Whistleblower_Sind_konzernweite_Meldesysteme_zul%C3%A4ssig.pdf ;
stalfort.ro/wp-content/uploads/2021/05/20210520_ADZ_RO_Ma%C3%9Fnahmen_zum_Schutz_von_Whistleblowern_in_Rum%C3%A4nien_bald_erforderlich.pdf
2 siehe: stalfort.ro/wp-content/uploads/2022/08/20220822_ADZ_CW_Pflicht_zum_Schutz_von_Whistleblowern_in_Rum%C3%A4nien_DE.pdf


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