Schwabenroman ins Rumänische übertragen

Heinrich Lauers Buch trägt den Titel „Zvonul”

Bei der Vorstellung des Romans „Zvonul” von Heinrich Lauer (v.l.n.r.): Ioan David, TV-Produzent Vasile Bogdan, Păun Ion Otiman, Ilse Lauer und der Bruder des Autors, Fritz Lauer

Henrike Brădiceanu-Persem übersetzte „Kleiner Schwab – großer Krieg“ ins Rumänische. Das Buch nennt sich „Zvonul“ (deutsch: das Gerücht), wie es sich der Autor Heinrich Lauer ursprünglich gewünscht hatte.
Fotos: Zoltán Pàzmány

Temeswar (BZ) - Es war der Wunsch des Autors gewesen, es „Das Gerücht” zu nennen: Dies gab Ilse Lauer, die Frau des aus Sackelhausen stammenden Journalisten und Schriftstellers Heinrich Lauer, bei der Präsentation der Rumänisch-Übersetzung von „Kleiner Schwab – großer Krieg” am Samstag in der Temeswar-Filiale der Rumänischen Akademie bekannt. Mit der rumänischen Roman-Fassung „Zvonul” geht also für Heinrich Lauer post mortem ein Wunsch in Erfüllung. Den Roman hatte auf Anfrage der Familie Henrike Brădiceanu-Persem ins Rumänische übertragen.

Es war eine Veranstaltung unter guten Freunden und Bekannten, die mit einer Gedenkminute für die Opfer der Feuersbrunst im Bukarester Colectiv-Club  begann. P²un Ion Otiman, der Vorsitzende der Temeswar-Filiale der Rumänischen Akademie, war als Gastgeber der Moderator des Events. Er äußerte sich auch zur Persönlichkeit von Heinrich Lauer, den er zu seinen Freunden zählte. Der aus Sackelhausen/Săcălaz stammende Schriftsteller und Journalist wurde 1934 geboren. Er floh im Herbst 1944 mit seiner Familie nach Wien, um über die „Kinderlandverschickung” nach Prag zu gelangen. Schließlich konnte er 1946 wieder ins Banat zurückkehren. Nach dem Abitur am Nikolaus-Lenau-Lyzeum in Temeswar zog er nach Bukarest, um zunächst Geografie und Biologie, später dann Germanistik zu studieren. Unter anderem war er nach seinem Abschluss als Redakteur der Zeitung „Neuer Weg” und als Korrektor bei der Zeitschrift „Volk und Kultur” tätig. Heinrich Lauer siedelte 1980 nach Deutschland über, wo er in München als freier Journalist und Schriftsteller aktiv war.  Lauer starb im April 2010 im Alter von 76 Jahren.

Seine Erlebnisse und Erfahrungen aus der Kriegszeit arbeitete Heinrich Lauer literarisch auf: Sein Roman „Kleiner Schwab – großer Krieg. Das Schicksal eines Banater Schwaben” erschien 1987 im „Wort und Welt”-Verlag in Innsbruck. Eine überarbeitete Fassung wurde 1993 in Deutschland veröffentlicht, im Jahr 2000 wurde der Roman ins Französische übersetzt. „Lauers Roman hat vier Komponenten: eine autobiografische, je eine monografische, soziale und geschichtliche”, sagte Ioan David, der Direktor der Bibliothek der Rumänischen Akademie. Der Roman umfasst 87 Texte, die genauso viele Filmsequenzen darstellen könnten, so David weiter, der seine Aussagen mit Zitaten aus dem Roman belegte.

Die Teilnehmer an der Buchpräsentation konnten auch den Dokumentarfilm „Die Banater Schwaben“ verfolgen. Dieser wurde 1996 von den TV-Produzenten Vasile Bogdan und Gheorghe Şfaiţer gedreht und berichtet über das Leben der Banater Schwaben, von ihrer Ansiedlung vor etwa drei Jahrhunderten bis zu ihrem Exodus nach Deutschland kurz nach der Wende von 1989.

Übersetzerin Henrike Brădiceanu-Persem sprach über die Schwierigkeiten, auf die sie bei der Übersetzung des Romans gestoßen war. „Die größte Herausforderung war die Übersetzung der Ausdrücke im banatschwäbischen Dialekt, die im Rumänischen mit der lokalen Färbung herüberkommen sollten“, sagte sie. „Ich spreche zu Hause weder schwäbisch, noch den rumänischen Banater Dialekt“, fügte sie hinzu. Um die richtigen Ausdrücke zu finden, befragte Henrike Brădiceanu-Persem Freunde und Bekannte. Die Übersetzungsarbeit dauerte etwa ein Jahr. „Wenn man etwas übersetzt und es danach mehrmals liest, dann könnte es schon anders klingen. Ich durfte mich auch jeder Zeit mit Fragen an die Familie Lauer wenden“, sagte die Übersetzerin.  

Schließlich kamen die Gattin des Autors, Ilse Lauer, und sein Bruder, Fritz Lauer, zu Wort. „Es war uns klar, dass es schwer ist, diese Sprache ins Rumänische zu übertragen. Ich glaube, dass etwas von dieser Sprechweise herübergekommen ist“, sagte Ilse Lauer, die zusammen mit einem Freund, Ewalt Zweyer, die Übersetzung gegengelesen und ergänzt hat. „Wir haben unsere Sachkenntnisse den Zweiten Weltkrieg betreffend eingesetzt, vor allem, wenn es um Einrichtungen und Institutionen im Dritten Reich ging, die ja für die jüngere Generation nicht mehr so präsent sind“, sagte Ilse Lauer. Am Ende des Romans gibt es eine Liste von Anmerkungen, die den jungen rumänischen Leser beim genauen Verständnis einiger Inhalte unterstützen soll. Dass die französische Übersetzung des Romans vor der rumänischen Variante erschienen ist, sei einem Zufall zu verdanken. Ein Freund von Fritz Lauer, ein Belgier, hatte das Buch in deutscher Sprache gelesen. Es gefielt ihm so sehr, dass er den Beschluss fasste, den Roman mit dem Titel „L´Enfant de Timisoara“ zu übersetzen.

„Meine Hoffnung ist, dass das Buch auch von jungen Rumänen gelesen wird. Dann erfüllt es nämlich den Zweck, ein Stück Geschichte wieder bewusst zu machen“, sagte Ilse Lauer.  „Es ist ein Buch für jedermann. Es präsentiert sowohl die kindische Darstellung des Krieges, aber auch die Tragik der damaligen Ereignisse. Es lässt den schwäbischen Geist aufleben, aber es bringt vor allem den Geist jener Zeit in einer sehr gekonnten Weise dem Leser nahe“, betonte Übersetzerin Henrike Brădiceanu-Persem.