Sonderausstellung für Oskar Pastior

Das 41. Erlanger Poetenfest war 2021 in hohem Maße dem aus Hermannstadt stammenden Lyriker und Zeichner gewidmet

,Pastior‘-isierte Aubergine im Glas“ zwischen „Aubergine mit Scheibenwischer – die Zeichnungen von Oskar Pastior“ von Heidede Becker und „Jalousien aufgemacht. Gedichte“ von Oskar Pastior.
Bild: die Verfasserin

Im Rahmen des 41. Erlanger Poetenfestes 2021 wurde für Oskar Pastior eine Sonderveranstaltung im Erlanger Stadtmuseum gezeigt. Drei Stationen sind ihm gewidmet: Die Sonderausstellung „Aubergine mit Scheibenwischer“ – Zeichnungen von Oskar Pastior“, das Podiumsgespräch „Zeichengebilde und Wortgebilde“ und eine Lesung mit Michael Lentz aus dem Gedichtband „durch – und zurück“ mit einem Gespräch mit Michael Braun. 

Die wichtigste Station ist die Ausstellung „Aubergine mit Scheibenwischer“ im Stadtmuseum Erlangen. Die Ausstellung erstreckt sich auf zwei Ebenen: Das Foyer und den oberen Stock. Frau Seubold, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und Presse, bedauerte, das Oskar Pastior keine eigene   Ausstellung bekommen hat, sondern diese nur in Zusammenhang mit dem Erlanger Poetenfest möglich war. 
Im Foyer ist ein kleiner Tisch aufgebaut, gleich neben der Kasse mit der zum Verkauf angebotenen Auberginenpaste, darüber steht: „,Pastior‘-isierte Aubergine im Glas“, flankiert links vom Buch „Aubergine mit Scheibenwischer – die Zeichnungen von Oskar Pastior“ von Heidede Becker, und rechts von „Jalousien aufgemacht. Gedichte“ von Oskar Pastior.

Die Führung begann mit den Anfangszeilen aus Pastiors „Jalousiengedicht“ auf dem berühmten gelben Laken von 1982, als er zum ersten Mal beim Erlanger Poetenfest dabei war. Es war die dritte Edition, und für Oskar Pastior wurde dieses Festival zu einem wichtigen Punkt in seinem Lyrikerleben. An der Wand standen in einem gewissen Abstand die Jahreszahlen 1982, 1990 und  2006 mit Fotos von Pastior und seinen Kollegen auf dem Poetenfest. Unter jeder Jahreszahl war eine kleine Glasvitrine mit den passenden Flyern dazu. Insgesamt war Oskar Pastior viermal auf dem Erlanger Poetenfest. Das „Jalousiengedicht“ ist so etwas wie ein Markenzeichen und auch Reduktionszeichen für ihn geworden – was ihm gar nicht gefiel. Aber als dieses Gedicht dann in die Anthologie „Jalousien-Lesebuch, ein Lesebuch mit Oskar Pastiors Gedichten“, herausgegeben von Klaus Ramm, aufgenommen wurde, war er etwas versöhnt. Und 2006, beim letzten Besuch auf diesem Festival, moderierte Ernest Wichner die „Lesung mit Gespräch“ von Pastior und Peter Urban. Das Laken hatte sich gut gehalten und wurde Pastior zum Abschluss der Veranstaltung geschenkt. 

Dank großer Vorarbeit und dem Buch von Heidede Becker konnte diese Ausstellung über Oskar Pastior auf diese Art gemacht werden, laut Kurator Dittrich, der die Führung machte. Aus konservatorischen Gründen kann man diese Ausstellung nur dreimal im Jahr zeigen, dann müssen die Zeichengebilde und Wortgebilde für einige Zeit zurück in das Literaturarchiv Marbach. Nach Erlangen ist nun Halle dran, zuvor war sie in Berlin.

Bei dieser Sonderausstellung konnte man Pastior auch persönlich hören und sehen, wie er seine Gedichte vorliest, oder Gespräche von damals mithören. Im unteren Bereich gab es einen kleinen schwarzen Hörer in der Wand, unter dem stand: „Hören sie mal rein. Oskar Pastior in Erlangen“. Wer die Zeit nicht hatte – es dauert 1,5 Stunden –, der fotografierte den QR-Code oder ging auf die Internetseite dichterlesen.net. Man konnte aber auch am Laptop sich einiges von, über und mit Oskar Pastior anhören. Auf zwei großen Tafeln ist sein Lebenslauf nachzulesen, beginnend mit der Kindheit bis hin zum bekannten Lyriker und Übersetzer. Auch seine „Palindrome“ werden dargestellt. Kurator Dittrich erklärte kurz, was Palindrom bedeute: Ein Wort oder Satz, der vorwärts wie rückwärts gelesen denselben Sinn ergibt. Zum Beispiel „Reittier“, oder „Die Liebe ist Sieger. Rege ist bei Leid.“ Auch das „Modeheft des Oskar Pastiors“ war dabei. Im zweiten Stock dann waren seine Schrift/Text/Bild-Zeichnungen ausgestellt. Zu sehen sind die eingerahmten Zeichnungen und Wortgebilde aus den Büchern „An meine neue Aubergine“, „Aubergine mit Scheibenwischer“, „Der krimgotische Fächer“ „Anagrammgedichte“, „Höricht“, „Fleischeslust“, „Römischer Zeichenblock“, und andere. Daneben die Tafel mit der Jahreszahl und einer kurzen Erklärung darüber. Überall auch der Hinweis an der Wand: „Auf dichterlesen.net zu hören“. 
Oskar Pastior spielte gerne mit Worten, gab ihnen einen neuen Sinn, ersetzte mal einen Buchstaben oder ließ einen weg. Es sind Werke, die zum Nachdenken anregen, zum Schmunzeln und die Lust erwecken, sie zu ergründen. Parallel zur Arbeit am Gedichtband „Höricht“ entstanden Zeichnungen, von denen 16 bereits 1974 im „Zeichenheft für Literatur und Graphik“ (ZET) veröffentlicht wurden. Mit Abstand das verrückteste Projekt von Pastior.

Am Ende der Führung, im letzten Raum, stand eine Glasvitrine mit all seinen Büchern, und an der Wand ein großer Flachbildschirm, wo man Oskar Pastior erleben konnte, wie er liest: Es lief die Lesung „Testament auf jeden Fall“ von 1980, und er rezitierte das „Jalousiengedicht“. Es war so interessant, diesen Menschen quasi live zu erleben, dass der Führung durch den Kurator keiner mehr richtig zuhörte. Oskar Pastior zauberte ein Lachen in die Gesichter der Besucher. 

Die Ausstellung „Aubergine mit Scheibenwischer“ kann man noch bis zum 19. September 2021 im Erlanger Stadtmuseum besichtigen, Martin -Luther-Platz 9, Telefon: 0 91 31-86 23 00.