„Stafette“ feiert im Oktober Jubiläum

Zwei Jahrzehnte rumäniendeutsche Literatur im Banat

Treffen der älteren Generation – Dr. Annemarie Podlipny-Hehn (links) leitet den „Stafette“-Literaturkreis.
Foto: Zoltán Pázmány

Vor 20 Jahren wurde der „Stafette“-Literaturkreis gegründet. Neben zahlreichen Veröffentlichungen sind insgesamt 17 Sammelbände erschienen. Darin findet man Gedichte, Kurzgeschichten, Essays, Roman- und Theaterfragmente sowie Artikel und wissenschaftliche Vorträge.

Rumäniendeutsche Literatur ist nach der Wende nicht gänzlich ausgewandert. Nicht unwichtig ist das Engagement lokaler Kulturpersönlichkeiten, die eine Literatur wiederbelebten, entgegen der damaligen Umstände. Die Namen der wichtigsten Vertreter rumäniendeutscher Literatur aus dem Banat klingen heute eher rumänisch, ungarisch und immer seltener deutsch. Während in Deutschland oft von Schriftstellern mit Migrationshintergrund gesprochen wird, gilt das nicht für das Banat. Wichtig bleibt der Erhalt der deutschen Sprache.

Dr. Annemarie Podlipny-Hehn gründete die „Stafette“ Anfang der 1990er Jahre. Zwei wichtige Ziele hat sich der Literaturkreis gestellt: der Erhalt der rumäniendeutschen Literatur im Banat und die Förderung junger Autoren. Das spiegelt sich auch in den Sammelbänden wieder, wo neben Mundartautoren wie Eva Mayer und Helen Alba-Kling auch junge Schreiber wie Karina Körösi und Laura Purtator vertreten sind. Kritische Stimmen werfen der „Stafette“ vor, sie würde keine Qualitätsansprüche stellen.

Schon immer galt das Motto: Jeder der auf Deutsch schreibt, darf mitmachen. Dabei sind nicht alle Texte gleich Literatur. Doch gerade Kritiker wie die Schriftstellerin Carmen Elisabeth Puchianu könnten durch ihre Erfahrung dabei helfen, dass sich junge Schreiber entwickeln. In Deutschland wird es nicht anders gemacht. Auch dort gelten in Literaturzirkeln die gleichen Regeln wie bei der „Stafette“. Hinzu kommt allerdings der Input erfahrener Autoren, die mit konstruktiver Kritik die Qualität der Texte steigern.

An Potenzial fehlt es vielen der jungen Mitglieder nicht. Die Dichterin Petra Curăscu wurde vor einigen Jahren für den Adelbert-von-Chamisso-Preis vorgeschlagen. Die gleiche Auszeichnung erhielt Cătălin Dorian Florescu 2002.

Die „Stafette“ hat von ihrer Relevanz nichts eingebüßt. Seit 2011 hat der Literaturkreis 15 neue Mitglieder. Es handelt sich ausschließlich um Schüler vom Nikolaus-Lenau-Lyzeum. Der Altersdurchschnitt beträgt 15 Jahre. Die Deutschlehrerin Lorette Br²diceanu-Persem hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Jugendlichen Deutsch als Ausdruckssprache für sich entdeckt haben. Damit scheint sich Geschichte zu wiederholen. Auch die Aktionsgruppe Banat wäre wahrscheinlich so nicht entstanden, hätte es die Deutschlehrerin Dorothea Götz nicht gegeben.

Im Oktober feiert die „Stafette“ ihr 20-jähriges Jubiläum. Dr. Annemarie Podlipny-Hehn plant zu diesem Anlass eine Großveranstaltung in Temeswar. Zu den eingeladenen Gästen gehören bedeutende Schriftsteller aus Siebenbürgen wie Joachim Wittstock und Eginald Schlattner, der Literaturforscher und Schriftsteller Ingmar Brantsch, der Dichter und ehemaliges Mitglied des Adam-Müller-Guttenbrunn-Literaturkreises Horst Samson u. a. Auch Dr. Wolfgang Schlott vom Exil-P.E.N.-Club wird für das besondere Jubiläum in Temeswar erwartet.

In diesem Jahr fanden bereits mehrere Veranstaltungen statt. Im Frühjahr las in der Nikolaus-Lenau-Schule der deutsche Dichter Paul Jeute. Der Dresdner veröffentlichte in Hermannstadt den Gedichtband „Stay punk, stay free, stay gipsy“. Der junge Schriftsteller studiert zur zeit am Deutschen Literaturinstitut Leipzig „Kreatives Schreiben“. Jeute verwendet oft das Pseudonym „Micul dejun“.

Auch Dr. Sorin Gâdeanu vom Institut für Germanistik Wien besuchte im Frühjahr die Stadt an der Bega zusammen mit einer Gruppe Germanistikstudenten. Es war bereits die zweite gemeinsame Gruppenlesung zwischen Mitgliedern der „Stafette“ und Studenten aus Wien. Gâdeanu plant weitere Lesereisen, darunter eine nach Budapest, woran auch der „Stafette“-Literaturkreis teilnehmen soll.

Wie jedes Jahr nahm die „Stafette“ an den Reschitzaer Literaturtagen teil. Dort stellte Balthasar Waitz seinen Prosaband „Krähensommer und andere Geschichten aus dem Hinterland“ vor. Waitz gehörte zum Adam-Müller-Guttenbrunn-Literaturkreis in den 1980er Jahren. Aus diesem Kreis ging die Nobelpreisträgerin Herta Müller hervor. Genau wie Müller kommt auch Waitz aus der Bantater Gemeinde Nitzkydorf. Sein Buch wurde von der Presse gelobt. Hans Liebhardt nannte es das beste Prosabuch, das im Banat in den letzten 20 Jahren erschienen ist.

Der 18. Sammelband der „Stafette“ wird voraussichtlich im Herbst erscheinen. Darin können neben den Texten der „Stafette“-Mitglieder auch solche der Germanistikstudenten aus Wien gelesen werden. Es bestehen zahlreiche Partnerschaften zwischen der „Stafette“ und anderen literarischen Vereinen und Institutionen.

Rumäniendeutsche Literatur aus dem Banat wird heute nicht nur mit Herta Müller oder den ehemaligen Mitgliedern der Aktionsgruppe Banat bzw. dem Adam-Müller-Guttenbrunn-Literaturkreis gleichgesetzt. Auch die „Stafette“ hält eine Literatur am Leben, die es immer schwieriger hat, sich durchzusetzen.