Staffelwechsel in Ulm mit Konituitätskomponente

Treffen der Partnermuseen des Donauschwäbischen Zentralmuseums zur Ist-Lage und den Perspektiven der Zusammenarbeit

Gruppenfoto auf den Treppen zum Eingang des DZM in Ulm. in der ersten Reihe unten: der Temeswarer Museumsleiter Claudiu Ilas und DZM-Leiter Christian Glass, in der hintersten Reihe rechts der Nachfolger von Glass, Tamás Szalay | Foto: der Verfasser

Mitte Oktober fand in Ulm ein neuerliches Partnerschaftstreffen der Museen statt, die sich  – ausschließlich oder kollateral – mit den „Donauschwaben“ am Mittellauf der Donau beschäftigen (oder beschäftigen sollten). Eingeladen dazu hatte das Donauschwäbische Zentralmuseum (DZM), das kurz nach seiner Einweihung (im Jahr 2000) durch seinen Leiter Christian Glass auch die Initiative zum ersten Treffen hatte, bei dem eine Art Partnerschaftsvertrag geschlossen wurde, der sich im Laufe der Jahre in mehreren großen Ausstellungen konkretisierte – stellvertretend sei hier die Wanderausstellung „Hausgeschichten“ genannt. 

Da Museumsleiter Christian Glass demnächst in Rente geht, wollte er unbedingt noch einmal die Partnermuseen zu einer Tagung einberufen, wohl auch, um seinem Nachfolger neben einer sehenswerten neugemachten Dauerausstellung auch die Pflege der Partnerschaft mit einer Reihe mitteleuropäischer Museen ans Herz zu legen. Wie sonst könnte man seine wie nebenbei gesagten Worte deuten, dass „auf dieses Treffen wohl im kommenden Jahr ein weiteres folgen müsste, wo es sich um konkrete Projekte der Zusammenarbeit handelt“.

Da nun der Initiator dieser mitteleuropäischen Museumspartnerschaft in Rente geht, hinterlässt er im (und dem) DZM also nicht nur eine brandneue Dauerausstellung („Ein Museum – zwei Ausstellungen: ‚Donau‘ und ‚Donauschwaben‘“), die im  Sommer dieses Jahres eröffnet wurde, sondern wollte auch die Museumspartnerschaft neu mit Energie aufladen. Dazu bat er die ursprünglichen Partnermuseen aus Serbien, Kroatien, Rumänien und Ungarn zur Begegnung – und ein paar Museen mehr, die zwischenzeitlich ihr Interesse an einer Partnerschaft bekundet haben oder zwischenzeitlich erst gegründet wurden.

Dazu waren angereist: Vertreter des Janus Pannonius-Museums aus Pécs/Fünfkirchen (Andrea Pásztor), des Németh Nemzetségi Múzeum aus Tata/Tatabánya (Mónika Schmidtmayer-Busa und Dr. János Schmidtmayer), des Städtischen Museums aus Sombor/Zombor in der Batschka/Vojvodina, das jüngst eine Donauschwäbische Abteilung gegründet hat (Milka Ljubola), des Museums der Vojvodina aus Novi Sad/Neusatz (Suzana Milanovic – dieses Museum richtet zusammen mit der Stadt Novi Sad im kommenden Jahr die elfte Donaukonferenz aus), vom Museum Europäischer Kulturen in Berlin (Andrea Vándor, die früher zeitweilig am DZM gearbeitet hat), vom Kreismuseum für Ethnographie und zur Geschichte des Grenzregiments aus Karansebesch (Dr. Dacian Rancu und Bogdana Negrei), vom Banater Dorfmuseum in Temeswar (Dr. Andrei Milin), von Nationalmuseum des Banats in Temeswar (Claudiu Ilaș, Ciprian Glăvan und Alina Lelescu), vom Museum des Banater Montangebiets (Dr. Livia Magina), von der Filiale Temeswar der Rumänischen Akademie der Wissenschaften (Dr. Adrian Magina, der erst vor ein paar Wochen aufgrund eines Besetzungswettbewerbs eingesetzte neue Filialdirektor), vom Museumskomplex Arad (Dr. Sorin Bulboacă). 

Seitens des DZM beteiligten sich fünf der acht hier aktiven Museographen, neben dem Leiter Christian Glass noch Henrike Hampe, Christina Reichl, Kathinka Engels und Olivera Stosic-Rakic sowie, als Mitorganisatorin des Treffens, Sabine Geller von „danube connects“. 

Äußerst wichtig war aber auch, dass aus Pécs der künftige Leiter des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm, Tamás Szalay, angereist war, der bei dieser Gelegenheit viele seiner möglichen künftigen Partner – und deren Vorhaben – persönlich kennenlernen konnte, aber auch die Gelegenheit zum Vortasten wegen künftiger Projekte wahrnahm. Laut seinen Gesprächspartnern geht man in der Runde nun davon aus, dass der ausgebildete Kulturmanager als Leiter des DZM einiges mit ihnen umsetzen wird. Dabei war er erst einige Tage vorher verständigt wurden, dass er von den mehr als 20 Bewerbern für den Posten des künftigen Leiters des DZM der Erwählte ist. Umso höher wurde seine prompte Anwesenheit beim Ulmer Treffen geschätzt.

Als „Privilegierter“ durfte auch der Unterzeichner dieser Zeilen als Journalist der ADZ teilnehmen, nicht zuletzt, weil er fast alle bisherigen Projekte der Donau-Museumspartnerschaft begleitete und von Anfang an dabei war in dieser Runde. Zudem konnte sich der Unterzeichner dieser Zeilen bei den rumänischen Teilnehmern wieder einmal als Dolmetscher nützlich machen. Nicht teilnehmen konnten diesmal Vertreter der Museen aus dem kroatischen Esseg/Osijek und aus Sathmar. Doch auch ihnen wird das zur Stunde des Erscheinens dieses Beitrags noch nicht fertige Schlussprotokoll zugeschickt.

Zur Einführung machten Christian Glass (deutsch) sowie Kathinka Engels und Olivera Stosic-Rakic (englisch) Führungen durch die beiden neuen Dauerausstellungen. Danach stellten sich in Kurzvorträgen die teilnehmenden Museen vor, wobei die Betonung auf aktuell zu sehenden Ausstellungen und auf unmittelbar bevorstehenden oder bereits in Arbeit befindlichen Vorhaben lag. Es war für den Quasi-Unbeteiligten interessant zu beobachten, wie diese Vorstellungsrunde mit dem Notizblock (oder dem Mobiltelefon...) in den Hand von vielen Museumsleuten des Pannonischen Raums verfolgt wurde. 

Anscheinend gibt es Ideen, die auch zuhause für manche umsetzbar scheinen (etwa der „Museumsgarten vergessener Pflanzen“, den Andrea Pásztor aus Pécs nannte, oder die Gulag-Forschungen unterm Schirm des Komitees für das Nationale Gedächtnis, über die Mónika Schmidtmayer-Busa sprach...). Der Leiter des Temeswarer Nationalmuseums des Banats, Claudiu Ila{, verkündete in der Runde, dass er und sein Museum vom Kreisrat Temesch beauftragt wurden, das Kulturhauptstadtjahr 2023 zu eröffnen, was er für die Silvesternacht angesetzt hat und wozu er alle Partnermuseen zur Teilnahme einlud. Tamás Szalay sagte auf der Stelle zu: Er werde zum Jahreswechsel in Temeswar dabeisein.

In drei parallelen Workshops besprach man dann Probleme und Vorhaben der nahen und mittelfristigen Zukunft, machte Projektvorschläge für die künftige Zusammenarbeit, wobei sich eigentlich alle Vertreter der Museen (es waren meist die Museumsleiter, auch diejenigen, die sich, wie Dr. Livia Magina vom Museum des Banater Montangebiets, immer noch im Interimat befinden). Auf diesen Teil des Treffens wird hier nicht näher eingegangen, denn er wird im Abschlussprotokoll, das erst entsteht, zusammengefasst und auch in der ADZ in Auszügen veröffentlicht werden. Hochinteressant fanden vor allem die Archäologen, aber auch die Historiker und Ethnologen unter den Teilnehmern die Besuche im Museum der Stadt Ulm (wo unter den 23 figürlichen Darstellungen der Eiszeitkunst auch die größte je gefundene Figur aus der Zeitspanne 4000 – 11.700 vor Christus, der etwa 30 cm hohe „Löwenmensch“ zu sehen ist, und im Urgeschichtlichen Museum von Blaubeuren (wo ein philosophisch veranlagter Führer eine leicht spekulative, aber spannende Führung bot), wo man archäologische Funde aus in der Eiszeit bewohnten Höhlen des Raums um Ulm und dem Donautal bewundern konnte, die zum Weltkulturerbe gehören. 

Es handelt sich um erste Zeugnisse der Beschäftigung des im Werden begriffenen neuzeitlichen Menschen mit der Kunst, etwa eben dem „Löwenmenschen“, der aus einem Mammut-Stoßzahn geschnitzt ist (und für den – sowie weitere Funde, die ihm zeitgenössisch sind – die Stadt Ulm ein eigenes Museumsgebäude plant, das 2026 eröffnet werden soll), diverse miniaturhafte, realistische oder abstrakte Frauendarstellungen aus Elfenbein oder Stein oder die ältesten erhaltenen Musikinstrumente der Menschheit, diverse Flöten (deren Klang man von mit damals verwendeten Werkzeugen aus Stein nachgebauten Instrumenten sich per Knopfdruck anhören konnte). Aus beiden Museen, Ulm wie Blaubeuren, ging an die mitteleuropäischen Teilnehmer des Ulmer Partnerschaftstreffens die Einladung, sich um Wanderausstellungen mit diesen einzigartigen Zeugnissen der Kunst erster moderner Menschen zu bewerben.