Temeswar: Haushalte und Spitäler ohne Heizung und Warmwasser

Fernwärmelieferant ohne Gas / Fritz: Schlimmes erwarte die Temeswarer / Ärzte appellieren an Erdgasversorger

Katastrophale Lage in Temeswar: Rund 50.000 Haushalte und die meisten Spitäler sind ohne Heizung und Warmwasser geblieben, nachdem EO.N dem insolventen Fernwärmelieferanten Colterm am Dienstagmittag den Hahn zugedreht hat und die Verhandlungen mit Ersatzlieferanten gescheitert sind, erklärt Bürgermeister Dominic Fritz auf einer Pressekonferenz. | Foto: Virgil Simonescu/Inquam Photos

Temeswar (ADZ) – Am Dienstagmittag hat der Erdgasversorger E.ON dem Temeswarer Fernwärmelieferanten Colterm den Gashahn zugedreht und somit seine wiederholten Drohungen umgesetzt. Über eine Einigung wurde bis zuletzt verhandelt. Am Dienstag teilte Bürgermeister Dominic Fritz mit, die Beheizung von Wohnungen, Spitälern und sonstigen öffentlichen Einrichtungen werde eingestellt und die Bürger sich auf Schlimmes gefasst machen müssten. Die Nachricht breche ihm das Herz, es tue ihm sehr leid, dass es dazu kommen musste. Man habe mit anderen Erdgasversorgern gesprochen, einige erklärten sich bereit, Colterm mit Erdgas zu beliefern, allerdings nur gegen Vorauszahlung. Bei den gegenwärtigen Preisen könne man aber solche Verträge nicht eingehen, sagte Fritz. In wenigen Tagen werden also etwa 50.000 Haushalte und der Großteil der öffentlichen Institutionen in Temeswar, darunter fast alle Krankenhäuser, ohne Heizung und Warmwasser auskommen müssen. Dienstagabend lief das System noch, das Warmwasser in den Heizkörpern kühle erst allmählich ab, erklärte Colterm-Direktor Cristian Mîțu. Insgesamt werden 56.000 private und öffentliche Verbraucher von Colterm versorgt.

Als Bürgermeister werde er umgehend das lokale Katastrophenschutzkomitee einberufen, er fordere weiterhin die Regierung auf, unverzüglich einzuschreiten und Gelder locker zu machen, erklärte Fritz am Dienstag. Es bedürfe einer Eilverordnung der Regierung, allerdings wisse man, dass Eilverordnungen von interimistischen Kabinetten nicht verabschiedet werden dürfen. Die Nachricht, die er überbringen müsse, sei verheerend für alle, die jetzt im Krankenhaus liegen oder zu Hause kleine Kinder oder ältere Bürger betreuen müssen. Er wolle die Temeswarer versichern, dass er und seine Verwaltung alles tun würden, um die Erdgasversorgung des Fernwärmelieferanten wieder sicherzustellen, sagte Fritz. Er bitte nicht nur die Regierung, sondern auch Unternehmen wie Romgaz oder Electrica um Unterstützung. Von E.ON zeige er sich auf das Bitterste enttäuscht, die Stadt habe mit dem Abbau des Schuldenbergs begonnen und allein in diesem Jahr insgesamt 144 Millionen Lei an E.ON bezahlt. Außerdem müsse er die Bevölkerung erneut darüber informieren, dass der Verbraucherpreis bis auf 416 Lei pro Megawattstunde steigen werde. Dies entspräche einer Verdoppelung und nicht der von Colterm vorgeschlagenen Verdreifachung des Preises, die er ablehne. Er habe mit allen im Stadtrat vertretenen Parteien gesprochen und erwarte, dass diese die Lage verstünden und ihnen klar sei, dass man es mit mehreren Krisen gleichzeitig zu tun habe. Außer der Covid-19-Pandemie habe jetzt auch die weltweite Energiepreiskrise eingeschlagen.

Allerdings habe er keine Zauberformel parat und könne das Colterm-Problem nicht einfach wegzaubern, sagte Fritz. Auch im Rathaus werde man demnächst frieren und das würde er liebend gerne tun, wenn dafür die Spitäler weiterhin beheizt werden könnten. Nur zwei Krankenhäuser, die der Stadt Temeswar unterstellt sind, das Victor-Babeș-Spital für Infektionskrankheiten und die Odobescu-Geburtenklinik verfügen über eigene Heizzentralen und sind nicht an das Colterm-Netz angeschlossen, sagte Fritz. Er gehe jedoch davon aus, dass niemand über Wochen hinweg frieren müsse, zumindest nicht in den Krankenhäusern.

Ebenfalls am Dienstag stimmte ein Insolvenzrichter des Temescher Gerichts dem Colterm-Insolvenzantrag zu, jedoch folgte er dem Wunsch des Unternehmens nicht, als Insolvenzverwalter das Bukarester Unternehmen Rominsolv zu ernennen. Dagegen betraute das Gericht mit dieser Aufgabe ein Konsortium, das aus zwei Temeswarer und einem Bukarester Insolvenzverwalter besteht. Der Richter legte den nächsten Termin für den 22. Februar 2022 fest, bis dahin müssen die Colterm-Gläubiger ihre Ansprüche bekunden und das Insolvenzverwalter-Konsortium eine Inventur des Colterm-Vermögens durchführen.

Auf die Ankündigung von Fritz reagierten zunächst die Direktoren der Temeswarer Spitäler. In einem gemeinsam unterschriebenen Appell an die Erdgasversorger in Rumänien ersuchten sie diese, die Kranken der Stadt in diesen Zeiten nicht frieren zu lassen und die Erdgaslieferungen wieder aufzunehmen. Man sei entsetzt über den Lauf der Dinge und wolle sich nicht vorstellen, wie die unmenschlichen Anstrengungen, die man derzeit vor allem in den Covid-19-Spitälern unternehme, zunichte gemacht werden. Niemand könne dies zulassen. Die großen Förderer und Lieferer von Erdgas, die es in Rumänien gäbe, sollten sich ebenfalls anstrengen, zur Rettung von Menschenleben beizutragen und dadurch ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft gerecht zu werden. Als Direktoren von Krankenhäusern seien sie nicht befugt, über die Gründe für die Misere, in der sich Colterm befinde, zu urteilen oder nach Schuldigen zu suchen, man weise lediglich darauf hin, dass zur Ausrottung des Coronavirus und zur Eindämmung der Pandemie alle einen Beitrag leisten sollten, hieß es in dem Schreiben. Unterzeichnet wurde es von den Direktoren des Temescher Kreiskrankenhauses, des Munizipalspitals, des Krankenhauses für Infektionskrankheiten, des Louis-Țurcanu-Kinderspitals und des Instituts für Kardiologie. Gleichzeitig erklärten einige der Krankenhausleiter, dass sie bereits an Notmaßnahmen denken. Wo dies möglich ist, werde man die Klimaanlagen benutzen, die teilweise wärmen können, zusätzliche Decken verschaffen und Patienten im besseren Zustand nach Hause schicken.