Temeswarer Altes Rathaus soll saniert werden

Bürgermeisteramt schreibt Entwurfsarbeiten aus

Temeswar - Das Temeswarer Bürgermeisteramt hat am Wochenende angekündigt, sich endlich eines der historisch wichtigsten Gebäude der Stadt annehmen zu wollen. Das Alte Rathaus, im 18. Jahrhundert als „Deutsches Stadthaus“ bekannt, soll saniert werden, die Stadtverwaltung sucht nun nach einem Unternehmen, das zunächst das arg heruntergekommene Gebäude begutachten und dann den Sanierungsentwurf erstellen soll. Eine entsprechende Anfrage wurde bereits über das elektronische System für öffentliche Akquisen veröffentlicht.

Knapp 250.000 Lei hat die Stadt für diese Etappe veranschlagt. Unklar ist, ob die Arbeiten bis 2021 abgeschlossen werden können, dazu machten die Vertreter der Stadtverwaltung noch keine Aussagen.

Das Alte Rathaus beherbergt gegenwärtig die Fakultät für Musik- und Theaterwissenschaften der Temeswarer West-Universität, den Sitz der frisch gegründeten Allianz des Westens (das ist der Verein der Städte Temeswar, Klausenburg/Cluj-Napoca, Großwardein/Oradea und Arad) sowie einiger Parteien. Das Gebäude sollte gänzlich der West-Universität überlassen werden, doch Bürgermeister Nicolae Robu konnte sich mit seinem Parteikollegen, dem PNL-Abgeordneten Marilen Pirtea, der der West-Universität seit 2012 als Rektor vorsteht, nicht einigen. Die Universität hätte für die Sanierung aufkommen müssen, doch dafür forderte Pirtea die Übertragung der Eigentumsrechte, was rechtlich kaum durchsetzbar gewesen sein soll. Nun will die Universität für die Musikfakultät ein neues Gebäude auf dem ehemaligen Militärareal Oituz-Straße bauen und hat dafür EU-Gelder beantragt und auch bekommen, das Bürgermeisteramt wird nun einen anderen Zweck für das altehrwürdige Gebäude auf der nördlichen Seite des Freiheitsplatzes/Pia]a Libert²]ii (Paradeplatz im 18. Jh.) finden müssen.

Mehr als zwei Jahrhunderte diente das 1731 bis 1734 nach den Plänen eines italienischen Architekten errichtete Gebäude als Rathaus der Stadt Temeswar, dort residierte ab 1735 der bereits seit 1721 amtierende Bürgermeister Peter Solderer, von dort leitete Bürgermeister Karl Telbisz (1885-1914) die moderne Umgestaltung der Stadt und ebenfalls dort gab am 1. September 1919 der letzte Bürgermeister der ungarischen königlichen Freistadt Temeswar, Josef Geml, die Verwaltung an den ersten rumänischen Bürgermeister, Stan Vidrighin, ab. Das Gebäude spielte eine wichtige Rolle auch während des ungarischen Freiheitskampfes von 1848-1849, als es während der Belagerung der Festung Temeswar beschädigt wurde. Im darauffolgenden Jahrzehnt wurde es wieder aufgebaut und es bekam die heutige Gestaltung. 1949 zog der Volksrat der Stadt Temeswar in die ehemalige Höhere Handelsschule, die in der Zwischenkriegszeit im rumänischen Baustil errichtet wurde und bis heute als Sitz der Stadtverwaltung dient.

Das Alte Rathaus besteht aus einem Hochparterre und zwei Obergeschossen, die Hauptfassade hat Elemente des Barock und der Renaissance. Oberhalb des monumentalen Eingangtors befinden sich ein Balkon und vier Bogenfenster auf jeder der beiden Oberetagen. Die Vorderfassade des Gebäudes besteht unter anderem aus vier vertikal angeordneten und durch Stützsäulen abgegrenzten Kassetten, die je zwei Fenster der oberen Etagen umrahmen. Gebaut wurde es teilweise auf den Fundamenten eines zerstörten türkischen Bades, an das die Inschrift auf der rechten Seite des Eingangbereichs erinnert.