Touristenmagnet Sixtinische Kapelle

25.000 Touristen täglich – Kunstwerke und Besucherstrom nicht immer vereinbar

Hauptattraktionen in Rom: der Petersdom und die Vatikanischen Museen

Detail des „Jüngsten Gerichts“ von Michelangelo: Christus als Richter und die Jungfrau Maria
Fotos: der Verfasser

Eine besorgniserregende Nachricht ging in diesen Tagen durch die Medien. Nach dem Besucherstrom wird jeden Abend viel Feuchtigkeit an den Fresken der Sixtinischen Kapelle gemessen. Diese ist sehr schädlich und muss durch eine besondere Prozedur mit einem Spezialpapier aufgesaugt werden.
Die Operation wird täglich vorgenommen, nachdem rund 25.000 Besucher die Kapelle durchschritten haben. Die Restauratoren sind bis zum frühen Morgen am Werk, bis sich erneut die Tore der Vatikanischen Museen, die einen großen Teil des Vatikanstaates einnehmen, öffnen.

Da der Besucherstrom praktisch keinen Stillstand in der Sixtinischen Kapelle verzeichnet, ist es empfehlenswert, sich nach der Öffnung der Museen schnurstracks dorthin zu begeben, um dieses einmalige Kunstwerk in relativer Ruhe bewundern zu können, obwohl dann ein Rückgang zu den anderen Abteilungen kaum noch möglich ist. Auch darf man kaum stehen bleiben und dürfte während des Aufenthaltes in der Kapelle, die nicht zum ersten Mal einer eingehenden Restaurierung unterzogen worden ist, auch nicht fotografieren – was so manche trotzdem tun, wenn der Reiseführer wegschaut.

Ort für die Wahl des Papstes

Weltbekannt ist die Kapelle wegen der Fresken Michelangelos, der gesamten Ausmalung durch die italienischen Maler, wobei die Bibelzyklen dargestellt werden. Ebenfalls weltbekannt ist die Sixtinische Kapelle, weil hier seit 1872 das Konklave, die Wahl des Papstes, stattfindet. Anfangs gab es entlang der Wände speziell für die Wahl eingerichtete Zellen, wo die Kardinäle während des Wahlprozesses untergebracht wurden. Mit der Zeit wurde auf diese Gewohnheit verzichtet, da die Zahl der Mitglieder des Konklaves immer größer wurde. Die in Isolation weilenden Kardinäle verständigten – und tun es auch heute noch – die auf dem Petersplatz befindlichen Gläubigen über den jeweiligen Wahlausgang durch schwarzen oder weißen Rauch, der aus dem mit einem langen Rohr ausgestatteten Ofen aufsteigt. Ebenfalls ein besonderes Zeremoniell, das in der Sixtinischen Kapelle stattfindet, ist die persönlich vom Papst vorgenommene Taufe während des Festes der Taufe von Jesus, am Sonntag nach dem Dreikönigsfest.

Gebaut wurde die Kapelle in der Zeit von Papst Sixtus IV. und auch nach diesem benannt. Sie wurde an Stelle einer zuvor von Papst Nikolaus III. in den Jahren 1277 bis 1280 erbauten Kapelle errichtet. Die Grundrisse blieben die gleichen – 40 Meter lang und 13 Meter breit. Ein Teil des mittelalterlichen Mauerwerks wurde von den Fenstern bis zu 20 Metern Höhe eingegliedert. Zwei Architekten werden in den Quellen angeführt: Baccio Pontelli und Giovannino de Dolci. Die architektonische Struktur entspricht der des Tempels von Jerusalem, so wie er im Alten Testament beschrieben wird. Papst Sixtus IV. gab Anweisungen auch, was die innere Ausschmückung der Wände, des Fußbodens, des Geländers aus Marmor und des Chors betrifft. Der Papst hat die größten Maler seiner Zeit – Pietro Perugino, Sandro Botticelli, Domenico Ghirlandaio, Cosimo Rosselli – herangezogen, die seinen Forderungen und denen seiner Theologen in der Ausführung der Malereien zu folgen hatten. Die Wände wurden in drei Ebenen eingeteilt: Unten sind gemalte Drapierungen nach den heraldischen Farben von Sixtus IV. ausgeführt. In der zweiten Ebene werden Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament geschildert. In der oberen Ebene sind die ersten Päpste der Kirchengeschichte dargestellt. Das Gewölbe bildet eine Synthese aus Architektur, Bildhauerei und Malerei im Sinne des theologischen Denkens der Renaissance.

Hauptanziehungspunkt: Michelangelos Fresken

Nach dem Konzept von Papst Sixtus IV. sollte vom Gewölbe bis zum Fußboden eine organische Einheit geschaffen werden. Michelangelo, der mit der Ausmalung des Gewölbes vertraglich beauftragt wurde, stand vor Beginn der Arbeiten vor einigen Problemen, die besonderen Lösungsansätzen bedurften.

Das erste war das Gerüst, das einen speziellen Zuschnitt erforderte, um die liturgischen und zeremoniellen Ereignisse während der Dauer seiner Arbeiten zu ermöglichen. Dann musste ausreichend Tageslicht einfallen, damit der Meister vom Gerüst aus malen konnte. Außerdem musste genügend Raum zwischen Gerüst und Decke eingeplant werden, um aufrecht an den Deckenszenen arbeiten zu können. Dass Michelangelo am Rücken liegend gemalt habe, ist laut neueren Forschungen nicht bestätigt, eher vermutet man, dass er einen Teil seiner Kunstwerke stehend mit nach hinten geneigtem Kopf geschaffen habe. Ob er Mitarbeiter hatte und wie diese ihm behilflich waren, steht ebenfalls nicht fest.

Ein weiteres Problem stellten die gelegentlich auftauchenden Risse in der Decke dar, was auf die Beschaffenheit des Bodens und die unregelmäßigen Fundamente zurückzuführen war. Michelangelo, der etwas überrascht war, als man ihn mit der Ausmalung beauftragte, da er sich eher als Bildhauer und weniger als Maler verstand, musste einige Fresken erneut überarbeiten, um die Sprünge zu überdecken. Auch ist noch nicht bewiesen, ob einige architektonische Elemente, wie die Lünetten und Segel, die die Verbindung zwischen Gewölbe und Wänden herstellen, von ihm geschaffen wurden. Zu Beginn der Arbeiten erstellte er Entwurfsskizzen, dann fertigte er Kartons an. Die zu bemalenden Flächen wurden mit einer besonderen Mörtelmischung aus Kalk und Puzzolanen vorbehandelt. Die Darstellungen, denen er Namen gab wie die Sintflut, die Schöpfung Evas oder Adams, die Erschaffung der Sonne, des Mondes und der Pflanzen, das Jüngste Gericht, sind beeindruckend und einzigartig in der bildenden Kunst.

Wiederholte Restaurierungsarbeiten

Mehrere Schäden entstanden an der Kapelle durch Erdrutsche, ausgelöst vor allem durch die Grabungen an dem in unmittelbarer Nähe errichteten Petersdom. Das Gewölbe der Sixtinischen Kapelle war aber nicht direkt betroffen. Doch gelegentlich eindringendes Regenwasser verursachte Schäden, so dass der Historiker Paolo Giovio in der Mitte des 16. Jahrhunderts darauf aufmerksam machte, dass „das Gewölbe von Salpeter und Rissen zerfressen wird“. Restaurierungsarbeiten fanden nur im 18. und 19. Jahrhundert statt, um die Farben zu beleben. Die diesbezüglich letzten Restaurierungen, um die ursprünglichen Farbschichten wieder herzustellen, begannen in den 60er Jahren des 20. Jh. Es war eine schwierige Aufgabe, da die Fresken von Michelangelo einer genauen maltechnischen Analyse unterzogen werden mussten. Zwischen 1980 und 1989 sowie 1990 und 1994 konnten dann die endgültigen Restaurierungen am „Jüngsten Gericht“ vorgenommen werden. Fremdstoffe, die die Farben verdunkelten, wurden dabei entfernt.

Im Rahmen einer von Papst Johannes Paul II. zelebrierten Messe in der Sixtinischen Kapelle wurde am 8. April 1994 der Abschluss der Restaurierungsarbeiten gefeiert. Somit können seither wieder die von Michelangelo verwendeten Farbtöne bewundert werden.

Die „Capella Sistina“ ist Teil der Vatikanischen Museen und somit des einzigen Museums der Welt, das einen eigenen Staat bildet. Farbige Führungslinien - A violett (90 Min.), B beige (3 Stunden), C grün (3,5 Stunden) und D gelb (5 Stunden) bieten Orientierung bei der Auswahl des Rundgangs. Am Eingang warten Museumsführer, die gegen eine Gebühr durch die Sammlungen führen. Auch gibt es die Möglichkeit, per Internet Eintrittskarten vorzubestellen, um nicht in den langen Warteschlangen zu stehen, oder um mit Museumsführern feste Absprachen für Führungen zu treffen. Natürlich nicht für alle Museen, denn dafür benötigt man Tage. Das „Museo Chiaramonti“ umfasst alleine rund 1000 antike Bildwerke und Porträtbüsten römischer Kaiser. Im Ägyptischen Museum sind Sarkophage und Mumien um 3000 v. Chr. zu sehen. Das Etruskische Museum, die Galerie der Wandteppiche, die der Landkartenfresken, die Zimmerflucht der Stanzen des Raffael, die Pinakothek, die Sammlung von päpstlichen Staatskarossen, Fahnen, Uniformen, Waffen der Vatikantruppen und vieles mehr sind in den Vatikanmuseen zu bestaunen. Auch nach mehreren Besuchen bleibt man jedes Mal mit einzigartigen Erinnerungen zurück, doch alles zu besichtigen ist ein Ding der Unmöglichkeit.