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Wird das Reschitzaer Gewerkschaftskulturhaus doch noch Rat- und Kulturhaus?

In früheren Jahren gehörte die Reschitzaer deutsche Operettengruppe unter Oskar Ferch zu den Stammensembles des Gewerkschaftskulturhauses, und auch die Teilnehmer der ersten Trachtenfeste nach der Wende boten auf der Bühne – im Hintergrund der Bühnenaufbau im „Theaterflügel“ des Gewerkschaftskulturhauses – Vorstellungen, während im kleinen Aufführungs- und Tagungssaal noch vor der Wende unter professionell misstrauischer Beobachtung des für die Deutschen zuständigen Securitate-Majors Murdeală der Kultur- und Erwachsenenbildungsverein „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ gegründet wurde. Heute, seit auch das Reschitzaer Staatstheater (gegenwärtig: Theater des Westens) ausgezogen ist, gibt es nur noch gelegentlich eine Ausstellung im Riesengebäude, das von vielen Untermietern genutzt wird. | Foto: Zoltán Pázmány

Es gibt in Reschitza (mindestens) zwei emblematische Gebäude, die an den Namen des im Raum Detta geborenen Baumeisters Johann Frombach gebunden sind: Das Museum des Banater Montangebiets, ein Projekt des aus Bukarest stammenden Architekten Șerban Antonescu (der nach der Wende für kurze Zeit auch Bürgermeister von Reschitza war), das Johann Frombach in den 1970er Jahren (als letztes Projekt vor seiner Rente) umgesetzt hat, und das aus den 1950er Jahren stammende Gewerkschaftskulturhaus am Rande der Altstadt und des neuen Verwaltungszentrums. Beide Immobilien sind renovierungsbedürftig.

Wenn dem Museum des Banater Montangebiets, das von Anfang an (das heißt: schon wegen der unter den Spardiktaten des Ceaușescu-Kommunismus erzwungenen Einschränkungen in der Planungsphase) Heizungs- und Kondensprobleme hatte, die von keinerlei Nachbesserungen gelöst wurden, im vergangenen Jahr Finanzierungen zu einer Grundsanierung in Aussicht gestellt wurden, so waren rund ums Gewerkschaftskulturhaus erst mal rund 20 Jahre währende Gerichtsprozesse nötig, um einen Besitzer per endgültigem Gerichtsurteil unanfechtbar zu bestimmen: das Reschitzaer Maschinenbauwerk UCMR.

Denn der Betrieb und die (sparsam ausgeführten) Instandhaltungsarbeiten dieses emblematischen Gebäudes der Gewerkschaften Rumäniens aus den frühen 1950er Jahren wurde in der kommunistischen Zeit, trotz seines Direktbezug zsu den Gewerkschaften, von den beiden Reschitzaer Großwerken, dem Eisenhüttenkombinat CSR und eben dem UCMR, finanziert. Nach deren tiefem wirtschaftlichen Fall nach 1989 und der Privatisierung des Hüttenwerks durch die Russen des Stahlrohrherstellers TMK verzichteten die neuen Besitzer des Hüttenwerks auf Besitzansprüche am Gewerkschaftskulturhaus, während das seit mehr als anderthalb Jahrzehnten sich unter Pleitebedingungen hinschleppende Maschinenbauwerk mit den Nachfolge-Gewerkschaften der Kommunistischen Syndikate um den Besitz der Immobilie prozessierte – bis ein Gericht dem UCMR das Besitzrecht zusprach. 

Jetzt ist das Gewerkschaftskulturhaus wohl in dessen Besitz, doch offensichtlich gehört es nicht zu den Sanierungsprioritäten des Werks, das überschuldet ist und weder aus noch ein weiß. So vergammelt das Vorzeigegebäude der Triumphzeit der „Diktatur der Arbeiterklasse“ langsam, aber sicher, und man sieht von Tag zu Tag klarer das Fehlen auch der kleinsten sanierenden Eingriffe. 

Das weiß und artikulierte wiederholt auch der sehr aktive Bürgermeister von Reschitza, Ioan Popa (PNL), der vor drei Jahren, kaum dass er seine erste Amtszeit angetreten hatte, schon mal hemdsärmelig mit Plänen zur Sanierung des Vorzeigebaus an die Öffentlichkeit getreten war. Diese Pläne versandeten damals, weil die rechtliche Lage des Besitztums noch unklar war, aber auch, weil es in diesem Bereich eine Gesetzeslücke gab. Jetzt, da der Besitz geklärt und die Gesetzeslücke gestopft ist, wurde der Bürgermeister neuerlich aktiv.Am Rande der Stadtratstagung vom 30. März machte Popa seinen Ratsherrn sozusagen Appetit aufs Gewerkschaftskulturhaus: „Für mich, ganz persönlich, ist es eine Dringlichkeit, das Gewerkschaftskulturhaus dem augenblicklichen Verwalter UCMR abzunehmen. Ich war dazu eigens in Bukarest, zu Besuch bei jener Institution, der gegenüber UCMR den höchsten Schuldenberg angehäuft hat. Das ist AAAS, die Agentur zur Verwaltung von Staatsaktiva. Ich habe dort mit den Zuständigen die Möglichkeit einer Schuldenverringerung von UCMR durch Überantwortung des Gewerkschaftskulturhauses an AAAS und die darauffolgende Weitergabe des Gebäudes durch AAAS an die Stadt Reschitza besprochen. Alles ganz konkret und praktisch realisierbar. Für uns, die Stadt, hieße das, das Gewerkschaftskulturhaus unser Eigen zu nennen, ohne es bezahlen zu müssen. UCMR würde seine Verschuldung verringern. Bis im Oktober vergangenen Jahres wäre das unmöglich gewesen. Mit Regierungsbeschluss 200/2020 wurde das aber machbar. Das Gewerkschaftskulturhaus wird gegenwärtig noch auf sechs Millionen Euro geschätzt, mit seinen 11.000 Quadratmetern umbauter Nutzfläche mitten in der Stadt und mit rund 100 Räumlichkeiten. Für uns: Ohne sonstige finanzielle Implikationen, aber mit Schuldenverringerung für UCMR.”

Auf die Frage der Ratsherrn der Stadt, was der Bürgermeister mit diesem verhältnismäßig großen Gebäude anzufangen gedenke, hatte Popa auf Anhieb eine Antwort parat: „Erst mal muss es mit EU-Unterstützung saniert werden. Die Immobilie besteht eigentlich aus zwei Komponenten: Dem Flügel in Richtung Stadtzentrum/Cărășana-Park/Bersau, mit dem Aufführungssaal mit seinen mehr als 700 Plätzen, Umkleidekabinen, Foyers usw., und den U-förmig daran angebauten zahlreichen größeren oder kleineren Räumlichkeiten (einschließlich einem weiteren Saal mit 120 Sitzplätzen und einem geräumigen Ausstellungssaal) und einem sommers ausgezeichnet für Kulturveranstaltungen nutzbaren Innenhof und einem Springbrunnen im florentinischen Stil. In den verbliebenen 95 Räumlichkeiten könnten praktisch sämtliche derzeit über die ganze Stadt verstreute Abteilungen der Stadtverwaltung untergebracht werden. Praktisch würden wir aus dem altehrwürdigen Gewerkschaftskulturhaus ein Kultur- und Rathaus machen. Das käme auf alle Fälle den Bürgern entgegen, die sämtliche Dienstleistungen der Stadt am selben Ort vorfänden. Und zusätzlichen Raum für Kulturveranstaltungen könnten wir auch noch anbieten.“