„Unsere permanente Aufgabe ist für die Zukunft, neue Leute für das Forum zu gewinnen“

ADZ-Gespräch mit Josef Hölzli, Vorsitzender des Regionalforums Nordsiebenbürgen

Der Name von Josef Hölzli, des aktuellen Vorsitzenden des Regionalforums Nordsiebenbürgen, ist im Kreis der deutschen Minderheit in Sathmar/Satu Mare mittlerweile ein Begriff geworden. Der aus Waroli/Seini stammende Diplomingenieur leitet seit ihrer Gründung die Sathmarer Stiftung für Internationale Zusammenarbeit und ist Gründungsmitglied des Deutsch-Rumänischen Wirtschaftsvereins (DRW) der Region Sathmar und der Handwerkskammer in Sathmar. Als Vorstandsmitglied des Deutschen Forums auf Lokal-, Kreis- und Regionalebene und als Vorsitzender des  Kirchengemeinderats der deutschen Gemeinde der Kalvarienkirche in Sathmar engagiert sich Josef Hölzli ehrenamtlich seit Jahrzehnten für die Belange der deutschen Minderheit in Nordsiebenbürgen. Gabriela Rist sprach mit Josef Hölzli über seine vielseitige Arbeit als Vorsitzender des Regionalforums Nordsiebenbürgen.

Sie sind seit einem Jahr Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Nordsiebenbürgen. Wenn Sie nun an diese Zeit zurückdenken, was haben Sie sich vorgenommen und was konnten Sie davon verwirklichen?
2018 wurde ich zum Vorsitzenden des Regionalforums gewählt. Vorher war ich für eine bestimmte Zeitspanne interimistisch tätig und das hat mir eine gewisse Kontinuität verliehen. Ich hab versucht, die Politik meines Vorgängers, Herrn Johann Forstenheizler, den ich sehr schätze, weiterzuführen und dazu noch mehrere Kontakte mit den anderen Regionalforen und auch mit dem Ausland zu knüpfen wie auch die Beziehungen, die wir hatten, zugunsten des Regionalforums Nordsiebenbürgen zu fördern. Gleichzeitig habe ich versucht, auch die Jugendarbeit und die Medienarbeit, die heutzutage für unsere Minderheit sehr wichtig sind, zu fördern. 2019 versuchte ich auch, den Beziehungen zwischen dem Forum und der Landsmannschaft der Sath-marer Schwaben in Deutschland Impulse zu geben. Im Monat Mai nahm ich am Heimattreffen der Sath-marschwaben in Biberach in Deutschland teil. Mit diesen Maßnahmen habe ich versucht, die Tätigkeiten des Forums zu stärken.

Sie sind auch als Direktor der Sathmarer Stiftung für Internationale Zusammenarbeit und als Mitglied im Deutsch-Rumänischen Wirtschaftsverein der Region Sathmar tätig. Zeigen die Unternehmer Interesse für die Tätigkeiten des Forums? Wie kann man sie zum Deutschen Forum heranziehen?
Die Sathmarer Stiftung, die seit fast 30 Jahren tätig ist, fördert die Unternehmer in unseren schwäbischen Ortschaften in der Region Nordsiebenbürgen. Bis jetzt haben wir mit den Unternehmern über 1200 Verträge geschlossen, davon sind sehr viele deutschstämmig, andere gehören ihrem Umfeld an. Bei jeder Gelegenheit versuchen wir, im Kreise der Unternehmer die Tätigkeiten des Forums bekannt zu machen und die Deutschen von hier zu fördern. Sehr viele deutschstämmige Unternehmer sind heute schon erfolgreich, aber gleichzeitig auch die Unternehmer aus dem Umfeld haben schwäbische Angestellte. Das ist wichtig für uns und vielleicht haben wir im Laufe der Zeit als Ergebnis eine abnehmende Auswanderung bewirkt, weil die Leute hier gute Arbeitsplätze bekommen. Viele Unternehmer haben mindestens so gute Ergebnisse erreicht wie ihre Landsleute in Deutschland oder anderswo im Ausland. Über die Stiftung haben wir Leute zusammengebracht, Schwaben und nicht nur, und einige Unternehmer sind bereit, an verschiedenen Veranstaltungen des Forums teilzunehmen und diese auch zu sponsern. Im Vorstand des Deutsch-Rumänischen Wirtschaftsvereins sind über 40 Firmen präsent. Für die deutsche Minderheit in Nordsiebenbürgen habe ich bei ihnen Lobby gemacht. Alle Mitglieder haben die ADZ abonniert, sehr viele schätzen die „Schwabenpost“, die Radiosendung, die Webseite und fast in jeder Sitzung übergebe ich den DRW-Mitgliedern Materialien oder Einladungen für verschiedene Veranstaltungen des Forums.

Jedes Jahr wird vom DRW die Ausstellung „Hergestellt in Sathmar“ organisiert. Die Sathmarer Stiftung und die Sathmarer Handwerkskammer sind sozusagen die Motoren dieser Veranstaltung. Mit welchem Ziel wurde die Ausstellung ins Leben gerufen und inwiefern hat man im Laufe der Zeit diese Ziele erreicht?
Wir organisieren bereits seit fast 10 Jahren die Ausstellung „Hergestellt in Sathmar“. Die Sathmarer Stiftung und die Handwerkskammer sind sehr aktiv in der Organisation und der Durchführung der Veranstaltung. Sie soll der Bevölkerung des Kreises Sathmar zeigen, was die Firmen bei uns produzieren, was die deutschen Unternehmer erreicht haben, welche Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen sie den Arbeitnehmern anbieten und welche Kategorien von Berufen sehr gefragt sind. Für die Jugendlichen sind die Abteilungen der Universitäten aus Arad oder Klausenburg in Sathmar sehr wichtig, denn sie haben hier Chancen, einen gut bezahlten Arbeitsplatz zu finden. Zum Beispiel die Firma Zollner, deren Manager Stefan Leitner Mitglied des Forumsvorstandes ist, hat viele Angestellte, die hier in Sathmar studiert haben, und die Firma Zollner bietet den Jugendlichen Chancen, sich professionell zu entwickeln und gleichzeitig auch ein gutes Einkommen zu haben. Leider sind dieses nur kleine Versuche, die Jugendlichen hier in Sathmar zu behalten, denn viele gehen weg und der Mangel an Fachkräften ist auf allen Ebenen sehr groß. Einen kleinen Beitrag zur Besserung der Lage haben aber vielleicht auch der Wirtschaftsverein und die Ausstellung in diesem Bereich geleistet.

Beteiligt sich das Forum auch am politischen Leben der Kreise Nordsiebenbürgens, in denen auch die deutsche Minderheit lebt, und wenn ja mit welchem Erfolg?
Alle Entscheidungen, Finanzierungen, alle Investitionen werden politisch sehr beeinflusst. Bei uns haben viele DFD-Bürgermeister Verdienste. Jetzt hat das Forum im Kreis Sathmar vier Bürgermeister und sechs Vizebürgermeister. Das ist sehr wichtig für uns und wir möchten weiterhin in diese Richtung arbeiten. Der Druck ist seitens der größten Minderheit auf Kreisebene sehr groß. Sie versucht, unsere Leute heranzuziehen. Ich glaube trotzdem, dass wir bei den nächsten Lokalwahlen im Mai 2020 auf Kreisebene wieder mindestens vier Bürgermeister und viele Ortsräte haben werden, und wir werden versuchen, auf der Lokalebene mit anderen Parteien oder Minderheiten, wenn es gewünscht wird, Wahlbündnisse einzugehen. Wir müssen aber leider die Wahrheit in Betracht ziehen, und zwar dass sehr viele Deutschstämmige hier Ungarisch sprechen, sie wurden magyarisiert und wir müssen auch die Interessen dieser Leute vertreten. Interessant sind die Resultate in Neustadt/Baia Mare. Da haben wir einen stellvertretenden Bürgermeister und die Stadträte des Forums sind sehr ernste und geschätzte Leute in Neustadt. Wir versuchen, auch in Oberwischau mindestens zwei Stadträte zu haben, denn dort sind die Zipser noch sehr stark vertreten. Mindestens 600 Mitglieder hat das Ortsforum in Oberwischau und zurzeit einen Stadtrat.

Sie sind auch Vorsitzender des Kirchengemeinderats der deutschen Gemeinde der Kalvarienkirche in Sathmar. Welche Rolle spielt heutzutage die Kirche im Leben der Sathmarer Schwaben?
Im Leben der Sathmarer Schwaben hat die Kirche eine große Bedeutung, deshalb konnte die Kirche leider die Leute im Laufe der Zeit in Richtung Magyarisierung sehr stark beeinflussen. Heutzutage aber erlaubt uns die Diözese in Sathmar, deutsche Messen zu halten, und hier in Sathmar haben wir als juristische Person die deutsche Pfarrei der Kalvarienkirche. Gleichzeitig haben wir versucht, auch in anderen Ortschaften deutsche Messen einzuführen. In Großkarol, in Bildegg, in Großwardein und in Oberwischau ist uns das gelungen, aber in anderen Ortschaften, wie zum Beispiel in Neustadt und in Petrifeld, ist der Versuch gescheitert. Alle Schwaben sind römisch-katholisch.

Jedes zweite Jahr findet das Treffen aller Sathmarer Schwaben im Kreis Sathmar statt. Wie wichtig sind diese Treffen und wie intensiv beteiligen sich daran die in Deutschland lebenden Sathmarer Schwaben?
Das Schwabentreffen ist die wichtigste Veranstaltung der Sathmarer Schwaben, die jährlich abwechselnd hier im Kreis Sathmar und in Deutschland stattfindet. Am Anfang waren diese Treffen wunderschöne große Veranstaltungen. Im Laufe der Zeit hatten die Lokalforen schöne Initiativen, um in ihren eigenen Ortschaften die Tage der Schwaben einzuführen. Deswegen können wir bereits über mehrere Tage der Schwaben sprechen. Im Juni 2019 fand das Karoler Schwabenfest in Großkarol statt,  in Trestenburg wurde der Tag der Schwaben im Juli veranstaltet und dann feierte man in Bildegg mit großem Erfolg eine ähnliche Veranstaltung. Aber trotzdem möchten wir dieses Schwabentreffen, das 2018 in Kalmandi abgehalten wurde, weiter-hin fortsetzen. Die 30. Auflage des Schwabentreffens wird 2020 stattfinden und wir haben bereits zwei Kandidaten, die dieses veranstalten möchten. Das Interesse ist groß, obwohl das sehr viel Arbeit bedeutet. Die Ortsforen Stanislau und Fienen haben sich bereits angemeldet. Wahrscheinlich wird das Schwabentreffen in der Gemeinde Fienen stattfinden, denn diese feiert 300 Jahre seit der Ansiedlung der Schwaben aus Oberschwaben in Fienen. Im Jahr 2020 kommt eine große Gruppe von Schwaben aus Nürnberg und der Umgebung.

Wie ist die Lage des deutschsprachigen Unterrichts in der Region? Wie kann das Regionalforum Nordsiebenbürgen die deutschen Schulen unterstützen?
Es war eine wunderschöne Überraschung, dass das Johann-Ettinger-Lyzeum in Sathmar auf Kreisebene, was die Ergebnisse der Abiturprüfung anbelangt, wieder auf dem ersten Platz war. Das Forum hat von Anfang an bei der Gründung des Lyzeums einen wichtigen Beitrag geleistet und das Regionalforum Nordsiebenbürgen unterstützt die Familien mit dem Transport der Kinder von verschiedenen Ortschaften zum Lyzeum nach  Sathmar und zur deutschen Schule nach Großkarol. Das Landesforum versucht, im Unterrichtsministerium Lobby zu machen zum Beispiel dafür, dass Lehrbücher in deutscher Sprache gedruckt werden. Wenn es mit der Infrastruktur der Schulen Probleme gibt, wie beispielsweise zurzeit in Großkarol, wo das Kreisschulinspektorat zwei Schulklassen zusammenlegen möchte, versucht unser Abgeordneter Ovidiu Gan] auf allen Ebenen, für uns Lobby zu machen und uns zu helfen. Wir versuchen, für die Schulen Sponsoren zu finden. In diesem Sommer investierte zum Beispiel die Firma PoliPol mehrere Tausend Euro für die Modernisierung des Hofs des Ettinger-Lyzeums.

Im November finden die Präsidentschaftswahlen statt und im nächsten Jahr stehen Kommunalwahlen an. Welche Ratschläge kann man den Sathmarer Schwaben in dieser Hinsicht geben?
Wir sind sehr froh über die Entscheidung von Klaus Johannis, bei den Wahlen als Präsident zu kandidieren. Es ist sehr wichtig für uns und für ganz Rumänien, einen Staatschef zu haben, der die wahre Demokratie fördert und dabei keine Abstriche duldet. Deshalb ist unser Aufruf für die Forumsmitglieder, Johannis als Präsident zu wählen. Für die Kommunalwahlen haben wir schon lange im Vorstand eine politische Kommission gebildet und wir haben angefangen, geeignete Leute als Kandidaten zu suchen. Wir möchten auf allen Ebenen, auch auf Kreisebene, Kandidaten stellen.

Welche Pläne gibt es für die Zukunft? Welche sind die Prioritäten in Ihrer Arbeit?
Für die Zukunft ist strategisch eine permanente Aufgabe, näher an die Leute heranzukommen. Das finde ich sehr wichtig, wie auch neue Leute für das Forum zu gewinnen, denn hier sind sehr viele Deutschstämmige bei uns, aber solche, die bereit sind, aktiv mitzuwirken, sind leider nicht so viele. Wir brauchen Leute, denn wir möchten unsere Minderheit stärken und mein Traum ist seit einigen Jahren eine Klärung: Wer gehört der deutschen und wer der ungarischen Minderheit an. Die Versuchungen sind seitens des Ungarnverbands und der ungarischen Regierung sehr stark. Sie versprechen Familien, die ihre Kinder in die ungarische Schule einschreiben, Unterstützung, oder Personen, deren Eltern deportiert waren, Entschädigungen. Ebenso versprechen sie den Landwirten von verschiedenen Ortschaften nichtrückzahlbare Kredite.
Wir möchten zusammen mit den Vertretern der Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben in Deutschland Materialien sammeln, zwecks Herausgabe mehrerer Bücher, und über wichtige Dokumente möchten wir Mikrofilme anfertigen lassen. Außerdem haben wir angefangen, die Monografien aller schwäbischen Ortschaften zu verfassen und und zu präsentieren. Vielleicht können wir nächstes Jahr ein Buch mit den Monografien aller Ortschaften in Nordsiebenbürgen, wo Deutsche leben, herausgeben. Dies sind die Vorhaben, die wir bis zum Ende 2020 verwirklichen möchten.

Vielen Dank für das Interview!