Verhinderter Start für den Brassovia-Park

USR-Initiative stößt auf Bedenken und Vorbehalte im Kronstädter Stadtrat und beim Umweltministerium

Kronstadt als Großstadt neben dem Brassovia-Naturpark bleibt eine schwer umsetzbare Vision.
Grafik: USR Kronstadt

Im Herbst 2019 konnte, einschließlich durch Straßenproteste, ein umstrittenes Projekt der lokalen Forstregie „Kronstadt“, die dem Bürgermeisteramt unterordnet ist, gestoppt werden. Es handelte sich hauptsächlich um das Anlegen eines 11 Kilometer langen Forstweges „Gorița“ durch die Wälder in der Nachbarschaft Kronstadts, der mit massivem Abholzen (vom Fällen von 8000 Bäumen war die Rede) in Verbindung gebracht wurde. Die Kronstädter Filiale der Union zur Rettung Rumäniens (USR) trat als Wortführer der Zivilgesellschaft bei diesen Protesten auf und übernahm dieses Thema auch im Wahlkampf für den Stadtrat und für ihren Bürgermeisterkandidaten Allen Coliban.

Es war die Geburtsstunde des Brassovia-Projektes, das sich zum Ziel setzte, die Wälder um Kronstadt mit ihrer Pflanzen- und Tierwelt zu einem weiten zusammenhängenden Schutzgebiet zu erklären, damit Initiativen wie das genannte Gori]a-Projekt von Beginn an keine Chancen hätten.

Fachleute wurden herangezogen, unter ihnen bekannte Namen wie Mihai Orleanu, Vorsitzender des Zentrums für Bergökologie (CEM), Florin Stoican (Mitbegründer des Văcărești-Naturparks), Erika Stanciu, ProPark-Stiftung, ehemalige Staatssekretärin im Umweltministerium; ein Fachausschuss zur Gründung des Naturparks wurde ins Leben gerufen; eine eigene Webseite (brassovia.eu) informiert über dieses Vorhaben.

Ein Projekt von vielfältigem Nutzen für Kronstadt

Es soll ein nachhaltiges, auf wissenschaftliche Studien fußendes Projekt sein, das neben Natur- und Umweltschutz und Erhaltung der Biodiversität auch den Kronstädtern und Touristen aktive Erholung und Entspannung bieten wird. Nicht zuletzt sollte dieser Naturpark Kronstadt als grüne Hauptstadt Rumäniens besser bekannt machen.

„Brassovia“ soll auch zum UNESCO-Geopark erklärt werden, was ihm internationale Anerkennung verleiht und zu einer besseren nachhaltigen Entwicklung verhilft. Als Vorbild für den Kronstädter Naturpark wurde immer wieder der deutsche Nationalpark Bayerischer Wald genannt.

Bis zum Naturpark versuchte die USR im Stadtrat Kronstadt „Brassovia“ als Zwischenetappe zum „natürlichen Schutzgebiet von lokalem Interesse“ (ANPIL) zu definieren. Das wäre notwendig gewesen, um als offizielle Stelle Finanzierungen beantragen zu können oder um mit den benachbarten Verwaltungseinheiten (Predeal, Neustadt/Cristian, Siebendörfer/S²cele, Rosenau/Râ{nov) Verträge abschließen zu können, um das Gebiet des Naturparks mit weiteren Waldflächen zu vergrößern.

In der Stadtratssitzung vom 28. Juli des vergangenen Jahres wurde aber ein diesbezüglicher Beschluss knapp abgelehnt (elf Stimmen der USR-Stadträte dafür, zwölf Enthaltungen und eine Gegenstimmen seitens der PNL-PSD-Mehrheit).

Kritische Stellungnahme auch des Staatssekretärs

Entscheidend war dabei wahrscheinlich auch die Stellungnahme des Staatssekretärs im Umweltministerium, der Kronstädter Ionu] Sorin Banciu (PNL), der als Gast dieser Sitzung zugeschaltet wurde. Dieser sprach sich für mehr Transparenz aus, in dem Sinne, dass zum Naturpark-Thema eine öffentliche Debatte unter den Kronstädtern und den Fachleuten notwendig sei.

Er war der Meinung, dass eine weitere Verwaltungsbehörde fürs Waldmanagement neben der lokalen Forstregie „Kronstadt“ unnötig sei und dass die Fachleute von der Forsthochschule der Kronstädter Transilvania-Universität stärker einbezogen werden sollten, wenn es um die Gründung eines Schutzareals gehe. Schlussfolgernd sagte er, er könne sich nicht aussprechen, ob die Gründung des Naturparks Brassovia willkommen sei oder nicht. Dafür reichten ihm die vorgelegten Infos nicht aus. Gegen einen effizienteren und erweiterten Schutz der Kronstädter Wälder sei nichts auszusetzen, der könne aber einfacher und schneller durch forstwirtschaftliche Regelungen erfolgen z.B. zusätzlichen Wäldern eine Schutzfunktion anzuerkennen.

Auch der Umweltminister äußerte sich ablehnend

Ähnliche Argumente, die letztendlich aber nur als eine vorläufige Ablehnung des Brassovia-Projektes gedeutet werden können, waren auch von Umweltminister Tancsos Barna zu hören. Dieser sagte rund einen Monat später auf einer Pressekonferenz in Kronstadt anlässlich der Vorstellung der Landesstrategie für Wälder: „Ich habe nicht genau verstanden, wie dieser Naturpark aussehen soll. Ein Naturpark, so wie er per Gesetz definiert wird, wird kraft eines Gesetzes gegründet. Wir haben diesbezüglich noch keinen Vorschlag erhalten.“

Der Minister erwartet „konkrete Initiativen“ und wollte, wie auch Transilvania-Universitätsrektor Vasile Abrudan, genauer wissen, was zusätzlich geschützt werden sollte. Tancsos Barna schlug vor, die Zielsetzung des Naturpark-Projektes klar zu benennen und hoffte, dass dabei ein gewisses Gleichgewicht gesichert werden könne. Denn: „Wenn ihr strenge Einschränkungen wünscht, bedeutet das, dass dort niemand mehr ungehindert spazieren wird“, warnte der Minister außerdem.

Rund ein Viertel (1836,7 Hektar) der 7830,7 Hektar großen Fläche des vorgeschlagenen Brassovia-Schutzgebietes ist bereits unter Schutz gestellt. Der größte Teil, 953,5 Hektar, sind Wälder des Schulers. Es folgen jene des Hohensteins (404,6 Hektar), des Hangesteins (293,8 Hektar) und der Zinne (206 Hektar, wobei 21 Hektar keine Wälder, sondern steppenartige Wiesen sind). Insgesamt besitzt Kronstadt eine rund 14.000 Hektar große Waldfläche, die von der lokalen Forstregie (RPLP) „Kronstadt“ verwaltet wird.

Coliban spricht von Gesamtvision

Mit dieser Forstregie wird der anfangs genannte Fachausschuss besser zusammenarbeiten müssen. Der Ausschuss, dem drei Stadträte (je einer von PSD, PNL und USR), drei Berater des Bürgermeisters, vier Gründungsmitglieder des Brassovia-Konzepts und drei Fachleute angehören, ließ verlauten, dass die Bemerkungen des Staatssekretärs Banciu zu Kenntnis genommen werden und besprochen bzw. beantwortet und teilweise auch berücksichtigt werden.

Bürgermeister Allen Coliban hatte bereits während der Sitzung unterstrichen, dass es sich nicht lediglich um punktuelle Maßnahmen in Sachen Waldmanagement handle, sondern um eine Gesamtvision, die Bereiche wie Nachhaltigkeit, Tourismus, Forschung, Erziehung, Freizeitgestaltung einschließe.

Erika Stanciu wies darauf hin, dass Kronstadt und den Kronstädtern durch die Gründung von ANPIL Brassovia die Chance geboten sei, Rahmen und Ausgangspunkt einer Debatte zu werden über die Art und Weise, wie eine nachhaltige und naturverbundene Zukunft der Stadt und ihrer Bewohner aussehen könne, wobei das Ergebnis offen bleibe. Diese Chance wurde nicht genutzt. Leider ist dieser Start des Projektes kein Bilderbuchstart gewesen, weil politische Überlegungen, wirtschaftliche Interessen und persönliche Ambitionen, wie erwartet, mit im Spiel waren.