Vermittler orthodoxer Werte im Westen

Ovidius-Universität verleiht Ehrendoktorwürde an Prof. em. Dr. Hermann Pitters

Die Mitglieder der Kommission für die Redaktion und Bewertung der Laudatio: Rektor Sorin Rugină, Theologieprofessor und Erzbischof von Tomis, Teodosie Petrescu, der die Ehrung Prof. Pitters vorgeschlagen hatte, sowie die Mitglieder des Lehrkörpers Gheorghe Anghelescu, Adrian Niculea und Constantin Claudiu Cotan.

Zwei große Persönlichkeiten des interkonfessionellen Dialogs, die sich auch persönlich schätzten: Hermann Pitters und Dumitru Stăniloae Fotos: die Verfasserin

Der Senatsaal der Universität Ovidius in Konstanza füllt sich am 23. Mai bis auf den letzten Sitz. Über den Bildschirm flimmern zwei Gesichter – beide große Persönlichkeiten des interkonfessionellen Dialogs: der evangelische Theologe und emeritierte Kirchengeschichte-Professor Dr. Hermann Pitters, der an der Lucian-Blaga-Universität in Hermannstadt/Sibiu lehrte, und Dumitru Stăniloae (1903-1993), einer der größten Gelehrten der rumänischen Orthodoxie. Dank Pitters, der 1985 die gesamte Dogmatik Stăniloaes in drei Bänden ins Deutsche übersetzte, konnten sich fortan auch evangelische und katholische Theologen im Westen an den Lehren des orthodoxen Theologen und den von ihm erschlossenen Kirchenvätern inspirieren. Damit ging ein enormer Schatz in das internationale Kulturerbe der Kirchen ein, zu dessen Wert trägt auch der mutige Dialog Stăniloaes mit zeitgenössischen Philosophen des Existenzialismus und vor allem mit Heidegger bei.

Auf der Veranstaltung, bei der Pitters für seine besonderen Aktivitäten im Dienst des interchristlichen Dialogs und die Förderung und Erschließung orthodoxer Werte auf internationaler Ebene der Ehrendoktortitel der Ovidius-Universität Konstanza verliehen wird, bekennt der Dekan der Fakultät für orthodoxe Theologie, Bogdan Moise: „Hermann Pitters ist der vielleicht bedeutendste Unterstützer der orthodoxen Theologie und des innovativen Denkens von Dumitru Stăniloae im deutschen Sprachraum.“

Vom Lehrer zum Theologen

Die Laudatio beginnt mit einer Vorstellung des Geehrten: Hermann Dankwart Pitters wurde am 23. Januar 1932 in Schäßburg/Sighişoara als fünftes Kind des evangelischen Pfarrers Samuel Pitters und der Grundschullehrerin Hilde geboren. Nach Schule und Pädagogikstudium in Hermannstadt, wohin die Familie übersiedelt war, kehrte er zunächst als frischgebackener Lehrer nach Schäßburg zurück, studierte dann aber von 1951-1955 evangelische Theologie in Klausenburg/Cluj Napoca. 1955 heiratete er Helga Rehner, der Ehe entstammen drei Söhne: Thomas, Andreas und Johannes. Zwischen 1955 und 1961 wirkte Hermann Pitters als Pfarrer in Zied-Agnetheln/Veşeud-Agnita und vertiefte gleichzeitig seine theologischen Studien. Von 1961 bis 1978 unterrichtete er praktische Theologie an der evangelischen theologischen Fakultät der Universität Klausenburg, wo er sich schließlich zum Professor für Kirchengeschichte habilitierte. Er absolvierte Studienaufenthalte in Straßburg (1970) und Hamburg (1976). Von 1986 bis 1998 fungierte er als Dekan der Fakultät für evangelische Theologie in Hermannstadt, von 1978 bis 2000 leitete er zudem als Chefredakteur die Publikation der evangelischen Landeskirche (EKR) „Kirchliche Blätter“.

„Hermann Pitters hat sich sowohl im In- als auch im Ausland für den interchristlichen Dialog eingesetzt“, so der Laudator Moise. „Er trug auf diese Weise wesentlich zur Erschließung orthodoxer Werte im Westen bei, auch in seiner Funktion als Mitglied der Kommission des Lutherischen Weltbundes für den theologischen Dialog mit den orthodoxen Kirchen (1978-2012) und als Mitglied der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie in Berlin.“
Mehrere Ehrungen kennzeichnen sein Wirken: 2004 erhielt Pitters den rumänischen Orden für kulturelle Verdienste im Rang eines Ritters, 2009 den Titel „Professor Honoris Causa“ der Universität Bukarest, 2012 die Ehrenmedaille der von ihm mitbegründeten Evangelischen Akademie Siebenbürgens (EAS).

Was ihn bewogen hat, sich vom Lehramt der Theologie zuzuwenden, verrät der Geehrte nach der Feier: „Es ging mir eigentlich um die Frage der Erziehung. Die Kirche war eine Möglichkeit, sozial zu arbeiten und die Erziehung in einem etwas anderen Sinne zu praktizieren, als damals in der Zeit des Kommunismus vorgeschrieben war. Das war ein Anlass für mich – dem ich dann auch treu geblieben bin. Ein Stück Freiheit des Denkens.“

Das „Universum“ Stăniloae erschlossen

Die zwölf Bände der Philokalie über die Lehren der sogenannten Alt- und Wüstenväter vom 4. bis 15. Jahrhundert, Stăniloaes Dialog mit Heidegger und anderen zeitgenössischen Philosophen des Existenzialismus, aber auch die Neuinterpretation der Gedankenwelt großer mittelalterlicher Mystiker und früher Theologen – Gregorius Palamas (1296-1359), Symeon der Neue Theologe (949-1022) oder Nikolaos Kabasilas (1319-1391) – waren neu und faszinierend für die evangelischen Gelehrten aus der westlichen Welt. „Es gab wohl mehr Protestanten als Orthodoxe, die Doktorarbeiten über Stăniloae geschrieben haben“, bekennt Erzbischof Teodosie. „Sie wollten ihren theologischen Horizont nicht auf ihre Konfession beschränken. Für sie war Stăniloae ein Stern im Universum der Theologie.“

Pitters erinnert in seiner Rede an die ökumenische Bedeutung Stăniloaes, den er als „eine der stärksten orthodoxen Stimmen“ bezeichnet, in einem Atemzug mit anderen großen Rumänen zu nennen, dem Musiker George Enescu, dem Bildhauer Constantin Brâncuşi, dem Dramatiker Eugen Ionesco, den Philosophen Emil Cioran und Mircea Eliade. Aber auch an persönliche Begegnungen im Rahmen der langjährigen Kooperation: Beeindruckt hatte ihn nicht nur dessen Ausstrahlung, sondern auch die Schärfe seiner Gedanken, die Klarheit seiner Worte. „Der Mensch Stăniloae war außerordentlich bescheiden, zurückhaltend, ein guter Zuhörer, der sich nicht gleich zu Wort meldete – doch wenn, dann konnte er das Wesen einer Sache sehr genau formulieren. Das war eine besondere Gabe, das habe ich an ihm sehr geschätzt.“

Als Pitters an der schwierigen Übersetzung von Stăniloaes Dogmatik arbeitete, besuchte er ihn mehrmals zuhause: „Ich war überrascht von der fast klösterlichen Einfachheit, in der er lebte. Er lebte, was er lehrte!“ Amüsiert gibt er schließlich eine Anekdote zum besten, wie sich der Autor mit feinem Humor über die fertige Übersetzung seiner Dogmatik geäußert hatte: Das Ergebnis sei so gelungen, dass er es nun sogar selbst lieber auf Deutsch lese als im Original!

Nach der Laudatio wendet sich Erzbischof Teodosie direkt an Prof. Pitters: „Sie sind eine Brücke zwischen den Konfessionen und zwischen den Menschen, unabhängig von deren gesellschaftlichem Status. Ich bin stolz, dass Sie jetzt zu unserer Gemeinschaft an der Ovidius-Universität gehören. Wir wollen diesen Dialog kontinuierlich aufrecht erhalten.“