Vieldimensionale Begegnungen

Einblick in die Geschichte der Fluxusbewegung in einer Ausstellung in Hermannstadt

„Das Schweigen“ von Joseph Beuys

Schreibmaschinengedicht von Tomas Schmit

Ein riesengroßer roter Frosch guckt auf kleinem Bildschirm seinen grünen Artgenossen zu. Daneben im Kreuz angelegte Bildschirme, auf denen Videos laufen. Die Fernseher sind umgeben von großen Tüchern, auf denen ein Mann in verschiedenen Kostümen abgebildet ist.

An der Wand ein altes Straßenschild aus der Wooster Street. Outsider in Sachen Fluxus-Bewegung sehen Objekte, die Kunsthistorikerin Dr. Gabriele Knapstein erläutert die Installation: Es ist eine Hommage von Nan June Paik, einer der bedeutendsten Künstler der Fluxusbewegung, an George Maciunas, deren Mitbegründer und Theoretiker, der 1978 verstarb. In der Wooster Street in New York hatte er in der Auffassung, Kunst sei nichts Elitäres, sondern sollte jedermann zugänglich sein, Kunstgegenstände vervielfältigen und verschicken lassen, für die ein paar Dollar zu bezahlen waren.

Auf den Tüchern ist Maciunas in Kostümen abgebildet, die er bei verschiedenen Happenings oder Festivals trug. Neben dem christlichen Kreuz, in dem die von ihm geförderte Videokunst angelegt ist, befindet sich in Anspielung an den Zen-Buddhismus und dessen Glauben an die Reinkarnation, der die Künstler der Fluxusbewegung beeinflusst hat, der Frosch. Als solcher könnte Maciunas wiedergeboren werden.   

Am Samstag, dem 22. Oktober, führte Gabriele Knapstein, die zusammen mit René Block Kuratorin der Ausstellung ist, ein paar Interessierte durch die in der Galerie für zeitgenössische Kunst des Brukenthalmuseums eingerichtete Exposition. Am Nachmittag wiederholte sie die Führung für Studierende an der Klausenburger Kunsthochschule, die eigens dafür nach Hermannstadt gekommen waren.

Fünfzehn Jahre nach Entstehen der Exposition mit dem Titel „Eine lange Geschichte mit vielen Knoten – FLUXUS in Deutschland 1962-1994” kam diese endlich auch nach Rumänien. Sie umfasst Objekte von mittlerweile legendären Künstlern wie Joseph Beuys, John Cage, Robert Filliou, Nam June Paik, Daniel Spoerri oder Wolf Vostell. Die Exposition dokumentiert die wichtigsten Festivals, Konzerte und Happenings der Künstler in Deutschland und stellt somit die Evolution der Fluxusbewegung dar, der radikalsten und experimentellsten Kunstbewegung der sechziger Jahre, die seinerzeit von Kopfschütteln bis Entsetzen ausgelöst hat und heute einen brisanten Schritt in der Kunstentwicklung darstellt.

Für die Fluxusbewegung charakteristisch, so Knapstein, war die Suche nach Aktionsformen. Diese hatte es bei Dada und den Surrealisten gegeben, die aber waren durch den Krieg in Vergessenheit geraten. Ihre Aktionen führten die Künstler bei Festivals auf, deren Organisator George Maciunas war. Der hatte in New York die Avantgarde der späten 50er- Jahre kennengelernt und gefördert. Um Geld zu verdienen, ging er als Grafiker und Designer zu der in Deutschland stationierten US-Army. Maciunas fand und prägte den Namen „Fluxus“, er initiierte und gestaltete die Events.

Das erste große war 1962 in Wiesbaden – wovon Filmaufzeichnungen aber auch das Originalplakat in der Ausstellung zu sehen sind. Die Bewegung umfasste alle Genres der Kunst. Bekannt geworden ist die „Musik“ von John Cage oder das „Moving Theater“ von Nam June Paik, der Aktionen auf die Straße holte. Die Künstler der Fluxusbewegung vermittelten Strukturen, die der Zufall und Alltag mit Inhalten füllte und zum Kunstwerk werden ließ.   
In der Exposition zu sehen sind übereinandergestapelte Filmrollen.

Das Werk von Joseph Beuys, der sich von der Begegnung mit Fluxus beeinflussen ließ, die Bewegung schätzte, sich von ihr aber entfernte, heißt „Das Schweigen“. Es spielt auf John Cages Partitur „Tacet“ und den 1963 von Ingmar Bergmann produzierten Film „Das Schweigen“ an. Beuys hat die Filmrollen galvanisiert und sie dadurch tatsächlich zum Schweigen gebracht.  
Die am 21. Oktober in der Veranstaltung des Brukenthalmuseums, des Deutschen Kulturzentrums und des Instituts für Auslandsbeziehungen eröffnete Ausstellung bleibt bis zum 27. Oktober in Hermannstadt, wonach sie nach Bukarest wandert. In Hermannstadt werden von Mittwoch bis Sonntag Führungen geboten, wozu eine vorherige Anmeldung bei 0369-101.783 notwendig ist.