Vier Postkarten aus den Cinque Terre

Miniurlaub in einer der populärsten Gegenden Italiens

Wandern nach Vernazza

La Spezia

Monterosso

Portovenere

„Zuerst tragt ihr eure Koffer ins Zimmer und danach könnt ihr zum Turm gehen“, meint der Mann an der Rezeption des kleinen Hotels in Pisa, in dem wir gerade eingecheckt haben. Es ist kurz vor ein Uhr in der Nacht. Die Reise verlief nicht ohne Stress, am 7. September wurden wegen eines Streiks der Fluglotsen hunderte Flüge nach Italien gestrichen. Zum Glück nicht unserer. Das Taxi vom Flughafen zum Hotel hat 12 Euro gekostet, was für drei Personen günstiger ist als mit dem Zug zu fahren – eine Karte kostet 5 Euro und außerdem fährt der Zug nur bis zum Bahnhof, danach braucht man gute 20 Minuten zu Fuß bis ins Zentrum. Wir sind müde und sagen dem Mann an der Rezeption, dass wir den Turm am nächsten Vormittag besuchen werden. „Er ist aber um die Ecke. Und das Licht in der Nacht ist so schön!“, meint er. Wir wussten gar nicht, dass wir so nahe am schiefen Turm, der Hauptattraktion von Pisa, ein Zimmer gebucht hatten. Zehn Minuten später stehen wir schon unter dem Turm, der in einem weißen Licht erstrahlt. Wir kennen ihn nur zu gut von den vielen Fotos mit Touristen, die so tun, als ob sie ihn schieben und aufrecht stellen wollen. 

Am nächsten Morgen sieht die Gegend um den Turm komplett anders aus. Hunderte von Menschen tummeln sich auf der Piazza dei Miracoli und fotografieren das wohl bekannteste geneigte Gebäude der Welt. An uns vorbei ziehen Pferdekutschen, Luftballonverkäufer und Teenager auf bunten Scootern. In der Skybar des Opernmuseums genießen wir ein Frühstück mit Bagels und Latte macchiato und erkunden danach die Altstadt. Nach einem halben Tag hat man schon das Wichtigste gesehen. Wir nehmen ein Taxi zum Bahnhof. Ein Zugticket bis La Spezia, dem besten Ausgangspunkt für eine Besichtigung der idyllischen Dörfer von Cinque Terre, unserem eigentlichen Hauptziel, kostet 8 Euro. Die Fahrt dauert knapp eine Stunde. Am frühen Abend sind wir dann im Hafen von La Spezia und sehen uns nach einem Restaurant um.

Leckere Fischgerichte im Hafen von La Spezia 

Dann erblicken wir eine Riesen-Warteschlange vor einem Fischlokal. Und stellen uns an. Wo viele Leute Schlange vor einem Restaurant stehen, muss es etwa Leckeres geben. Unsere Intuition erweist sich als richtig. Das Warten hat sich gelohnt. Jeden Abend gibt es ausschließlich Fisch, der am selben Tag gefangen wurde, in verschiedenen Variationen. Dazu kann man eine Flasche Weißwein aus La Spezia kaufen. Alles zu sehr günstigen Preisen. Mit mehreren Tellern, die mit gegrillten Garnelen, Muscheln und Fischkuchen gefüllt sind, setzen wir uns an einen Tisch mit Meerblick und schauen den Schiffen in der Ferne nach. 

Dann planen wir die nächsten beiden Tage und entscheiden als erstes, am nächsten Tag mit dem Zug nach Monterosso zu fahren. 

Insgesamt zählen fünf Dörfer zu Cinque Terre: Riomaggiore, Manarola, Corniglia, Vernazza und Monterosso. Diese liegen an einem Küstenstreifen, der gerade einmal neun Kilometer lang ist. Davon ist Corniglia das einzige der fünf Dörfer, das keinen direkten Meerzugang besitzt und kann daher auch von den Booten nicht angefahren werden. 

Die Dörfer sind klein, also würde theoretisch auch ein Tag reichen, um sie zu besichtigen. Eine der einfachsten Möglichkeiten, die Region zu erkunden, ist der Cinque-Terre-Zug. Bis nach Monterosso, dem am weitesten von La Spezia entfernt gelegenen Dorf, braucht er knapp 25 Minuten. Pro Stunde fahren mehrere Züge von La Spezia in die fünf Dörfer und das Ticket kostet für jede Zugfahrt auf jedwelcher Strecke vier Euro – also von La Spezia bis Monterosso genauso viel wie zum Beispiel von Riomaggiore bis Manarola, obwohl diese Fahrt nur zwei Minuten dauert. Mit einer Cinque-Terre-Card, die 16 Euro pro Tag kostet, kann man den ganzen Tag zwischen den Dörfern hin und her fahren. 

Baden am Strand von Monterosso 

Monterosso ist das größte der fünf Dörfer und auch das einzige mit einem großen Strand. Wenn wir aus dem Zug aussteigen, liegt er gleich vor uns. Das Meer ist fast wellenlos, das türkisblaue Wasser glitzert in der Sonne und aus den Cafes entlang  der Strandpromenade kommt ein Geruch von frisch gebackenen Croissants. 95 Prozent des Strandes in Monterosso ist privat, das heißt, man muss Liegestühle und Sonnenschirme für 28 Euro pro Tag mieten. Doch es gibt auch einen klitzekleinen Flecken Strand, auf dem man, wenn man Glück hat, Platz für sein Handtuch findet. Wie erwartet herrscht hier das meiste Gedränge. Doch kaum ist man im Wasser, vergisst man den Stress. Es ist perfekt fürs Schwimmen. Dann liegen wir noch eine Weile in der Sonne und holen uns die letzte Bräune dieses Sommers. Zur Abkühlung kaufen wir uns Zitronen-Granita, ein Getränk mit frischer Zitrone und viel Eis. Den Nachmittag verbringen wir dann auf den bunten Straßen von Monterosso, kaufen in einem Souvenirladen kleine Limoncello-Flaschen und Tischdecken mit grünen Fischen und essen Pizza in einem Lokal, das während der Siesta-Zeit offen hat (zwischen 14 und 18 Uhr haben die meisten Restaurants in der Gegend geschlossen). Kurz vor 18 Uhr brechen wir mit vollem Magen auf, um auf einem Wanderweg ins nächste Dorf, Vernazza, zu gelangen. 

Zwischen den Dörfern wandern 

Die Entscheidung, am Abend zu wandern, erweist sich als die beste Idee. Besonders am Anfang, in den ersten 20 Minuten, geht es sehr steil bergauf, was bei Hitze und starker Sonne viel anstrengender wäre. Außerdem können wir auf dem Weg auch den Sonnenuntergang sehen. Der „blaue Wanderweg“, der etwa vier Kilometer lang ist, beginnt zentral in der Altstadt von Monterosso und dauert ungefähr eine Stunde und 40 Minuten. Wenn man jedoch auch die Zwischenstopps für Fotos einplant, sollte man mit zwei Stunden rechnen. Da man viel bergauf gehen muss und manchmal außer Puste gerät, sollte man wenigstens eine Wasserflasche dabeihaben. Wir hatten keine - und haben trotzdem überlebt. Ebenfalls schafften wir den Weg in Sandalen, doch es ist ratsam, festes Schuhwerk anzuziehen. Im letzten Drittel der Strecke wird man dann belohnt: es öffnet sich eine wunderschöne Sicht auf das Dorf Vernazza. Und man muss Schlange stehen, um sich mit der Aussicht fotografieren lassen zu können. Denn hier befinden sich einige der vielen Instagram-Spots in der Gegend. In Vernazza wird es schon dunkel, als wir die Altstadt erreichen. Wir schlendern durch die Gassen und trinken ein Glas Aperol in einer Bar. Bis der Zug um 22 Uhr 30 kommt, mit dem wir zurück nach La Spezia fahren, gehen wir noch fünf oder sechs Mal durch die Altstadt – sie ist so klein, dass man in zwei Minuten vom Bahnhof bis herunter an den winzigen Strand kommt. 

Mit dem Schiff nach Portovenere 

Für den zweiten und letzten „ganzen“ Tag haben wir uns vorgenommen, die Dörfer mit dem Schiff anzufahren. Wir beginnen mit Portovenere, einer wunderschönen Ortschaft, von der man sagt, sie sei das sechste Dorf der Cinque Terre. Die Schiffahrt von La Spezia bis Portovenere dauert eine halbe Stunde. Plötzlich erscheint ein traumhaftes Bild vor unseren Augen: bunte Hochhäuser spiegeln sich im Wasser des Hafens, Felsklippen und steile, mit Wein bepflanzte Hänge stürzen ins Meer. Auf einem Felsen thront die Kirche San Pietro. Wir frühstücken in einem Hafencafe und spazieren anschließend auf den engen Gassen der Altstadt. Hier verbergen die Souvenirläden die schönsten Schätze: Armbänder mit silbernen Fischen und türkisfarbenen Steinen, Sommerkleider aus Seide, bunte Teller – alles von lokalen Künstlern geschaffen. Am anderen Ende der Ortschaft finden wir einen kleinen, aber sehr koketten Strand. 

Am Nachmittag nehmen wir das Schiff und steigen in Riomaggiore aus. In knapp einer Stunde haben wir auch dieses Dorf erkundet. Leider ist der berühmte Wanderweg Via dell’ Amore, der Riomaggiore mit dem nächsten Dorf, Manarola, verbindet, bis 2024 gesperrt. Das ist der Fall bei mehreren Wanderwegen in den Cinque Terre, die wegen des Massentourismus starke Schäden erlitten haben. Mit der kürzesten Zugfahrt, die nur zwei Minuten lang dauert, einem Spaziergang durch die Gassen Manarolas und einem Risotto mit Meeresfrüchten endet unser Ausflug. Corniglia, das einzige der fünf Dörfer, das nicht am Meer liegt, haben wir leider nicht besucht. Doch das ist ein Grund, wieder zu kommen.