„Von bestem englischen Zinn“

180 Jahre seit der Einweihung der Buchholzorgel der Schwarzen Kirche

Der Spieltisch der BuchholzorgelDie Unterschriften des Orgelbauers und die von Nicolae Popp, der die Vergoldung sicherte, sind auf einem weiteren Vertrag, dem vom 21. August 1838, festgehalten.

Auf dem Vertrag zum Bau der Orgel, abgeschlossen am 10. November 1835, ist die Unterschrift von Carl August Buchholz verewigt. Fotos: der Autor

„Wie lange dauert es bis man das Orgelspielen lernt ? Wieviel kostet so ein Instrument ? Wo sind die 3993 Pfeifen? Woher kommt der Wind?“…..und viele andere Fragen schlagen einem entgegen, wenn man oben auf der Empore eine Orgelführung gerade beendet hat.

Nach wie vor ist die Buchholzorgel ein Prestigeobjekt der Gemeinde und ein Magnet für Zuhörer und Musiker gleicher-maßen. Seit 180 Jahren ist sie im Dienst der Gemeinde und ein offenes Tor für die zahlreichen Besucher der Konzerte – ein guter Anlass, um die Geschichte der Orgeln in der Schwarzen Kirche zu beleuchten.

1499 wird für die Schwarze Kirche eine neue Orgel gebaut und mit den Worten „ich habe noch nie etwas so schönes gehört oder gesehen“ beschrieben. (Brief des Kronstädter Valentin Kraus an den Wiener Humanisten Conrad Keltes)
1594 wird von einer neuen Orgel gesprochen, 1664 von einer zweiten (Chor-)Orgel.

Nach dem Stadtbrand 1689 dauert es 4 Jahre, bis der Orgelbauer Vest aus Hermannstadt aus Resten der alten Orgel eine Orgel oberhalb der Gerätekammer (Sakristei) aufbaut. Am 15. Mai 1728 wird zusätzlich ein Orgelpositiv in der Südseite des Chores aufgestellt, welches eine Schenkung seitens des Kürschner Croner darstellt.

Die Vest-Orgel verrichtete ca. 100 Jahre ihren Dienst und wurde im Jahr 1779 von Johann Prause repariert und vergrößert. Hier erfahren wir erstmals Details über die Größe des Instrumentes : „21 klingende Stimmen, Manual, Rückpositiv und Pedal“. Prause kam aus dem Ort Schräbsdorf (neben Breslau) in Preußisch-Schlesien und setzte mit seiner Reparatur Maßstäbe. Die lokalen Gemeinden „behielten“ ihn gleich in der Region und bestellten für fast alle evangelischen Gemeinden des Burzenlandes neue Orgeln. Prause lebte von 1755-1800 und verbrachte seine letzten 21 Jahre hier in Kronstadt. Sein größtes Instrument ist jedoch die Orgel in Bistritz.

Ab 1820 häufen sich die Meldungen, dass die Vest-Prause Orgel von 1693/1779 immer schlechter zu spielen sei und dass man an einen Neubau denken sollte. Das Presbyterium tritt mit dem Wiener Orgelbauer Deutschmann in Verhandlungen, ein intensiver Schriftverkehr ist belegt – das Projekt scheitert jedoch am Mangel an trockenem Holz (welches die Kronstädter aus dem Zeidner Wald hätten schlagen sollen). Weitere Orgelbauer wurden in Erwägung gezogen – die Gebrüder Serassi in Bergamo, der Orgelbauer Focht aus Pest, der Orgelbauer Petrus Schneider aus Kronstadt, Samuel Maetz aus Birthälm. Im Jahr 1834 wohnten Mitglieder des Presbyteriums einer Orgeleinweihung in der Marienkirche in Frankfurt/Oder bei, wo eine neue Buchholzorgel ihren Dienst antrat. Die Kronstädter waren sofort überzeugt und ein Jahr später, am 10. November 1835 unterschrieb Buchholz den Vertrag zur Erbauung einer neuen Orgel in der großen Stadtpfarrkirche zu Kronstadt für den Betrag von 10.224 Thaler. Im Vertrag verpflichtet sich Buchholz  „sämmtliche zu verwendende Materialien, dieselben mögen aus Holz, Zinn, Eisen oder Messing seyn, von der vorzüglichsten Qualität, und was von Zinn zu machen ist, alles vom besten englischen Zinn zu nehmen, die Bildhauerarbeit geschmackvoll nach der Skitze zu machen, echt zu vergolden und das ganze Orgelgehäuse geanitfgarb mit passenden Adern zu staffiren“. Ausserdem erfahren wir, dass er mit 2 Gehilfen aus Berlin kam und insgesamt 70 Zentner (7 Tonnen) Material mitbrachte. Zu der Zeit gab es in der Kirche weder Teppiche, noch den Holzfußboden, noch die Chorempore vor der Orgel. Der ganze Platz (Höhe, Tiefe, Breite) auf der Westseite der Empore wurde genutzt, so dass diese Orgel nicht größer werden hätte können. Es gingen insgesamt 63 klingende Stimmen ein (davon 3 große 32´ Füße), 4 Manuale, Pedal und 3993 Pfeifen. Die größten Pfeifen sind mehr als 9m lang, die kleinsten ca. 2 cm.

Die groß angelegte Balganlage mit 9 Keilbälgen ist immer noch funktionstüchtig, die Orgel wird aber seit 1938 durch einen elektrischen Orgelmotor betrieben. Buchholz stellte dieses Instrument in 3 Jahren her, wobei er durch seine Gehilfen und weiteren Kronstädter Handwerkern Hilfe erfuhr. Während der Zeit 1836-1839 baute er noch etliche andere Orgeln in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, zu denen er reiste, so dass vor allem seine Gehilfen und Schüler hier in Kronstadt arbeiteten.
Die preussischen Gehilfen Pohl und Heinrich Maywald wurden in der Oberen Vorstadt in der ehemaligen Militärausbildungsherberge untergebracht. Unter den Kronstädter Gehilfen ist vor allem der damals 19-jährige Carl Schneider zu nennen, der dann später einer der besten siebenbürgischen Orgelbauer des 19. Jahrhunderts werden sollte. Heinrich Maywald blieb nach 1839 in Kronstadt und baute ebenfalls (wie auch Carl Schneider) im Sinne und im Stile seines Meisters Buchholz. Die Vergoldungen der Orgel übernahm Nicolae Papp (Pop) – der Bruder des Malers Mi{u Popp.

Am 17. April 1839 wurde das Meisterwerk von Buchholz eingeweiht und der Gemeinde übergeben. Es sollte die größte Orgel werden, die Buchholz baute und gleichzeitig die einzige große Orgel von ihm, die unverändert blieb. Zur Einweihung wurde der in Heldsdorf geborene Johann Lucas Hedwig aus Wien zurückgerufen und zum Kantor ernannt. Seine „Kantate zur Einweihung der Orgel“ wurde ebenfalls am 17. April aufgeführt.

Der damalige Organist Petrus Schneider wurde nicht behalten und man suchte nach besseren Organisten aus deutschen Landen. Der erste, der kam war Carl Christian Johann Cloos, der aber nur 2 Jahre blieb. Sein Nachfolger kam aus dem Rheinland und blieb dann 3 Jahrzehnte – Heinrich Mauss. Erst 1887 wurde erneut ein Kronstädter zum Organisten und gleichzeitig Kantor der Schwarzen Kirche – Rudolf Lassel.

Zwischenbericht zu dem Orgelbau in Kronstadt

Der Orgelbau in Kronstadt erlebte durch Johann Prause ab 1779 ein Aufleben – die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und die neuen musikalischen Impulse des Kantors Martin Schneider verhalfen dem Burzenland zu einer Blüte in diesem Bereich. Nach Buchholz blieben seine 2 Schüler Heinrich Maywald und Carl Schneider in Kronstadt und bauten weitere 30 Instrumente in Siebenbürgen. Ihnen folgte der aus Budapest stammende Josef Nagy (aktiv in Kronstadt von 1867-1896), der Lehrer eines weiteren tüchtigen Orgelbauers unserer Stadt Carl Einschenk. Nach seinen Lehrjahren in der Schweiz und Österreich kehrte Carl Einschenk in seine Vaterstadt zurück und arbeitete zwischen 1896 und 1943 im Orgelbau. Sein Sohn Otto übernahm danach den Betrieb und gab ihn 1967 an seinen Neffen Arnulf ab.

Nach dem Krieg und der kommunistischen Zeit erlebte Kronstadt eine Fortführung im Orgelbau durch die Restaurierungen der Hesse-Orgel (1997) und der Buchholzorgel (1998-2001) durch Ferdinand Stemmer und Barbara Dutli aus der Schweiz.
Die beiden gründeten die Honigberger Orgellehrwerkstätte, wo seit dem Jahr 2003 mehr als 35 Instrumente restauriert oder neu gebaut wurden.

Das Schicksal und das Mitwirken von engagierten Personen bewahrte die Buchholz-Orgel in den verstrichenen 180 Jahren vor allerlei Bedrohungen. Rudolf Lassel wollte die Orgel gerne pneumatisieren und dem „modernen“ Hermannstädter Modell der Sauer-Orgel folgen. Dies erfolgte dann im Zuge der finanziellen Schwierigkeiten nicht mehr. Im ersten Weltkrieg konnte man durch Interventionen die Requirierung der Pfeifen aus dem Prospekt verhindern (bei vielen Orgeln wurden diese Zinnpfeifen entfernt um Kugeln zu giessen).

Zur Nutzung der Orgel:
Viele Orgeln haben außer der liturgischen Bedeutung auch eine Ausstrahlung, die von Gemeinden und Städten genutzt wird um Gruppen, Gäste und „VIPs“ zu überraschen und ihnen zu imponieren.
Die großen Kirchen mit mehreren hundert Plätzen wurden so auch zum Orte, wo die Musik Unaussprechliches vor die Menschen brachte.

Rudolf Lassel spielte 1912 auf der Buchholzorgel ein Gedenkkonzert für die Opfer der Titanic, ein paar Jahre später spielte er für Kaiser Wilhelm II. und 1916 für Soldaten, die bei Predeal kämpften.
Feste Orgelkonzerte gibt es in der Schwarzen Kirche seit 1953, als Victor Bickerich die Anzahl der Orgelführungen bündeln wollte und eine feste Uhrzeit für ein täglich stattfindendes Orgelkonzert angeboten hat. Inzwischen finden diese Konzerte an jedem Dienstag im Juni und September und an jedem Dienstag, Donnerstag und Samstag im Juli und August statt. Wir freuen uns über jeden Zuhörer!