Von Kunst, die heilt

ADZ-Gespräch mit Konzeptkünstlerin Dana Fabini

Dana Fabini präsentierte ihre Projekte dem Berliner Publikum im Rumänischen Kulturinstitut. Foto: Aida Ivan

Dana Fabini lebt in Rumänien und Deutschland. Nach dem Studium an der Universität für Kunst und Design in Klausenburg promovierte sie an derselben Uni in visuellen Künsten, an der sie zwischen 1990 und 2006 als Dozentin tätig war. Seit 2007 arbeitet Fabini als freiberufliche Künstlerin und Kunstdozentin und hat unterschiedliche Projekte in verschiedenen europäischen Ländern durchgeführt. Vor Kurzem sprach sie im Rumänischen Kulturinstitut Berlin (RKI) über ihre Arbeit. Im Rahmen der Präsentation beim RKI erzählte die Künstlerin über das Konzept „Bibliotheca Diotima“ und die Plattform „Dialog in Agora“ und brachte Beispiele aus ihrem künstlerischen Werk und ihrer langjährigen interkulturellen Projektarbeit. Über ihre Projekte und deren Wirkung sprach Dana Fabini mit Aida Ivan.

Frau Fabini, welche Rolle spielt die Kunst in Ihrem Leben?

Ich habe sehr früh angefangen, mich für Kunst zu interessieren. Ich habe das Kunstgymnasium in Klausenburg und später die Kunstakademie besucht. Seitdem ich 14 war, ist mein ganzes Leben von Kunst geprägt. Nach dem Studium war ich 16 Jahre lang Dozentin an der Kunstakademie in Klausenburg, heute Universität für Kunst und Design. Nach der Auswanderung nach Deutschland habe ich weiter an der Uni zu Köln und unterschiedlichen Institutionen unterrichtet.

Wann sind Sie ausgewandert?

Im Jahre 2000, aber ich würde das nicht so radikal „Auswanderung“ nennen, denn ich bin immer zwischen Rumänien und Deutschland gependelt. Als Freiberufliche bin ich in der letzten Zeit durch ganz Europa unterwegs.

Sie haben mit Keramik angefangen und später mit Grafik, Malerei, Performance weitergemacht.

Ich habe immer wieder auch Texte geschrieben. Ich habe unterschiedliche Techniken zwischen Text und Bild ausprobiert. Keramik habe ich mit Text kombiniert, es war für mich nie eine Priorität, eine bestimmte Technik  zu vertiefen, sondern ein Konzept.

Sie haben unter anderem auch mit multimedialer, visueller Kunst und Poesie experimentiert?

Ja. Ich habe immer mit Text gearbeitet. Es gab immer diese Idee, wie könnte ich Text und Bild besser kombinieren. Nachdem ich die klassischen Techniken ausprobiert habe, habe ich auch zeitgenössische Techniken ausprobiert – multimediale Technik, wo man Stimme, Performance, eigene Texte, Bild benutzt. Zum Beispiel bei einer Performance, die gefilmt wird, mache ich eine Soundaufnahme in einem Studio oder ich arbeite klassisch mit Malerei oder mit handgeschriebenen Texten und dann kombiniere ich sie oder bearbeite sie am Computer und dann wird ein Video oder eine Videoanimation daraus.

Welches Konzept steht hinter Ihrem Projekt „Bibliotheca Diotima“?

Das Buch war mir immer wichtig. Ich lese sehr gerne Bücher. Die ersten Katharsiserlebnisse habe ich beim Lesen gehabt. Die Idee der Bibliothek war für mich immer faszinierend. Dadurch kam auch diese Idee der Bibliothek, denn bei mir sind die Bilder nicht fest. Die Texte und die Bilder ändern sich. Es waren immer Sachen, die sich wiederholen, Sachen, die ich über Jahre bearbeite. Meine Arbeit ist eher prozessorientiert als produktorientiert.

Es geht also um eine lebendige Bibliothek?

Ja, und wenn man Bibliothek sagt, muss man nicht unbedingt an Bücher als Kunstwerke von mir denken, sondern unterschiedliche Techniken – Textbilder, Videos oder Performances, auch das gehört heutzutage zu einer Bibliothek.

Eine Art Sammlung?

Ja, es sind die Lebenserfahrungen, die ich gemacht habe und die ich durch meine künstlerische Arbeit geäußert habe, oder Formen der Gestaltung, die ich gefunden habe.

Und worum geht es bei der Plattform „Dialog in Agora“?

Das ist durch meine interkulturelle Arbeit folgerichtig entstanden. Ich bin oft unterwegs und ich finde es sehr schön, die Merkmale einer Kultur zu recherchieren und zu vergleichen. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es? Wenn ich ein Gedicht schreibe, dann schreibe ich das auf Rumänisch und auf Deutsch. Diese Sprachen beherrsche ich besser als andere. Ich versuche, eine Form zu finden, die begrenzt ist, um visuell festzustellen, wie das Gedicht auf Rumänisch und auf Deutsch in diesem Rahmen funktioniert. Ich bewege mich sozusagen in einem Reich der Zeichen. Und „Dialog in Agora“ ist ein Beispiel von Interkulturalität, ich habe die Plattform 2016 gegründet. Ich könnte auch sagen, das ist konzeptuelle Arbeit. Es ist gezielt, interaktiv, performativ. Gezielt auf den interkulturellen Austausch. Es ist eine Zusammenarbeit zwischen Künstlern aus Rumänien und aus Deutschland.

Wie viele nehmen daran teil?

Es ist unterschiedlich. Das erste Projekt, 2016 – 2017, war sehr umfangreich – da war eine Gruppe von vier Künstlern aus Köln und aus Klausenburg, meiner Heimatstadt, und ich habe die Verbindung gemacht. Das Thema bringe ich mit, aber es entwickelt sich von selbst und ich bin sehr dankbar  allen, die mich unterstützen. Es ist sehr lebendig. Wir zeigen, was wir in unserem Atelier selbst produzieren.

Das zweite Projekt, das ich letztes Jahr angefangen habe, hat das Thema Kosmopolitismus. Das sehe ich nicht unbedingt nur zwischen Deutschland und Rumänien. Dabei sind Leute, die ich einlade, über ihre Erfahrung zu sprechen. Es sind zum Beispiel Menschen, die in Paris, Toronto oder Vanuatu gelebt haben. Dabei geht es um die Frage, wie sieht unsere Welt heutzutage aus? Was passiert mit der Kunst?

Und dieses Projekt dauert bis 2020?

Ja. Und am Ende gibt es jedes Mal eine Dokumentation, Kataloge mit Beiträgen von allen, die mitgemacht haben – Künstler oder Kunsttheoretiker und andere Partner. Es gibt auch kurze Filme, Essays, Videos, die die Atmosphäre zeigen. Jeder der kommt, hat eine spezifische kreative Haltung und bringt eine eigene Form der Gestaltung. Ich habe zum Beispiel einen Künstler aus Köln eingeladen, der ein deutsches Staubarchiv gegründet hat. Er sammelt Staub aus der ganzen Welt. Auch diese Plattform ist prozessorientiert, nicht produktorientiert. Jeder bringt die eigene Haltung ein und etwas entwickelt sich daraus. Es ist ein Dialog, so wie zwischen Musikern in einem Orchester.

Was inspiriert Sie?

Die rumänische Kultur und Siebenbürgen, weil Siebenbürgen ein multikulturelles Gebiet ist und ich kenne das schon aus der Familie. Meine Urgroßmutter sprach Deutsch, Ungarisch, Rumänisch. Dann bin ich, als Rumänin, mit einem Sachsen verheiratet, und dadurch habe ich auch Deutsch gelernt. Meine Heimat inspiriert mich, diese multikulturelle Atmosphäre, in der ich aufgewachsen bin, die Vielfältigkeit. Und auch Psychologie, ich war interessiert an Kunsttherapie. Ich habe dazu beigetragen, dass dieser Bereich auch in Rumänien entwickelt wird. Ich habe eigentlich zu diesem Thema promoviert – künstlerische Kreativität verbunden mit Kunst und Kunsttherapie. Ich wollte wissen, wie Kunst heilen kann. Denn Kunst heilt, durch Katharsis oder durch die Erlebnisse, die man hat. Die Möglichkeit, über das eigene Leben zu reflektieren. Selbstwahrnehmung, Selbstreflektion, das ist mir wichtig.

Hat Kunst Sie geheilt?

Ja. Es gab Phasen in meinem Leben, die nicht einfach waren. Das war die Kraft in mir. Deshalb hatte ich Interesse an Kunsttherapie, nachdem ich lange Zeit krank war. Dadurch habe ich Formen oder Übungen entdeckt, die mir selbst geholfen haben. Ich spreche nicht von Kunst, die man verkauft, sondern von sozialer Kunst oder von Möglichkeiten, die Kunst im Sozialen anzuwenden.