Von Plänen, Tatsachen und Wunschvorhaben

Der Kronstädter Bürgermeister George Scripcaru hat die Wahlkampagne schon begonnen

Von der Zinne zeigt sich Kronstadt als attraktive Stadt, doch kurz vor den Lokalwahlen werben die Kandidaten fantasiereich mit weiteren Zukunftsprojekten. Foto: die Verfasserin

Für Journalisten gilt der Sommer gewöhnlich als „tote“ Zeit, deswegen gibt es auch weniger Themen, über die man berichten kann. Doch dieses Jahr sorgt die Coronavirus-Pandemie für Schlagzeilen – auch in Kronstadt/Brașov, landesweit an dritter Stelle, was die Infektionen mit Covid 19 betrifft. Aber auch das Kronstädter Bürgermeisteramt bringt fast täglich neue Informationen an die Öffentlichkeit. Es geht um eine Vielzahl von Projekten, die entweder soeben beendet wurden, gerade durchgeführt werden oder geplant sind. Das müsste für unsere Branche erfreulich sein, da man sich den Kopf nicht zerbrechen muss, worüber man schreiben soll. Allerdings wird es mittlerweile, zumindest für mich, ermüdend über so viele Erfolge und über so viele futuristische Pläne der Lokalbehörden zu lesen und gegebenenfalls zu schreiben. Natürlich ist es klar, dass wir kurz vor den Kommunalwahlen stehen und dass sich die zukünftigen Kandidaten von der beste Seite zeigen wollen – in diesem Fall geht es um den seit 16 Jahren amtierenden Bürgermeister George Scripcaru (auf dem Papier unabhängig) – aber es fällt auf, dass sich die Anzahl der guten Taten und Vorsätze für diese Stadt und deren Bürger ausgerechnet jetzt anhäuft.

Selbstverständlich ist die Entwicklung der Stadt auch bislang sichtbar gewesen, Kronstadt ist gepflegt, seine Schönheit wird klar zur Geltung gebracht, Elektro-, ja sogar Schulbusse wurden eingeführt, es gibt öffentlichen Nahverkehr zu Ortschaften in der Metropolregion, Bildungseinrichtungen werden modernisiert, die Nachtbeleuchtung verschönert die Stadt, die Lebensqualität ist gut usw. Aber dass die Reparaturen an gleich drei Kinos, die seit Jahren verfallen waren, in den letzten Wochen fertiggestellt wurden – das Astra-Kino an der Postwiese, das ehemalige Modern-Kino auf dem Grivi]ei-Boulevard, das als Kulturzentrum für Kinder gedacht ist, sowie das Popular-Kino in der Klostergasse/Str. Mureșenilor, scheint kein Zufall zu sein. Die „Brassai“-Piazetta, die die Allee hinter der Graft mit der Klostergasse und dem Marktplatz verbindet, wurde ebenfalls vor Kurzem eingeweiht. Spielplätze wurden für drei Millionen Lei neu ausgestattet, die Allgemeinschule Nr. 19 wurde modernisiert, die Obere Vorstadt/Schei bekommt eine neue Kanalisation, die Fußgängerzone im Ragadotal erhält einen musikalischen Springbrunnen usw.

Auch ältere Versprechen, wie beispielsweise ein Regionalkrankenhaus, Autobahnen, der Flughafen, oder auch ein Mehrzwecksaal mit mehr als 10.000 Plätzen, sollen nun doch in Erfüllung gehen – den Vorhaben wurde finanzielle Unterstützung vom Staat zugesprochen. Die Lokalräte haben in der Vollversammlung vom 30. Juni entschieden, dass die Schüler wieder den öffentlichen Verkehr kostenlos benutzen dürfen, wo diese Kostenlosigkeit doch erst im vergangenen Schuljahr abgeschafft wurde. Heizzentralen, die, wie die Kinos, seit über einem Jahrzehnt dem Verfall überlassen sind, sollen saniert und unterschiedlichen Institutionen wie dem Roten Kreuz, dem Freiwilligendienst für Notsituationen, der Direktion für Sozialassistenz zur Nutzung übergeben werden. Ein riesiger Park (17,5 Hektar) soll auf der ehemaligen Rulmentul-Plattform entstehen, sogar ein neues Viertel, mit einem Freizeitzentrum, Sportanlagen, Unterhaltungspark, einer Schule, Kindergarten, einem Ausstellungsraum, einem Museum.

Und die Stadt soll weiterhin gedeihen. Am letzten Wochenende veröffentlichte das Bürgermeisteramt auf seiner Internetseite die Liste mit den 15 Projekten, für die es einen Antrag für nicht rückzahlbare EU-Finanzierung für 2021-2027 stellen wird. Diese Wunschliste stellt, laut Bürgermeister Scripcaru, die Fortsetzung des 2011 begonnenen Konzepts zur Entwicklung der Stadt vor – manche der Ideen sind aus den Vorjahren wieder aufgenommen worden – man kann, als Bürger, nur hoffen, dass sie tatsächlich irgendwann auch umgesetzt werden. 32 Projekte wurden in den letzten 16 Jahren, unter seinem Amt, in dieser Weise finanziert.

Kurz gefasst: Kronstadt soll umweltfreundlicher, sozialer und besser vernetzt werden und näher an seine Bürger rücken. Das soll unter anderem durch ökologische Wiederherstellung und durch das Schaffen von neuen Grünflächen, sogar auf Dächern von Wohnblocks (urban farming) geschehen. Dabei verliert Kronstadt immer mehr Grünflächen, die dem massiven Bau, sogar auf den Hügeln und Hängen der Stadt, nahe am Stadtzentrum, zum Opfer fallen. Stadterneuerung und Stadtmöbel in neuen Fußgängerzonen sollen auch der Ökologisierung dienen. Ebenso versprechen die neuen Projekte die Umgestaltung der unbenutzten und degradierten Flächen. Auch nachhaltiger Transport ist vorgesehen in dieser von Autos überfüllten Stadt, wo die Straßen ständig ausgeweitet werden. Fahrradwege und zahlreiche Verleihstellen für Elektrofahrräder und E-Roller sollen das Anwenden von umweltfreundlichen Transportmitteln sichern, Schienennahverkehr soll das städtische Transportsystem mit weniger entwickelten Gebieten der Metropolregion verbinden. Auch sind unter- und oberirdische Passagen für Autos, Fußgänger und Radfahrer geplant. Darauf warten wir seit Jahren, um uns in Sicherheit mit Rad oder Roller in der Stadt fortzubewegen und weniger Abgase einzuatmen. Mal sehen, ob es diesmal klappt… Nötig wäre auch ein relevantes Konzept, das dann auch umgesetzt werden soll, bezüglich der Müllentsorgung, die Kronstadt immer wieder Probleme bereitet.

Die Digitalisierung und innovative Technologie soll für öffentliche Dienste eingeführt werden, die Straßenbeleuchtung soll intelligent und anpassungsfähig geschehen, eine City Card soll den Zugang zum öffentlichen Lokaltransport, zu alternativen Transportmitteln, zu öffentlichen Parkplätzen, sowie zu touristischen Sehenswürdigkeiten bieten. Auch das Managementsystem der öffentlichen Parkplätze (15.000 Parkplätze) soll intelligent werden und den Autofahrern das Finden eines Parkplatzes erleichtern. Auch Projekte im Bereich Smart City stehen auf dem Papier.

Durch den Bau, Wiederaufbau und die Verbesserung von Autobahnen und Nationalstraßen soll die Zinnenstadt besser vernetzt werden, sozialer soll es durch die Entwicklung der Infrastruktur für Erziehung und Bildung von Kindern und Erwachsenen werden. Genau genommen sieht letzteres Projekt den Bau von Krippen, eines Kindergartens und einer Schule im sich stark entwickelnden Tractorul-Viertel vor. Dass Bildung auch durch Kultur erfolgt, haben die Projektmanager leider aus dem Auge verloren. Das ist nicht verwunderlich, zumal das Interesse der Lokalbehörden für Kultur nur mäßig ist. Dieses Jahr wurde die sowieso kleine Finanzierung für den Kulturbereich gänzlich gestrichen. Auch der Bau des langersehnten und für den Kreis vitalen Regionalkrankenhauses gehört zu den 15 Projekten. „Ein Europa, das näher an seine Bürger rückt“ – in diesem Bereich verfolgen die Projekte den Schutz, die Entwicklung und Förderung der öffentlichen touristischen Sehenswürdigkeiten, des natürlichen Erbes und des Ökotourismus oder auch die Sicherheit öffentlicher Plätze. Für den Honterushof, den Marktplatz, die Festungsmauern sind Erhaltung oder Konsolidierung sowie Schutz vorgesehen, wie bei weiteren Gebäuden, Monumenten und Kulturgütern im historischen Stadtzentrum.

Auch an das Skigebiet und den Kabeltransport in der Schulerau/Poiana Brașov wurde gedacht: Dieses soll erweitert werden, eine weitere Seilbahn mit Gondeln zu je acht Plätzen soll erbaut werden, der künstliche See auf dem Schuler/Postăvarul soll mit einem Alternativsystem für Wasserversorgung ausgestattet werden, im Bergkurort sollen 500 neue Parkplätze für PKWs und zehn für Busse errichtet werden. Die Pläne sind unter brasovcity.ro einzusehen.

Wenn all diese tollen Vorhaben umgesetzt werden würden – was erfahrungsgemäß wenig möglich ist – wird George Scripcaru wohl keine Kritiker mehr haben und niemanden mehr einladen, aus Kronstadt wegzuziehen, wenn es ihm in der Stadt unter der Zinne nicht gefällt, so wie er es auf einer Lokalratssitzung im Monat Februar dieses Jahres getan hat.