Wanderstiefel schnüren, Drahtesel satteln!

Von Bayern bis zur Ostsee: Deutschland wirbt besonders jetzt für naturnahen und sicheren Tourismus

Aufregend, aber sicher ist diese Etappe des Altmühltal-Panoramawegs.

Ostküsten-Radweg: Sonne im Gesicht, Wind im Haar und der salzige Duft des Meeres vertreiben den Alltagsstress und düstere Pandemie-Gedanken ganz schnell.

Berlin: 66 Seen gemütlich auf dem Flachland erwandern.

Weinberge säumen hier den Burgenwanderweg Flämig.

Bodensee-Königssee-Radfernweg: Blick auf Schloss Neuschwanstein Fotos: germany.travel/wanderlust

Corona hat alles verändert. Wie ein Sturm ist der Virus durch alle Sparten der Wirtschaft gefegt, hat langfristige Pläne über den Haufen geworfen. Die größten Schäden hat er in den Bereichen Tourismus und Gastronomie hinterlassen. „Doch in jeder Krise liegt eine Chance“, erinnert der deutsche Botschafter Cord Meier-Klodt auf der jährlichen Pressekonferenz der deutschen Tourismusorganisation DZT am 19. Oktober, die diesmal leider nur online stattfinden konnte. Jetzt sei Flexibilität angesagt: „Der Gewinner ist derjenige, der das Beste daraus macht und die Lektionen am schnellsten lernt.“ Statt wie geplant Beethoven – denn das bedeutet Spektakel und volle Konzertsäle - stehen nun Natur und Nachhaltigkeit als Leitmotiv der Tourismuswerbung für Deutschland, erklärt DZT-Marketingdirektor Cristian Sallai. Ein zukunftsorientierter, nachhaltiger Tourismus, der den Trend zur Reduzierung des Kohlenstoff-Fußabdrucks wegen des Klimawandels unterstreicht. 

„Tourismus bedeutet mehr als nur nette Reisen. Tourismus hat eine große Wirkung auf das Image und den Ruf eines Landes“, setzt der Botschafter fort. Das Image als Destination für naturnahes, nachhaltiges Reisen hat sich Deutschland mit 130 geschützten Naturlandschaften, 16 Nationalparks, 16 UNESCO-Biosphäre-Reservaten und 104 Naturparks, ein Drittel des Landes ist Waldfläche, durchaus verdient. Entdecken kann man diese auf 200.000 Kilometern markierten Wanderwegen und über 200 Radwegen mit einer Gesamtlänge von 70.000 Kilometern.  Viele Wege reichen über die Landesgrenzen hinaus: „Am Berlin-Kopenhagen-Radweg kann man ganz ohne Karte, nur anhand der Schilder, entlang des großen Flusses fahren - ein phantastisches Erlebnis“, schwärmt Meier-Klodt. 

„Wanderlust“ und „Feelgood“

Zwei einprägsame Kampagnen, „Wanderlust“ und „Feelgood“, sollen nun etwas von dem retten, was Corona angerichtet hat: Nach zehn Jahren konsekutivem Wachstum der Übernachtungszahlen in Deutschland - 2019 waren es 89,9 Millionen ausländische Besucher, im Jahr davor 87,7 Millionen, die Prognosen für 2020 waren exzellent - kam der Einbruch im März 2020 mit einem Minus von 59,9 Prozent. Was tun? Wie reagieren? Diese Frage stellte sich für die zentrale Tourismusorganisation. Schon während des Lockdowns im Frühling wurde beschlossen, Tourismus nicht totzuschweigen, auch wenn man gerade nicht reisen könne. So entstand die Kampagne „Discover Germany from Home“ (entdecke Deutschland von zuhause aus), mit einem zum Träumen verleitenden Kurzfilm, der auch auf Social Media verbreitet wurde. Ein Sehnsuchtsmacher! Als sich die Lage dann etwas entspannte, kam die Kampagne „Dreams become Reality; Germany awaits you“ (Träume werden Wirklichkeit, Deutschland erwartet dich) zum Einsatz, mit einem Kurzfilm, der wieder Lust zum Reisen machen sollte. Darin werden mit der epidemiologischen Lage gut zu vereinbarende Aktivitäten wie Wandern und Radfahren in der Natur beworben. In den verschiedenen Risikozonen wurde entweder noch der eine oder schon der andere Film gezeigt, die Kampagne gestaltete sich flexibel, erklärt Sallai. Im Vordergrund steht Nachhaltigkeit, Sicherheit und eine hohe Qualität als Gastgeber. Aber auch der Zugang zu den Angeboten für Menschen mit besonderen Bedürfnissen wird immer wieder herausgestrichen. 

Eine neue Erlebnis-Philosophie

„Wanderlust“ bedeutet nicht nur, einfach Berge erklettern oder auf Schusters Rappen reisen. Dahinter steckt eine ganze Erlebnis-Philosophie: Tree-Top-Wege, wo man sich auf Höhe der Baumkronen fortbewegt, vermitteln Abenteuerlust und ungewöhnliche Perspektiven.  Kulinarische Touren verlocken auch zu leiblichem Wohl. Weinstraßen mit über 80.000 lokalen Produzenten versprechen lukullische Genüsse. Campingfans finden ein reichhaltiges Angebot an gut ausgestatteten Anlagen, Radlern stehen 5800 speziell auf ihre Bedürfnisse angepasste Bed&Bike-Unterkünfte zur Verfügung. Die „Feelgood“ Kampagne bewirbt gezielt als nachhaltig zertifizierte Unterkünfte und Gastronomiebetriebe, um die 3000 gibt es landesweit (www.germany.travel/feelgood). Prinzipien sind eine raffinierte und verantwortungsbewusste Küche mit außergewöhnlichen Gerichten aus frischen, lokalen Zutaten, die Nutzung erneuerbarer Energien und faire Arbeitsbedingungen. „Feelgood“ lässt Anbieter wie Gäste mit einem guten Gefühl zurück.

Auf www.germany.travel/wanderlust kann man sich zu Zielen inspirieren lassen und über konkrete Routen informieren. Ein Link verweist auch auf Einreisebedingungen und die epidemiologische Lage in den verschiedenen Regionen, die sich natürlich ständig ändern kann. Der Menüpunkt „Wandern“ stellt sechs ausgedehnte Wanderparadiese in verschiedenen Regionen Deutschlands vor, „Radfahren“ bietet neun Touren nah am Wasser: Neben dem  Königssee-Bodensee-Radweg strampelt man wahlweise durch das Ruhrtal oder entlang der Flüsse Donau, Mosel, Elbe, Main, Weser und Rhein oder  die Ostseeküste entlang. Die ausgewiesenen Rad- und Wan-derparadiese umfassen hunderte Kilometer, die auch in einzelnen Etappen bewältigt werden können – Angebote für einen kleinen Ausflug oder einen ganzen Urlaub, für jedes sportliche Niveau. 

Appetithäppchen...

Sandige Wege und Seen rings um Berlin:
Wer die Hauptstadt besucht und auf Naturgenuss nicht verzichten will, kann einen City-Break mit einer Wanderung auf sandigen, flachen Wegen auf einer der 17 Etappen des über 400 Kilometer langen „66-Seen-Wegs“ verbinden. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man ihn vom Stadtzentrum aus in einer knappen Stunde. Der Rundweg durch Auwälder, Wiesen und Seenlandschaft zählt zu den attraktivsten Flachwanderwegen des Landes. Als Sehenswürdigkeiten locken Schloss Sanssouci, Schloss Cecilienhof und das „kleine“ Brandenburger Tor.

Durch Kiefernwälder und an leuchtend gelben Rapsfeldern vorbei führt der Burgenwanderweg Flämig im Westen von Berlin. Auf sandigen Wegen und Heidelandschaft quert man die Lebensräume von Biber, Uhu und Mittelspecht und kommt an vier Festungen vorbei. In der Burg Eisenhardt in Bad Belzig kann man wie Burgfräulein und Ritter übernachten. Craftbier-Freunde finden im Burgbräuhaus ein probierenswertes Angebot an drei Craftbieren, saisonal auch Starkbier, Whiskey-Bier und Champagner-Bier, wie ein begeisterter Blogger empfiehlt. Der nur eine Stunde von Berlin entfernte 147 Kilometer lange Weg ist in acht Etappen aufgeteilt.

Alpenzauber und Märchenschlösser:
Der Altmühltal-Panoramaweg führt auf 200 Kilometern in 15 Etappen von Gunzenhausen nach Kehlheim. Dutzende Panorama-Ausblicke und der Do-naudurchbruch mit Blick auf Schloss Weltenburg verliehen ihm seinen Namen. Auch für Genußwanderer geeignet, bietet er Wälder und Wacholderheiden, Trockenrasenhänge, auf denen sich Schmetterlinge tummeln, in einem Steinbruch darf man nach Fossilien suchen.

Ein wenig sportlich sollte man für den Bodensee-Königssee-Radfernweg sein: Auf 418 Kilometern überwindet er 3310 Höhenmeter. Für die Anstrengung entschädigt der Anblick des durchgehenden Alpenpano-ramas und die Märchenschlösser von König Ludwig II., Neuschwanstein und Hohenschwangau. Die Tour beginnt in Lindau und führt durch das Allgäu, den Pfaffenwinkel, die Zugspitzregion, das Tölzer Land, vorbei an Tegernsee und Chiemsee bis in Berchtesgadener Land. 

Inseln, Dünen und bizarre Klippen:
Auf überwiegend ruhigen Landstraßen, vorbei an weißen Stränden und Steilklippen fährt man am Ostküsten-Radweg von Flensburg bis zur Insel Usedom. Auf dem Weg liegen schmucke Badeorte und die Hansestädte Wismar und Stralsund, Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Im Frühling und im Herbst begleiten einen dort riesige Kranichschwärme. Die Insel Rügen mit ihren weltberühmten Kreidefelsen darf man sich nicht entgehen lassen. Der Radweg führt am wildromantischen Kap Arkona vorbei und um die ganze Insel herum.  Auf den letzten Kilometern geht es übers Festland auf die Insel Usedom mit ihren eleganten Kaiserbädern. 

Lust bekommen auf Deutschland, mal ganz anders? Dann heißt es: Wanderstiefel  schnüren, Drahtesel satteln – es gibt noch viel mehr zu entdecken!