Was passiert mit den Kronstädter Katakomben?

Das neue New-Media-Museum wurde bereits wieder geschlossen

Das große Potential der Gegend an der Graft wird immer noch nicht genutzt. | Foto: Ralf Sudrigian

Als „Katakomben“ bezeichnen die Kronstädter die alten Luftschutzbunker, die im Jahr 1944 angelegt wurden. Vor ein paar Jahrzehnten dienten sie als Zufluchtsort während der Luftangriffe der Alliierten im Zweiten Weltkrieg. Um leichter erreichbar zu sein, wurde auch ein Durchgang in der Stadtmauer, in unmittelbarer Nähe der Graftbastei angelegt. Dieser ist heute mit einer Blechtüre verschlossen. In den sechziger Jahren wurde der Tunnel erweitert und ausgebaut. Vor den Eingang wurde ein Wärterhaus gebaut, das heute mit Graffiti vollbekritzelt ist. Im Inneren befand sich ein Kommunikationszentrum für Notfälle. Später wurde die Anlage überflüssig. Viele Kronstädter haben die ehemaligen Bunker als Kinder mit Taschenlampe und Seil erforscht und hier „Verstecken“ gespielt. Anfang der 2000er Jahre haben die Lokalbehörden beschlossen, alle Eingänge zu den Tunnels mit Gittern zu verschließen. Ein Eingang blieb jedoch offen, Obdachlose suchten in den Katakomben Schutz vor Kälte und Regen. Schon länger gab es die Idee, in den unterirdischen Räumen Führungen anzubieten oder sie als Veranstaltungsraum oder Museum für die alternative Kulturszene zu nutzen.

Seit zwei Monaten ist der Eingang in die Kronstädter Katakomben wieder verschlossen. Zu Sommeranfang hatten sich Kultur- und Kunstliebhaber noch gefreut, dass das riesige Potential der Katakomben endlich von den Kronstädter Behörden erkannt wurde. Im Juni hatte der Kulturverein Amural, der auch das Festival mit gleichem Namen organisiert, das erste Museum für digitale Kunst in Rumänien im unterirdischen Labyrinth an der Graft eingerichtet – das BUM (Bra{ov Underground Museum).

Die von den Kronstädtern als Luftschutzbunker im Zweiten Weltkrieg verwendeten Galerien wurden in Ausstellungsräume umgewandelt, aber nur wenige Monate lang konnten Kronstädter und Touristen New-Media-Werke im neuesten Museum der Stadt besichtigen. Denn Anfang September wurde im Kronstädter Stadtrat beschlossen, das Museum endgültig zu schließen, nachdem ein PSD-Lokalrat reklamierte, dass dieses illegal betrieben würde. 

Großer Besuchererfolg im Sommer 

Die Galerien an der Graft waren jahrelang verwahrlost. Es gab in den vergangenen Jahren mehrere Vorschläge, um sie neu zu beleben, unter anderen gab es die Idee, diese Räumlichkeiten vielleicht auch als Museum des antikommunistischen Widerstands in Kronstadt und Umgebung einzurichten. Das Tunnel-Netzwerk wurde anschließend in mehreren Etappen von dem vielen Müll, der sich über die Zeit angesammelt hatte, gereinigt. 

Im Frühjahr 2021 erfolgte eine historische Untersuchung dieser ehemaligen Bunker, parallel zu den Umgestaltungsarbeiten, die vom Bürgermeisteramt finanziert wurden. Das neue Museum sollte Teil eines größeren Projektes sein, das Amural in Zusammenarbeit mit dem Kronstädter Bürgermeisteramt in dieser Gegend der Stadt umsetzen will. Es heißt „Kulturpark an der Graft“ und verfolgt das Ziel, den Wald oberhalb der nördlichen Stadtmauer samt Schwarzen und Weißen Turm sowie Graftbastei als Natur- und Kulturpark touristisch besser zur Geltung zu bringen. 

Das Museum wurde als erste Sehenswürdigkeit im Kulturpark an der Graft im Juni 2021 eröffnet und erfreute sich großer Beliebtheit. Den ganzen Sommer lang herrschte Hochbetrieb bei den Katakomben. Touristen aus dem In- und Ausland standen Schlange, um das einzigartige Museum zu besuchen. Kulturmagazine berichteten darüber. Doch trotz des Erfolgs wurde im Stadtrat entschieden, die Kunstgalerie für New Media zu schließen. 

Wurde das Museum illegal betrieben? 

Laut PSD-Lokalrat Lucian Pătrașcu sei das Museum zwei Monate lang illegal betrieben worden. Pătrașcu meinte, er wundere sich, dass die Vizebürgermeisterin Flavia Boghiu Werbung für ein „illegales Museum“ betreibe. Diese meint dagegen: „Es gibt einen Finanzierungsantrag, der im September 2020 von Amural und der Verwaltung des Nationalen Kulturfonds (AFCN) unterzeichnet wurde. Dieser Antrag sieht vor, dass das Projekt Brașov Underground Museum in den Katakomben betrieben wird. Ebenfalls gibt es ein Gesuch, dass der Verein Amural an das Kronstädter Bürgermeisteramt in dieser Hinsicht gestellt hat. Und dazu gibt es noch einen von Experten verfassten Bewertungsbericht, was die Katakomben betrifft. Aus diesem geht hervor, dass diese Räume am besten als Ausstellungsräume genutzt werden können. Es ist für uns eine Chance, Partner dieser Initiative zu werden, die unserer Stadt ein so gutes Image gebracht hat.“ 

Laut Pătrașcu hat jedoch der Verein Amural zwei Monate lang illegal Eintrittsgeld von den Besuchern kassiert, obwohl er keine Genehmigung seitens des Bürgermeisteramtes erhalten hatte, das Museum in den Katakomben einzurichten. „Niemand weiß, wie der Verein Amural in die Katakomben eingedrungen ist. Es gibt keine Baugenehmigung für die Arbeiten, die hier errichtet wurden. Es gibt kein Gutachten seitens der Kulturdirektion oder vom Katastrophenschutz (ISU). Es gibt überhaupt keine legale Basis, auf welcher der Verein in den Katakomben tätig war. Niemand kann sagen, wer diesen Leuten die Schlüssel gegeben hat. Und Sie meinen, dass es eine Chance für Kronstadt ist, die Partnerschaft mit diesem Verein weiterzuführen?“, erwiderte darauf der PSD-Lokalrat. 

Sebastian Rusu hingegen, der andere Vizebürgermeister, meint, dass er nichts von diesem Projekt wusste. „Ich kenne keine Details, was dieses Projekt betrifft. Meine Kollegin Flavia Boghiu ist dafür zuständig. Ich weiß nicht, wie der Verein hineingekommen ist. Von uns, der Behörde für Verwaltung des Kulturerbes, haben sie keine Schlüssel bekommen“, meinte Rusu. Das Projekt des Museums wurde anschließend in der Lokalratsitzung mit zehn Stimmen dafür, fünf dagegen und acht Enthaltungen abgelehnt. Dabei galten die Enthaltungen als Stimmen dagegen. 

Wer trägt die Verantwortung? 

Was passiert nun aber mit den unterirdischen Galerien? Es ist klar, dass die PSD-Lokalräte etwas gegen das Museum hatten und sich systematisch gegen neue Initiativen sträuben. Doch die Verantwortung liegt auch bei denjenigen, die es versäumt haben, die bürokratischen Hürden zu meistern, damit die Einrichtung 100-prozentig legal betrieben werden kann. Falls im Museum etwa ein Unfall passiert wäre (denn dauernd stoßen beispielsweise die Besucher mit den Köpfen an die Wände und es gab die Gefahr, auf den nassen Steinen auszurutschen), wer wäre dafür zuständig gewesen? 

Ebenfalls gab es keine Eintrittskarten, das Geld (20 Lei) musste man per Revolut-App einer Privatperson überweisen. Die Initiative, ein New Media-Museum zu eröffnen, ist lobenswert und bringt Farbe in das eher monotone Kulturleben Kronstadts. Doch erwartet man mehr Professionalität von den Behörden, die helfen wollen. Man kann nur hoffen, dass die ehrgeizigen Projekte des Amural-Vereins fortgeführt werden und dass die Katakomben und die Gegend um die Graft mit ihren Türmen und Basteien wirklich genutzt wird, wie es in einer europäischen Stadt der Fall sein sollte.