Weinfest feiert 30 Jahre deutsch-rumänische Freundschaft

Der Leiter der Wirtschaftsabteilung der Deutschen Botschaft Ahmed Bekov blickt auf die verschiedenen Wirtschaftsregionen Rumäniens.
Fotos: Pressemitteilung DWS

Die Vertreterinnen und Vertreter der acht regionalen deutschsprachigen Wirtschaftsklubs während des Austauschs mit der Wirtschaftsabteilung

Die Tanzgruppe des Hermannstädter Forums schwingt das Tanzbein.

„In Zeiten, in denen Europa und mitunter gleich die ganze Welt aus den Fugen zu geraten scheinen, sind dies wertvolle, deutsch-rumänische Zeichen für Mut, für Zuversicht, für Resilienz und damit für Hoffnung!

Der Deutsche Wirtschaftsklub Siebenbürgen (DWS) organisierte sein schon zur Tradition gewordenes Weinfest am vergangenen Samstag unter dem Motto „30 Jahre deutsch-rumänische Freundschaft und Partnerschaft“ im Hermannstädter „Begegnungs- und Kulturzentrum Friedrich Teutsch“. Schon am frühen Samstagnachmittag trafen sich auf Initiative der Wirtschaftsabteilung der Deutschen Botschaft die zum Weinfest angereisten Vertreter der acht regionalen deutschsprachigen Wirtschaftsklubs zu informellem Austausch über regionale Themen. Wie auch im vergangenem Jahr wählte der Vorstand des DWS das Programm und den Veranstaltungsort so, dass Kinder und Erwachsene gleichermaßen angesprochen wurden und unabhängig vom Wetter gefeiert werden konnte. Im Hof des Teutschhauses war ein Zelt aufgebaut, um den Besuchern im Falle eines Regenschauers einen gemütlichen Rückzugsort für den wirtschaftspolitischen und kulturellen Austausch zu bieten. Für Kinder waren Spielmöglichkeiten im Hof und in der Erasmus Bibliothek vorbereitet worden.

„Wir sind Teil einer Zeitenwende“

Die am frühen Abend geplante Veranstaltung wurde vom Vorstandsvorsitzenden des DWS, Herrn Wolfgang Köber, mit einem Grußwort an die zahlreichen Gäste und einem Rückblick auf die Arbeit des Hermannstädter Wirtschaftsklubs eröffnet. Ihm folgte die Konsulin des deutschen Konsulats in Hermannstadt, Kerstin Ursula Jahn, mit einem Rückblick auf die erfolgreichen 30 Jahre deutsch-rumänischer freundschaftlicher Partnerschaft im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich.

Die Konsulin wies auf die Probleme einer globalisierten Welt mit ihren fragilen Lieferketten hin, die in Krisenzeiten schnell zu Versorgungsengpässen führen können und eine Rückkehr zu regionalen Lieferketten und regionaler Zusammenarbeit nicht nur in der Produktion, sondern auch in der Forschung und Entwicklung erforderlich machen. „Wir alle sind unversehens Teil einer Zeitenwende, stehen vor Ungewissem, was die Energiesicherheit angeht“, erklärte Frau Jahn und wies am Ende auf die Notwendigkeit hin, „miteinander auf das Hier und Jetzt zu schauen und miteinander einen Ausblick auf das Wohin zu wagen!“

Ahmed Bekov, der Leiter der Wirtschaftsabteilung der deutschen Botschaft in Bukarest, wies in seinen Ausführungen auf die regional unterschiedliche Entwicklung in Rumänien hin, die das Land zweiteilt, getrennt durch die Berge der Karpaten. Im Altreich war die wirtschaftliche Entwicklung, außer in der Region um die Hauptstadt Bukarest, moderat, während sich Transsylvanien zu einer wichtigen und gefragten europäischen Wirtschaftsregion entwickelte.

Frau Ioana Leca, Verwaltungsleiterin im Hermannstädter Rathaus, übermittelte anschließend Grußworte der Hermannstädter Bürgermeisterin Astrid Fodor. Die Erfolgsgeschichten, die die Vertreter großer rumänischer Unternehmen aus dem Bereich der Automobilzulieferer dem gespannten Publikum erzählten, rundeten den offiziellen Teil der Veranstaltung ab.

Gemütlicher Teil mit Tanz und Wein

Die Tanzgruppe des Hermannstädter Forums leitete mit ihren professionellen Darbietungen zum gemütlichen Teil des Abends über, der von den angebotenen köstlichen Speisen und Getränken eingerahmt wurde. Bis spät in die Nacht lockte die Band „The Notes“ die Gäste und auch zahlreiche Kinder aufs Tanzparkett. Abgeschlossen wurde der offizielle Teil der Veranstaltung mit der Versteigerung von Gemälden zu Gunsten des Kinderhospizes „Dr. Carl Wolff“.

Eine große Attraktion war die Fotoausstellung mit historischen Bildern, die das Leben der sächsischen Minderheit in der Vergangenheit dokumentierten. Die angebotenen Weine, die mehrere Winzer aus der Region vorstellten, sowie das Freibier der Brauerei Sadu waren aber natürlich die eigentlichen Stars des Weinfestes.

Informelles Gespräch mit Wirtschaftsabteilung

Am frühen Nachmittag vor der Eröffnung des Weinfestes, hatten sich die Vertreter der regionalen Wirtschaftsklubs zu einem informellen Gespräch mit der Wirtschaftsabteilung der Botschaft getroffen.

Herr Bekov, auf dessen Initiative ein Symposion der regionalen Wirtschaftsklubs am Rande des Weinfestes abgestimmt wurde,  eröffnete gemeinsam mit seiner Kollegin Frau Jahn die Gesprächsrunde mit herzlichen Grußworten, in denen er unter anderem auf die wichtige Rolle der regionalen Wirtschaftsklubs in Rumänien hinwies: Die Mitglieder der regionalen deutschsprachigen Wirtschaftsklubs sind oft kleine und mittelgroße Unternehmen, die am Puls der Realwirtschaft unter anderem mit Produktionsbetrieben, Reparaturwerkstätten oder auch Pflegeeinrichtungen Menschen bedienen und die Arbeit von Menschen organisieren. Sie kennen ihre Kunden und Mitarbeiter mit ihren Sorgen und Hoffnungen. In den folgenden Berichten aus den Regionen wurden bald folgende Probleme identifiziert und eingeordnet:

Die unkalkulierbare Energieversorgung der Unternehmen. Gut ist es, dass die Unternehmen Fördermittel für die Installation von Anlagen für  Solarenergie beantragen konnten, die hoffentlich bald aufgebaut werden können. Mit diesen Installationen zur elektrischen Energiegewinnung kann ein Teil der erforderlichen elektrischen Energie im Unternehmen hergestellt werden, die jedoch bei den meisten Produktionsbetrieben bei weitem nicht ausreicht.

Ein wichtiges Thema war auch die rumänisch-ungarische Grenze und Logistikprobleme. Die Grenzübergänge für den Straßenverkehr werden seitens Ungarns oft für mehrere Stunden geschlossen. Das führt zur zeitlichen Unkalkulierbarkeit von Transportzeiten der Waren, aber auch für Planungsunsicherheit von Geschäfts- oder Dienstreisen. Ein klarer Wettbewerbsnachteil rumänischer Unternehmen in der EU. Herr Bekov sicherte zu, das Thema mit seinen ungarischen Kollegen in Budapest und aus der Region zu besprechen, um Lösungen zu finden.
Auch wurde beklagt, dass es immer weniger Berufskraftfahrer gibt. Dies scheint nach Meinung einiger Symposionsteilnehmer nicht nur an den Regulierungen und der Bürokratie in der Berufskraftfahrerausbildung zu liegen, sondern auch an unzweckmäßigen und realitätsfernen Regelungen von Fahrzeiten, die oft wegen mangelndem Parkplatzangebot nicht eingehalten werden können.

Auch der jahrzehntelange Dauerbrenner Fachkräftemangel und die notwendige duale Ausbildung waren heiß diskutiert.

Dabei wurde auf viele Verbesserungen in der Zusammenarbeit mit verschiedenen staatlichen Institutionen im Ausbildungsbereich hingewiesen. Die Wirtschaftsklubs werden weiter an diesem Thema arbeiten. Es kam auch der Wunsch auf, die gemeinsame weitere Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsklubs und auch der deutsch-rumänischen Außenhandelskammer wieder in den Fokus zu rücken, die in den letzten Jahren mit ihren Coronamaßnahmen etwas an Fahrt verloren hat.

Meinungen der Gäste und Teilnehmer

Die am Abend des Weinfestes stattfindenden Gespräche zwischen den Gästen zeigten eine uneinheitliche Meinung zur Kriegs- und Energiepolitik Deutschlands, die viele Vertreter kleiner und mittelgroßer Unternehmen kritisierten, da sie, nach Meinung vieler Gäste, ganz Europa schade.

Anders als globale Großunternehmen müssen kleine und mittelgroße Unternehmen selbst für die Mitarbeiter und ihr Unternehmen für Krisenzeiten vorsorgen. Sie kommen kaum oder nur schwer an die staatlichen Hilfsumlagen in Krisenzeiten. Sie müssen im Gegenteil oft für die mit wenig Eigenkapital und Rücklagen ausgestatteten globalen Großunternehmen verteilten  Finanzierungen von sogenannten Hilfsumlagen, wie z. B.  Kurzarbeitergeld oder Gasumlagen bezahlen, was sie gerade jetzt an die Grenze der Insolvenz drückt.