Wettbewerbsrechtliche Aspekte bei Beteiligung von Konsortien an öffentlichen Vergabeverfahren in Rumänien

Das rumänische Parlament hat bereits 2016 ein Gesetzespaket genehmigt, das im Bereich der öffentlichen Vergabe die folgenden drei EU-Richtlinien umgesetzt:

  • 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe;
  • 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe;
  • 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung.

Im Kontext dieser Rechtsnormen sowie wegen „High-profile“-Strafrechtsermittlungen im Zusammenhang mit öffentlichen Vergabeverfahren hat der rumänische Wettbewerbsrat (nachfolgend „RWR“) zwei Leitfäden über die Teilnahme von Konsortien an öffentlichen Vergabeverfahren veröffentlicht:

  • Leitfaden über die Einhaltung von Wettbewerbsregeln im Fall der Teilnahme eines Konsortiums an Vergabeverfahren (nachfolgend „der Unternehmerleitfaden“);
  • Leitfaden über die Entdeckung und Eindämmung des unlauteren Wettbewerbs im Rahmen von Vergabeverfahren (nachfolgend „der Behördenleitfaden“).

Die Leitfäden sind sowohl für potentielle Teilnehmer als auch für die Auftraggeber von Bedeutung. Angesichts der künftig in Rumänien zu erwartenden (Groß-) Projekte, v. a. im Bereich Infrastruktur, sind sie nach wie vor sehr aktuell.

Wichtige Informationen für Teilnehmer an Vergabeverfahren

Der Zweck des Unternehmerleitfadens besteht darin, Hinweise für die Einhaltung von wettbewerbsrechtlichen Regelungen durch Konsortien, durch die Unternehmen Angebote im Rahmen von Vergabeverfahren vorlegen, zu geben. Der Leitfaden enthält wichtige Erläuterungen seitens des RWR insbesondere zu folgenden Aspekten:

  • Den Zweck des Konsortiums – hauptsächlich um neuen Marktteilnehmern oder KMU die Teilnahme an Vergabeverfahren durch Zusammenlegung von Ressourcen zu erlauben;
  • Die Teilnahme von Konsortien, die durch im Wettbewerb stehende Unternehmen gegründet sind, an Vergabeverfahren, ist als unproblematisch anzusehen, wenn:
    – kein individueller Teilnehmer bzw. keine „Untergruppe“ des Konsortiums die Bedingungen zur Teilnahme erfüllen kann;
    – der Informationsverkehr zwischen den Mitgliedern des Konsortiums auf die Informationen beschränkt ist, die zur Vorlage des Angebots erforderlich sind;
    – die Mitglieder in allen anderen Aspekten außerhalb der Teilnahme an dem Vergabeverfahren, im Wettbewerb stehende Unternehmen bleiben und sich weiterhin auch so verhalten;
  • Problematische und zu beachtende Aspekte, die wettbewerbsrechtliche Einschränkungen auslösen könnten (unabhängig davon, ob die Konsortiumsmitglieder in Wettbewerb stehen oder nicht);
  • Die vom RWR verwendeten Kriterien zur Feststellung von Konsortialvereinbarungen, die gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen.

Der Leitfaden ist hauptsächlich für Unternehmen gedacht, die sich gemeinsam mit anderen in Form von Konsortien an Vergabeverfahren teilnehmen wollen; trotz alledem sind die darin enthaltenen Richtlinien jedoch auch für Unternehmen von Bedeutung, die als Subunternehmer oder als unterstützende Dritte an solchen Verfahren teilnehmen.

Hinweise für Behörden, die in Vergabeverfahren involviert sind

Der Leitfaden enthält hauptsächlich eine nicht abschließende Auflistung von Kriterien und Situationen, welche die Existenz von Angebotsabsprachen („bid rigging“) vermuten lassen. Diese sind:

  • Geschlossene Angebote (rum. ofertarea închisă) – Komplementärangebote, Angebote aus Gefälligkeit, symbolische Angebote;
  • Zurückhaltung des Angebots durch Anbieter, die normalerweise an dem Verfahren teilnehmen würden, bzw. Rücknahme von bereits vorgelegten Angeboten;
  • Alternativangebote;
  • Vorlage eines gemeinsamen Angebots durch Teilnehmer, die jeweils allein anbieten könnten;
  • Erhebliche Preisunterschiede zwischen dem Angebot des Gewinners und den anderen vorgelegten Angeboten;
  • Ähnliche Schreibfehler, Formatierungen etc. in der vorgelegten Dokumentation;
  • Verwendung von ähnlich formulierten Argumenten bzgl. Preiserhöhungen etc.

Der Leitfaden analysiert weiterhin die Markteigenschaften, die einen unlauteren Wettbewerb begünstigen, und enthält wichtige Richtlinien hinsichtlich der Planung des Vergabeverfahrens durch den Auftraggeber, die zur Vorbeugung von gesetzeswidrigem Verhalten der Unternehmen anzuwenden sind. Darüber hinaus wurde der Leitfaden mit Beispielen aus der Praxis des RWR sowie mit Hinweisen hinsichtlich der Möglichkeit zur Anzeige von Situationen, die gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen, ergänzt.

Fazit

Die Implementierung des europäischen Gesetzespakets im rumänischen Vergaberecht bezweckte v. a. die Beschleunigung und Transparentmachung des Vergabeverfahrens. Diese Aspekte werden in der Praxis z. T. nach wie vor kritisiert. Die vom RWR ausgestellten Leitfäden bezwecken die Unterstützung dieses Systems unter Beachtung der wettbewerbsrechtlichen Regelungen. Wegen der Aktualität des Themas sollten sie allen Teilnehmern am Vergabeverfahren bekannt sein. 


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