Wie Donnerschlag und Sturmgebraus

Vor 100 Jahren wurde der Banater Deutsche Sängerbund gegründet (Teil 1 von 4)

Fahnen des Banater Deutschen Sängerbundes

Zweisprachiger Stempel des Banater Deutschen Sängerbundes

Einladung zum Sängerfest der Obertorontaler Landwirte (1913)

Die Rundschreiben des Banater Deutschen Sängerbundes wurden mehrmals jährlich an die Mitglieder versendet.

Der Sitz der Sängerzeitung befand sich in der Banatia (Temeswar).

Die Geschichte des deutschen Chorgesangs im Banat kann auf eine dreihundertjährige Tradition zurückblicken. Sie gehörte neben der langen Tradition der rumänischen, serbischen, ungarischen, schokatzischen, jüdischen, bulgarischen, kroatischen, tschechischen oder slowakischen Gesangskultur zum reichhaltigen musikalischen Erbe dieses – nach den Worten Wilhelm Kienzls – „von Gott gesegneten Banate“. Ob man sie deutsche Liedertafel oder Gesangverein nannte, als rumänische Corală oder als ungarische Dalárda, Chöre gehörten schon immer zum allgemeinen Kulturgut.

Wie durch die Kolonisierung des Banates vor fast dreihundert Jahren ein Teil der süddeutschen Musikkultur bis an die Schwelle der Porta Orientalis verpflanzt wurde, so floss dieser kulturelle Schatz durch die Auswanderungswelle des 20. Jahrhunderts wieder in das Ursprungsland zurück. Bischof Sebastian Kräuter schrieb 1993: „Es ist deutsches Erbe aus bestem Schrot und Korn, ein Stück Tradition, aus der Urheimat mitgebracht, treu bewahrt und vermehrt, das nun mehr und mehr in sein ursprüngliches Bett zurückfließt.“

Wenn die mitteleuropäische Chorbewegung bereits am Anfang des 19. Jahrhunderts durch die Gründung von Liedertafeln initiiert wurde, konnte im südosteuropäischen Raum dies erst nach den revolutionären Ereignissen der Jahre 1848-49 geschehen. Dies heißt aber nicht, dass es vorher hier keine Chöre gab. Selbst in der Zeit des Absolutismus hatte jede Religion und Konfession ihre eigenen, geschulten Kirchen- oder Kathedralchöre. Außerdem gab es weltliche Chöre, die aber nicht satzungsgemäß organisiert waren. Erst die neuen politischen Voraussetzungen nach dem Jahr 1849 ließen die Gründung von Gesangvereinen nach mitteleuropäischem Muster zu. Eine Vorreiterrolle in diesem Sinne spielte die Chorbewegung in Deutschland und später in Österreich, von wo aus die organisatorische Struktur auch ins Banat importiert wurde. Die ungarischen, rumänischen oder serbischen Gesangvereine schlossen sich dieser Chorbewegung an.

Der Sängerbund der Obertorontaler Landwirte

Obzwar es im Banat gegen Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche deutsche Chöre gab, fehlte es an einem gemeinsamen Bund dieser Gesangvereine. Erst 1909 wurde der Sängerbund der Obertorontaler Landwirte gegründet. Dazu gehörte der „Billeder Sängerbund“, der „Lenauheimer (Tschatader) Männergesangverein“ und der „Gertianoscher Männergesangverein“. Es war dies der erste schwäbische Sängerbund des Banats, dem in den folgenden Jahren noch weitere acht Chöre beitraten. Alljährlich wurde ein gemeinsames Sängerfest abgehalten, bei welchem sich alle elf Gesangvereine beteiligten. Doch dieser musische Aufschwung in den schwäbischen Dörfern des Torontals war nur von kurzer Dauer, denn mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs kam es zu einer Erlahmung des Vereinswesens im Banat.

Die Gründung des Banater Deutschen Sängerbundes 1922

Was 1920, nur kurze Zeit nach der Teilung des Banats, noch nicht gelingen wollte, konnte 1922 verwirklicht werden. Am 27. August 1922 wurde in Perjamosch anlässlich eines Chortreffens der „Bund Banater Deutscher Sänger“ gegründet. Die Idee der Gründung stammte von Lehrer Johann Ruß und Pfarrer Otto Dittrich aus Gertianosch. Die Satzungen dieses Sängerbundes wurden am 18. August 1923 vom Minister des Inneren unter der Nummer 68577 genehmigt; der Verein wurde am 29. April 1927 unter der Nummer 6112/1924/6 vom Temeswarer Gerichtshof als juristische Person anerkannt.

Einer der ersten bedeutenden Auftritte fand 1923 anlässlich der Zweihundertjahrfeier der Ansiedlung der Banater Schwaben mit einem Sängerfest im Temeswarer Fabrikshof statt. Die Chöre gestalteten auch den festlichen Gottesdienst am Domplatz, der vom späteren Bischof Dr. Augustin Pacha zelebriert wurde. Anwesend waren auch über hundert Fahnenabordnungen Banater Chöre, die unter den tausenden Teilnehmern auf den Fotos zu sehen sind.

Auch bei der Einweihung der „Banatia“ am 29. August 1926 bestritt der Sängerbund den gesanglichen Teil und erzielte einen großen Erfolg. Kurze Zeit nach seiner Gründung wurde der „Banater Sängerbund“ wegen seiner kulturellen Bedeutung in den „Volksrat der Deutsch-schwäbischen Volksgemeinschaft“ aufgenommen. Anfangs nannte man diesen Zusammenschluss „Bund Banater Deutscher Sänger“, später wurde der Name „Banater Deutscher Sängerbund“ angenommen.

Man versuchte gleichzeitig gemeinsam mit dem „Siebenbürgisch-Deutschen Sängerbund“ einen Landesverband für Großrumänien zu gründen, der Vertreter des Banats war Dr. Matz Hoffmann. Diese Initiative konnte aber nicht gleich verwirklicht werden und musste wegen der damaligen politischen Verhältnisse unterlassen werden.

Die von Desiderius Jarosy in Temeswar herausgegebene „Banater Musikzeitung“ wurde das Mitteilungsblatt des „Banater Deutschen Sängerbundes“. Es erschien ab 1922 bis etwa 1925. Bereits um 1885 gab der Pianist und Chorleiter Karl Rudolf Karrasz eine „Banater Musikzeitung“ heraus, die aber nur in einigen Exemplaren erscheinen konnte. Der „Banater Deutsche Sängerbund“ gab regelmäßig auch die Sängerzeitung heraus, deren Schriftleiter Hans Eck war. Einige Male im Jahr wurden auch Rundschreiben an die Chöre versandt.

Dass die Zeiten 1922 günstig für die Entwicklung des Gesangswesens waren, beweist die Tatsache, dass nur wenige Tage nach der Gründung des „Banater Deutschen Sängerbundes“ auch der Bund rumänischer Chöre und Blaskapellen des Banats, „Asocia]ia corurilor {i fanfarelor din Banat“, ins Leben gerufen wurde. Dafür setzten sich Iosif Velceanu und der Lugoscher Chordirigent Ioan Vidu ein. Dies bewirkte wieder eine Chorbewegung im ganzen Land.

Für das Motto des „Banater Deutschen Sängerbundes“ entschied man sich für die Verse von Pfarrer Otto Dittrich, die aus den 40 eingesandten Vorschlägen ausgewählt wurden:

„Wie Donnerschlag und Sturmgebraus
Verkünde, deutsches Lied,
Dass Treue fest zu Volk und Stamm
Im Sängerbunde glüht.“

Für die Vertonung dieses Mottos wurde ein Aufruf an die Musiker des Banats, Siebenbürgens, Österreichs und Deutschlands gerichtet und es wurden 110 Kompositionen von 95 Komponisten eingesandt. Die Wahl fiel auf die Komposition von Rudolf Hoffmann, Musikdirektor in Bochum (Westfalen), der auch Bundeschormeister des „Westfälischen Sängerbundes“ war. Nach dem Tod von Pfarrer Otto Dittrich (1927) wurde die Banatia-Stiftung, die sich für den musikalischen Nachwuchs eingesetzt hat, in „Dittrich-Stiftung des Bundes Banater Deutscher Sänger“ umbenannt.

(Fortsetzung nächsten Freitag)