Wie umweltverträglich sind Elektroautos wirklich?

Batterieherstellung wirkt sich maßgeblich auf die Ökobilanz von E-Fahrzeugen aus

Nissan setzt bereits recycelte Batterien (Second-Life-Batterien) aus dem Nissan Leaf für die xStorage-Energiespeichersysteme ein.
Foto: dcbel/www.unsplash.com

Grafik Strommix in Deutschland für die Jahre 2020/21
Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis)

Um die gesteckten Klimaziele zu erreichen, sollen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren so schnell wie möglich aus unserem Alltag verschwinden. Umweltfreundliche Elektrofahrzeuge sollen ihren Platz einnehmen. Doch die Batterie als Herzstück des E-Fahrzeuges muss nach wie vor mit relativ viel Energie- und Rohstoffaufwand produziert werden.

Wer ein batteriebetriebenes Fahrzeug nutzt, produziert praktisch keine lokalen Emissionen und trägt somit zu einer besseren Luftqualität bei, so wird es von E-Auto-Befürwortern propagiert. Aber auch ein Elektromobil belastet die Umwelt indirekt durch seine Produktion. Vor allem die Herstellung der Batterie verbraucht viel Energie und kann zu einem größeren Ausstoß von CO2 führen.

Schwedische Studie sorgte für Kritik

Für Ernüchterung sorgte die bereits im Jahre 2017 von den schwedischen Wissenschaftlerinnen Mia Romare und Lisbeth Dahllöf des Svenska Miljöinstitutet (IVL) veröffentlichte Studie zum Treibhausgasausstoß von Elektroautos. Sie stellte der Ökobilanz bei E-Autos ein relativ schlechtes Zeugnis aus. Der Fokus der Studie lag auf Lithium-Ionen-Batterien, die in E-Autos als Energiespeicher dienen. Im Auftrag des schwedischen Verkehrsministeriums und der Energieagentur sollten die Wissenschaftlerinnen untersuchen, wie stark die Herstellung der Akkus die Umwelt belastet. Die Untersuchung kam zum Ergebnis, dass die Produktion der Batterien für jede Kilowattstunde Speicherkapazität 350 bis 650 Megajoule (umgerechnet 97 bis 180 kWh) an Energie verschlingt und zwischen 150 und 200 Kilogramm CO2 verursacht. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass eine größere Batterie von 100 kWh, wie sie beispielsweise in einem Modell des Tesla S stecken kann, zwischen 15 und 20 Tonnen CO2-Emissionen verursacht hat, bevor das Auto auch nur einen Kilometer gefahren ist. Eine kleinere Batterie von 30 kWh wie im Fall des Modells Nissan Leaf belastet das Klima demnach mit 4,5 bis 6 Tonnen CO2. Die Ergebnisse der Studie wurden zum meist zitierten Argument vieler E-Auto-Skeptiker. Mats-Ola Larsson, ein Kollege der Autorinnen der Studie, hatte auf Basis der oben genannten Zahlen ausgerechnet, dass ein E-Fahrzeug ganze 100.000 Kilometer bzw. acht Jahre komplett emissionsfrei gefahren werden müsste, bevor es klimafreundlicher unterwegs sei als ein durchschnittliches Dieselauto. Für die Berechnung wurden die Emissionen (Mittelwert rund 18 Tonnen CO2) aus der Batterieproduktion mit den Emissionen verglichen, die ein durchschnittlicher Verbrenner unter schwedischen Bedingungen verursacht. Die Rechnung berücksichtigte auch die CO2-Emission für die Herstellung und den Transport des Treibstoffs (Diesel oder Benzin). In den Medien wurde eine Gegenüberstellung besonders lautstark wiedergegeben, die nicht in der Studie von Romare und Dahllöf enthalten ist. Allerdings wurde die Ökobilanz der fossilen Kraftstoffe etwas verbessert, weil ein erneuerbarer, CO2-neutraler Anteil an Biotreibstoff von 18 Prozent im Diesel bzw. Benzin angenommen wurde. Dieser Wert sei im schwedischen Markt üblich. Der Vergleich nahm auch nicht die von den Herstellern deklarierten Emissionen von 130 Gramm CO2 pro Kilometer an, sondern addierte diesem Wert 40 Prozent dazu, die erfahrungsgemäß der Abweichung zwischen Deklarations- und Praxiswerten entsprechen. Mit den erwähnten Korrekturen ergab sich ein totaler Emissionswert von 180 Gramm CO2 pro Kilometer.

Ungenauer Vergleich relativiert Studie

Doch der Vergleich hinkte an einer wichtigen Stelle. Die Untersuchung versäumte es, ein Elektro- und ein Verbrennungsauto der gleichen Größenklasse zu vergleichen. Im durchgeführten Vergleich wurde die große Batterie eines Luxusmodells (Tesla Model S) den Betriebsemissionen eines durchschnittlichen Dieselfahrzeugs gegenübergestellt. Es ist anzunehmen, dass ein Dieselauto der Komfortklasse weniger gut abgeschnitten hätte. Wenn ein Verbrennungsfahrzeug der Oberklasse rund 10 bis 12 Liter Treibstoff pro 100 Kilometer verbraucht, ergibt das etwa 300 Gramm CO2 pro Kilometer. Damit liegen die CO2-Emissionen für ein solches Auto ungefähr um den Faktor 1,6 über dem im schwedischen Vergleich zugrunde gelegten Durchschnitt. Das bedeutet, dass das Luxus-Elektrofahrzeug bereits nach knapp 70.000 statt 100.000 Kilometern oder nach fünf statt acht Betriebsjahren mit dem Dieselauto gleichziehen würde. Neuere Untersuchungen relativieren jedoch die Ergebnisse und zeigen, dass die Ökobilanz nicht so schlecht ist, wie angenommen. Es kommt bei der Produktion der Batterien vor allem auf den dafür genutzten Strommix an.

Treibhausgas-emissionen haben sich verringert

Die Ergebnisse der 2017er-Studie sind heute überholt. Das schwedische Institut IVL, das die damalige Untersuchung publiziert hatte, veröffentlichte 2019 eine aktualisierte Version. Die Forscher berücksichtigen darin die Fortschritte, die in der Zwischenzeit etwa bei den Technologien für die Batterieherstellung gemacht wurden. Auch verbesserte Nachhaltigkeits- und Recycling-Standards und ein nachhaltigerer Strommix für die Batterieproduktion führten dazu, dass der errechnete CO2-Ausstoß weit geringer ausfiel als noch zwei Jahre zuvor. Demnach generiert die Herstellung von Batterien je Kilowattstunde statt 150 bis 200 kg CO2, noch 61 bis 106 kg. Ein genauerer Wert ließ sich nicht ermitteln, da die Hersteller bei der Batterieproduktion in unterschiedlichem Maße auf erneuerbaren Strom setzen. Einige Hersteller wie z.B. Volkswagen oder Sono Motors versprechen sogar, nicht nur die Batterien, sondern das ganze Auto komplett CO2-neutral zu produzieren. Die aktualisierte Studie zeigte, dass die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien in den letzten Jahren umweltfreundlicher geworden ist. Klar ist auch, dass der CO2-Ausstoß bei der Herstellung in Zukunft weiter reduziert werden kann und soll. Einige E-Auto-Produzenten versuchen bei der Herstellung der Batterien nur auf erneuerbare Energiequellen zu setzen. Der Elektroauto-Hersteller Tesla generiert an seinem Produktionsstandort im US-Bundesstaat Nevada die Energie für die Batterieherstellung rein aus erneuerbaren Quellen.

Der Strommix ist entscheidend

Die Ökobilanz eines Elektrofahrzeugs hängt im Wesentlichen davon ab, woher die für die Batterieproduktion benötigte Energie stammt. Der Anteil der Herstellung an der gesamten Ökobilanz dürfte in Zukunft sogar noch größer werden. Wenn mehr erneuerbare Energien in den Stromnetzen Europas fließen, wird der CO2-Ausstoß in der Betriebsphase weiter sinken. Es wird dann umso relevanter, dass vermeintlich saubere Elektroautos nicht mit einem fossil belasteten Strommix gebaut werden. Die Autobauer müssen deshalb künftig ein stärkeres Augenmerk auf die Bedingungen am Produktionsstandort legen. Besonders umweltbelastend handelt, wer die Autobatterie mit dem Strommix von China, Polen oder Indien herstellt, anstatt mit dem von Wasserkraft dominierten skandinavischen Ländern. Für einen Produktionsstandort in Polen fällt die CO2-Bilanz für eine Batterie um den Faktor 24 schlechter aus als in Schweden, für die Produktion in Indien gar um den Faktor 32. Staaten, die zukünftig ihre Infrastruktur für erneuerbare Energien ausbauen, könnten als Produktionsstandorte für E-Auto-Hersteller interessanter werden und sich damit auch einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten. Die Aussicht auf potenzielle Investitionen und Arbeitsplätze könnte zudem auch ein Anreiz sein, auf mehr erneuerbare Energiequellen zu setzen. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik hat erforscht, dass ein ausschließlich mit Ökostrom geladenes Elektroauto seine Umweltbilanz bereits nach rund 25.000 Kilometern ausgleichen kann. Eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) Heidelberg im Auftrag des Umweltbundesamts kam zu ähnlichen Ergebnissen.
Ökostrom versus Lohnkosten
Kritiker der schwedischen Studie argumentieren, dass bisher offenbar vor allem das Lohnniveau Vorrang hat, wo eine Batteriefabrik produziert. In Zukunft, so die weitere Argumentation, wird es entweder mehr Automatisierung oder regulatorische Maßnahmen brauchen, damit die Batterien dort produziert werden, wo es am umweltfreundlichsten ist. Alternativ könnten die Hersteller aber auch mit dem gezielten Bezug von Ökostrom Einfluss auf die Ökobilanz nehmen. Die Bedeutsamkeit des Recyclings wird in Zukunft zunehmen. Bisher sind die kleine Anzahl produzierter Batterien und fehlende ökonomische Anreize die Hauptgründe dafür, dass wenig Material aus gebrauchten Batterien wiederverwertet wird. Erhöht sich die Elektromobilität, könnte auch das Recycling von Metallen wie Aluminium die CO2-Bilanz der Akkus deutlich verbessern.

Ökobilanzen schwer vergleichbar

Vergleiche der Ökobilanzen zwischen E-Fahrzeugen und Verbrennern sind auch nach der aktualisierten Studie nur schwer messbar. Die Resultate zeigen in erster Linie, dass allgemeine Aussagen schwierig sind, weil sich die Produktionsbedingungen der E-Autos stark unterscheiden. Ein Tesla kommt auf wesentlich andere Werte als ein E-Auto, welches beispielsweise in China mit Kohlestrom zusammengebaut wurde. Zudem verändern sich auch die Produktion der Batterien und Fahrzeuge. Die Produktionsstraßen der Hersteller werden effizienter. Auch der Strommix im jeweiligen Produktionsland verändert sich. Im Allgemeinen wird festgestellt, dass die Ökobilanz eines E-Fahrzeugs gegenüber der eines Autos mit Verbrennungsmotor nur dann schlechter wäre, wenn der genutzte Strom zu 100 Prozent aus Kohlestrom gewonnen würde. Das ist aber z. B. in Deutschland nicht der Fall. Laut dem Statistischen Bundesamt stammten 2021 57,6 Prozent des Strommixes aus konventionellen Energiequellen wie Kohle, Kernkraft und Erdgas. 42,4 Prozent stammten aus erneuerbaren Quellen (Windkraft, Photovoltaik, Biogas und Wasserkraft). Eine aktuelle Studie des International Council On Clean Transportation (ICCT) zeigt, dass Elektroautos in ihrer Klimabilanz gegenüber Verbrennern immer besser abschneiden. So sollen in Europa E-Autos der Mittelklasse heute schon 66 bis 69 Prozent weniger Treibhausgasemissionen verursachen als Benziner. Dies auf die ganze Lebensdauer gerechnet, inklusive der Produktion der Elektroautos. Die Wissenschaftler haben jedoch mit dem zu erwartenden Strommix der Jahre 2021 bis 2038 gerechnet.