Willkommene Eindringlinge?

Hermannstädter Gespräche beschäftigten sich mit den deutschsprachigen Expats in der Stadt

Der Wahl-Hermannstädter Jörg Prohaszka (2. v.r., daneben Benjamin Józsa) sprach über seine Erfahrungen als Expat in Rumänien. Foto: Holger Wermke

Hermannstadt - Kurz vor Ende des Jahres 2000 kam Jörg Prohaszka in Hermannstadt/Sibiu an. Der Flughafen war damals noch weit entfernt von dem modernen Standard, den er heute hat. Die Koffer mussten die Fluggäste selbst aus dem Flugzeug tragen. Die Straßen der Stadt waren an diesem 1. Dezember bereits kitschig-bunt geschmückt. Durch die Heltauer Gasse/Str. Bălcescu knatterten alte Dacias und Renaults, die damals noch keine Fußgängerzone war.

Mit diesen Bildern beschrieb Prohaszka seine in Erinnerung gebliebenen, ersten Eindrücke an Hermannstadt. Er ist Geschäftsführer des Deutschen Wirtschaftsclubs Siebenbürgen (DWS) und war am Dienstagabend zu Gast bei den Hermannstädter Gesprächen. Im Spiegelsaal des Forums sprach er zum Thema „Expats – Willkommen oder Eindringlinge?“. Wer den neudeutschen Begriff nicht kennt: Expats nennt man heutzutage die von ihren Firmen für begrenzte Zeit ins Ausland entsandten Mitarbeiter. Rund 1000 deutschsprachige Ausländer leben nach offiziellen Schätzungen im Kreis Hermannstadt, im ganzen Land beläuft sich ihre Zahl auf etwa 6000.

Wie fühlt und lebt es sich als deutschsprachiger Ausländer in Hermannstadt? Und wie gehen die verbliebenen Siebenbürger Sachsen mit den meist nur temporär bleibenden „Gästen“ um? Diese Fragen versuchte Prohaszka in seinem Vortrag und der anschließenden Diskussion zu beantworten. Moderiert wurde das Gespräch vor knapp 30 Zuhörern von Benjamin Józsa, dem Geschäftsführer des Siebenbürgenforums.

Für Prohaszka war Siebenbürgen nicht die erste Station im Ausland. Zuvor war er bereits mehrere Jahre als Berater in Polen, Lettland und Weißrussland tätig gewesen. Im Unterschied zu diesen Ländern werde man als Deutscher in Rumänien willkommen geheißen, berichtete er, eine Erfahrung, die sich nicht auf Hermannstadt beschränkt. Was den Start für jeden Ausländer schwierig mache, sei die ausgeprägte Netzwerk-Gesellschaft. Ohne Kontakte komme man privat wie beruflich schwer voran, weswegen er sich schon früh im Wirtschaftsclub engagierte.

Auf die Frage nach dem Verhältnis zu den Siebenbürger Sachsen meinte Prohaszka, dass er diese als offene Menschen kennen gelernt habe. „Sie sind eine wichtige Anlaufstelle“, betonte er. Zwischen dem Forum und dem DWS gebe es regelmäßige Kontakte, sagte Prohaszka mit Blick auf die anwesenden Vorsitzenden des Kreisforums und des Zentrumsforums, Martin Bottesch und Dr. Hans Klein. Zur Sprache kam auch das Thema Rückwanderung bzw. die Frage, wie man deutschsprachige Fachkräfte nach Siebenbürgen locken kann. Die Antwort darauf war eindeutig: Nur über höhere Löhne.

Wer einmal hier  sei und die Möglichkeit habe zu bleiben, resümierte Prohaszka, geht meist nicht wieder. „Es ist ein sehr schönes Leben hier“, so der Klubchef, „viele Expats sind schon Urgesteine hier “. Anfangs dachte Prohaszka, er halte keinen Monat durch. Nun sind es bereits zwölf Jahre.