Windenergiepark von Winden verweht

In einem Dickicht von Prozessen, Bürokratie, legislativen Grauzonen und Pleiten lässt sich nicht bauen

Vor mehreren Jahren, mitten in der Euphorie über die Nutzung unkonventioneller Energien (und im Geldsegen der Grünen Zertifikate der rumänischen Regierung) und auch des lokalen wirtschaftlichen Aufwinds der Ortschaften unterm Hochplateau des Semenik – Weidenthal, Wolfsberg, Franzdorf, auch Slatina Timiș – wurde bekanntgegeben, dass es ein Projekt zur „baldigen“ Entwicklung eines Windenergieparks auf 1000 Meter Seehöhe gäbe, welches dem Raum des Bergstocks des Semenik zusätzliche Entwicklungsimpulse verleihen werde.

Seit dem 6. Februar ist es nun definitiv damit vorbei: Es wird den Windenergiepark in Wolfsberg, der 132 MW Strom erzeugen hätte sollen, nicht geben – zumindest nicht durch die damals sich engagierende Firma, auch nicht den auf dem Gemeindegebiet von Weidenthal (55,1 MW), nicht im Temeschtal bei Slatina Timiș (ironischerweise sollte er auf den Hungerfeld/Câmpul Foamei entstehen – 91,5 MW) und auch keinen Windenergiepark auf dem Gebiet der Gemeinde Franzdorf/Văliug (91,5 MW). Insgesamt hätten mit den 113 geplanten Betontürmen der Windturbinen rund 370 Megawatt Strom erzeugt werden sollen.

Die Spanier von Duro Felguera hielten 99 Prozent der Gesellschaftsanteile der rumänischen Conaid Company SRL, die den vierteiligen Windenergiepark bauen hätte sollen. Aber die Conaid Company SRL ist gerichtlich am 6. Februar 2020 für pleite erklärt worden, noch bevor sie auch nur einen Betonpfeiler für eine Windturbine gegossen hätte. 
Die hehren Investmentvorhaben waren bekanntgegeben worden, bevor sämtliche Voraussetzungen zum Bauvorhaben geklärt waren. Das hat langwierige Verhandlungen und später Prozesse mit dem Stromdistributionsunternehmen Transelectrica bewirkt: Dieses war nämlich gegen die Lösung für die Umspannstation von 400/110 kV von Wolfsberg/Gărâna, zumindest vorgeblich aufgrund von Umweltbedenken, weil für die Wolfsberger Umspannstation 43 Hektar Wald hätten gefällt werden müssen. Auch rund 40 Häuser im in Reschitza eingemeindeten Cuptoare, zwei Straßenzüge, hätten abgerissen werden sollen, weil sie an der Trasse der neuen 110kV-Stromleitung, die die Verbindung zum Nationalen Stromnetz gewährleisten sollte, liegen

Aber das Schwierigere: Die Wolfsberger Wälder sind Teil des Nationalparks Semenik-Karasch-Schluchten, der ohnehin im Blickfeld der Öffentlichkeit steht, seit drei Umweltschutzorganisationen – Agent Green, ClientEarth und die Stiftung Euronatur – bekanntgegeben haben, dass die staatliche Forstverwaltung Romsilva, für viele korruptionsverdächtig Hand in Hand mit der Forsteinrichtung, große Flächen naturbelassenen und urwaldähnlichen Wald, „eine Waldwildnis, wie man sie in weiten Teilen Mitteleuropas seit dem Mittelalter nicht mehr kennt,“ (Zitat Euronatur) in diesem Naturschutzgebiet gefällt hat und weiter fällen lässt, weswegen die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Rumänien eröffnet...
So gesehen hatte Transelectrica eigentlich recht. Fragt sich nur, wie und wo sich die Planer des Windenergieparks dokumentiert und informiert haben, dass sie das Projekt – nimmt man es unter die Lupe – schon während der Planungsphase in den Sand gesetzt haben.
Als über der Conaid Company SRL bereits das Damoklesschwert der Pleiteerklärung schwebte, versuchte die Firma, in aller Eile und kostengünsig das Geschäft zu verkaufen. 

Diese Absicht scheiterte am bürokratischen Dickicht, aber auch an den rumänienspezifischen gesetzlichen Grauzonen. So kam es, dass nicht nur keiner zugegriffen hat, nicht einmal Interesse hatte jemand am Kauf gezeigt. Vielleicht spielte und spielt auch mit, dass am Schwarzen Meer der riesige Windenergiepark des tschechischen Konzerns CEZ, der seit Jahren erfolgreich produziert, ebenfalls zum Kauf angeboten wird, weil sich die Tschechen aus Rumänien zurückziehen. Statt etwas Fertigem ein Projekt zu kaufen, das zudem mit Prozessen belastet ist – wer traut sich das schon zu? 
Dabei waren die Testergebnisse der Windkapazitäten, die über Jahre durchgeführt wurden, ausgezeichnet und hatten einen passablen Gewinn aus dem Projekt versprochen. Das war auch der  Grund, weshalb die Conaid Company SRL eifrig-verbissen um den Kauf von Grundstücken (in den vier Ortschaften) und Häusern (in Cuptoare) feilschte und sich jahrelange Prozesse mit Transelectrica leistete. Bis das alles eben zu lange gedauert hat und der Firma der lange Atem ausging.

Am besten informiert über den Verlauf des Projekts ist der Bürgermeister von Franzdorf, Sorin Blaga, derjenige, der die wohl größten Hoffnungen in die Realisierung des Windparks am Rande seiner Gemeinde gesetzt hatte: „Das Projekt wurde zunächst mal auf Eis gelegt. Auslösender Faktor dafür waren Gesetzesänderungen des Parlaments hinsichtlich der Aushändigung der Grünen Zertifikate – übrigens stand damit die Conaid Company SRL landesweit bei weitem nicht allein da. Von jenem Augenblick an sind bis zu mir als Bürgermeister einer der interessierten Ortschaften keinerlei Nachrichten mehr über den Windenergiepark gelangt. Natürlich wäre ich sehr froh gewesen, wenn wir hier in Franzdorf einen Windenergiepark gehabt hätten. Das hieße: eine massive Steigerung des Steueraufkommens für die Gemeinde, aber auch Arbeitsplätze für unsere Bürger. 
Aber dieses Projekt hatte ein typisch rumänisches Schicksal: geboren wurde es als Talent, gestorben ist es als Hoffnung. Damit ist es absolut typisch für dieses Land.“