Wort zum Sonntag: Auf festen Grund bauen

In der Bibel steht, im „Buch der Sprüche“, ein Wort, das für unser Leben wegweisend sein soll. Es lautet: „Gott, gib mir weder Armut noch Reichtum, nähre mich mit dem Brot, das mir nötig ist, damit ich, satt geworden, dich nicht verleugne und damit ich als Armer nicht zum Dieb werde!“ Jeder benötigt eine gesicherte materielle Existenz. Viele sind damit nicht zufrieden und wollen immer mehr haben, bis zum Überfluss. Darin steckt aber eine große Gefahr. Wer sich viel leisten kann, dem stehen viele Türen zu sinnlichen Genüssen offen. Viele stürzen sich bedenkenlos in das Bad der Genüsse und verlieren dabei die Orientierung nach oben und verwandeln sich zum „reichen Prasser“ aus dem Evangelium. Übermütig stimmen sie in das Prometheus-Wort ein: „Aus dieser Erde quillen meine Freuden!“ Sie werden zu waschechten Materialisten. Reichtum wendet viele Menschen von Gott ab.

Reiche haben einen „materiellen Vorteil“ vor den Armen, aber der Arme hat einen „geistigen Vorteil“ vor dem Reichen. Da ihm die Türen zu den sinnlichen Genüssen großteils verschlossen bleiben, öffnet er sein Herz leichter der Botschaft Christi vom ewigen Reich Gottes mit seinen Verheißungen. Wahr ist das Sprichwort: „Suchst du Glaube und fromme Sitte? Frag im Dorf nach der kleinsten Hütte!“ Es könnte stimmen, was ein Erzieher gesagt hat: „Eine gütige Vorsehung verurteilt vielleicht manchen zur Armut, damit er keine Eisenbahnkarte nach Monte Carlo bezahlen kann“. Laut Christus ist der „arme Lazarus“ dem Himmel viel näher als der „reiche Prasser“. Armut ist kein Fluch, oft aber ein Segen. Sie spornt alle Kräfte des Menschen an, seine Lage zu verbessern. Die tüchtigsten Menschen sind nicht aus Millionärsfamilien hervorgegangen, sondern aus Kleinhäuslerfamilien. Feldmarschall Gneisenau, der Besieger Napoleons, hütete als Knabe Gänse. Der Afrika-Forscher Livingstone arbeitete in seiner Jugend in einer Baumwollfabrik. Beethoven, einer der größten Tonkünstler, wurde in einer Dachkammer geboren.

Es ist klar: Armut macht keinen Menschen zum Tugendhelden und Reichtum macht keinen Menschen zum Lastersklaven. Bei allen kommt es auf die innere Einstellung an. Der Reiche hat viel mehr Möglichkeiten, anderen Menschen zu helfen, als der Arme. Das tun, Gott sei Dank, auch viele.

Ob wir gut oder böse werden, hängt davon ab, wie wir mit den materiellen Dingen umgehen. Der hl. Augustinus sagt: „Wenn du über das Gold Herr bist, machst du etwas Gutes daraus; bist du sein Sklave, so macht es aus dir etwas Böses!“ Die Biene hat Flügel, um leichter Honig zu suchen. Klebt er aber an ihren Flügeln, tötet er sie. Bleiben wir nicht am Honig der materiellen Dinge kleben. In Honig getauchte Flügel machen flugunfähig.

Angeblich kann man in südlichen Ländern oft sehen, wie dort die Weinreben nicht an Weinstöcken, sondern an Alleebäumen gezogen werden, wo sie sehr gut gedeihen. Ein geistreicher Mann zog daraus die Folgerung: Eine Ulme ist groß von Wuchs und recht schön anzusehen. Sie trägt aber keine Früchte. Die Rebe aber müsste ohne die Stütze, die sie an der Ulme findet, am Boden dahinkriechen. Aufgebunden trägt sie reiche Frucht. So ist es mit dem Reichen und dem Armen. Der Reiche mag hier, auf Erden, noch so großartig dastehen, für den Himmel hat er davon keine Frucht, wenn er nicht die Hand zum Armen ausbreitet, um ihn zu stützen, wie die hohe Ulme den Weinstock stützt und trägt.

Wir kleinen Leute gleichen eher dem armen Lazarus als dem reichen Prasser im Evangelium. Das soll uns nicht entmutigen. Wir haben es viel leichter als die Multimillionäre, unser Herz für die bleibenden Güter zu öffnen, die uns Christus verheißen hat. Diese können keine Inflation und kein Kurssturz der Banken entwerten. Das Leben ist kurz. Reichtum und Genuss vergehen schnell. Bauen wir unser Leben auf diese fundamentale Wahrheit auf: „Wer auf Gott vertraut, hat auf festen Grund gebaut!“