Zehn Jahre Dualschule Banat

Berufsausbildungsprojekt entwickelt sich in Temeswar stetig

Der Unterricht in der dualen Ausbildung ist von Anfang an praxisorientiert. | Foto: privat

Die Dualschule Banat wurde 2012 auf Anforderung von drei deutschen Unternehmen vor Ort ins Leben gerufen.

Das Technologische Lyzeum „Regele Ferdinand I“ (König Ferdinand I.) in Temeswar/Timișoara hat vor Kurzem ein Jubiläum gefeiert: Vor zehn Jahren hat das Lyzeum die ersten Klassen im dualen Schulsystem eingeführt. Das Pilotprojekt stellte eine Neuigkeit in Rumänien dar, als 2012 die duale Schulausbildung in Temeswar sowie an einem weiteren Lyzeum in Kronstadt/Brașov eingeführt wurde. Später wurde das Modell auch in Großkarol/Carei und Hermannstadt/Sibiu eingeführt. In den zehn Jahren seit der Wiedereinführung des Berufsausbildungssystems in Rumänien haben mehr als 500 Schüler und Schüle-rinnen eine Qualifikation erworben, viele von ihnen wurden anschließend in Unternehmen landesweit beschäftigt.

Das Projekt wurde damals im Technologischen Lyzeum Temeswar unter dem Namen „Școala Duală Banat“ (zu Deutsch: Dualschule Banat) und unter der Schirmherrschaft des Temescher Schulinspektorats ins Leben gerufen, mit der Unterstützung der lokalen Partner – das Temeswarer Bürgermeisteramt und drei deutsche Unternehmen vor Ort. 

Eine Klasse mit 17 Schülern war damals Vorgängerin eines Systems, dass sich im Laufe der Jahre stetig entwickelt hat. Mittlerweile hat die Dualschule zehn Klassen, über 200 Schüler und 17 Unternehmen als Partner. Im Verwaltungskreis Temesch/Timi{ werden für das kommende Schuljahr 2022/23 über 1300 Plätze an Berufsschulen bereitgestellt. 400 davon stehen für die duale Berufsausbildung bereit, 96 Plätze sind an der „Dualschule Banat“ vorhanden. 

Tag der offenen Tür und Jubiläumsfeier

Am 10. Mai wurden an der Schule anlässlich des zehnjährigen Jubiläums seit Einführung des Berufsausbildungsprojekts in Temeswar ein Tag der offenen Tür für Schüler, Eltern und Unternehmen begangen, und eine Jubiläumsfeier mit allen Partnern vor Ort organisiert. 

Von einer einzigen Qualifikation im Jahr 2012 – die der Bedienung von elektromechanischen Maschinen und Industrieanlagen – werden derzeit junge Menschen zur Bedienern von numerisch gesteuerten Maschinen (CNC), Elektrikern von Elektro- und Energiegeräten und ab dem neuen Schuljahr zu Mechanikern von hydraulischen und pneumatischen Geräten ausgebildet. 

„All diese Qualifikationen wurden im Laufe der Jahre von den Partnerunternehmen je nach Bedarf des Arbeitsmarktes nachgefragt“, erzählt die Schulleiterin des Technologischen Lyzeums Luminița Filip. „Wir nehmen uns vor, hier in Zukunft ein echtes Berufsbildungszentrum zu schaffen, in dem sich mehr Schüler und mehr Unternehmen für diese Form der Erziehung und Ausbildung junger Handwerker interessieren“, setzt die Schulleiterin fort. 

Aktuelle Schüler, aber auch Absolventen der Dualschule haben den Interessenten aus ihrer Erfahrung erzählt und sie für eine solche Ausbildung zu überzeugen versucht. Dem Jubiläumsevent wurde auch von den Partnern im Projekt – die Temescher Generalschulinspektorin Aura Danielescu sowie Vertreter der jeweiligen Unternehmen und Lokalbehörden – beigewohnt. Das Bürgermeisteramt von Temeswar stellt im Rahmen dieser Partnerschaft kostenlose Mahlzeiten und Unterkünfte für die Auszubildenden sowie verschiedene materielle Einrichtungen oder Investitionen in Bildungsräume der Schule zur Verfügung.

„Das Technische Lyzeum ist das deutlichste Beispiel für das Potenzial der Zusammenarbeit zwischen Bildungssystem, öffentlicher Verwaltung und Unternehmensumfeld. Seit zehn Jahren unterstützt das Bürgermeisteramt die duale Ausbildung und wird dies auch weiterhin tun, denn Temeswar braucht ausgebildete Handwerker, die den Anforderungen der Unternehmen in der Stadt gerecht werden“, betonte bei der Jubiläumsfeier auch Dominic Fritz, der Bürgermeister von Temeswar.

Hunderte Schüler profitierten bereits

Zusätzlich zu den Einrichtungen der Werkstätten und Übungslabore an der Schule profitieren die Schüler von einer spezialisierten und praktischen Anleitung zu fortschrittlichen technologischen Geräten in den Partnerunternehmen. Hunderte von Schülern wurden im Laufe der Zeit von professionellen Mentoren in Unternehmen ausgebildet, und viele von ihnen sind heute Mitarbeiter dieser Unternehmen. 

„Ein Jahrzehnt nach dem Neustart dieser Bildungsform freue ich mich, dass die Ergebnisse unsere unverändert gebliebenen Überzeugungen erneut bestätigen. Continental gehört seit 2012 zu den Initiatoren und Unterstützern der Wiedereinführung der beruflichen Bildung in das voruniversitäre Bildungssystem. Ich danke der Schulleitung, den lokalen und nationalen Behörden für ihr anhaltendes Engagement und die gute Zusammenarbeit in diesem gemeinsamen Projekt“, sagte Christian von Albrichsfeld, Geschäftsführer des deutschen Konzerns Continental in Rumänien.

Für das neue Schuljahr werden für Schüler von der dualen Berufsschule „Banat“ 40 Praktikumsplätze in der Reifenfabrik, im Continental-Werk für elektronische Komponente und im Continental-Ingenieurzentrum in den Fachrichtungen Elektriker Elektro- und Energiegeräte, Elektromechanische Maschinen und Industrieanlagen, Numerisch gesteuerter Maschinenbediener (CNC) sowie für mechanische und pneumatische Gerätemechaniker bereitgestellt.

Mittlerweile 17 Unternehmen als Partner

Seit 2012 die Initiative, das duale Bildungssystem in Rumänien wiederzubeleben, von den drei Werken von Continental – Continental Reifen, Automotive und ContiTech – unterstützt wurde, kommen fast jährlich neue Partner dazu. Dräxlmaier Temeswar etwa ist seit 2013 Partner der Temeswarer Dualschule in diesem Berufsschulprojekt. „Dutzende von Schülern, die im dualen Bildungssystem des Energietechnik-Lyzeums eingeschrieben sind, haben bei uns in der Werkstatt des Unternehmens ein Praktikum abgelegt. Es ist ein erfolgreiches Projekt, ein Beweis dafür, dass viele dieser Absolventen jetzt unsere Kollegen in der Produktion sind. In der nächsten Zeit investieren wir in einen neuen Raum mit modernster Schulungsausstattung, in dem Auszubildende die Möglichkeit haben, mit den neuesten Produktionstechnologien für elektronische Komponenten und der Montage von Batteriesystemen für die Automobilindustrie zu arbeiten“, sagte bei der Jubiläumsfeier Violeta Robu, Leiterin der Abteilung für Human Resources bei Dräxlmaier Temeswar.

Auch wenn nun zehn Jahre danach mehr Schüler einer dualen Schulausbildung nachgehen, bleibt nach wie vor dasselbe Problem: Eltern zu überzeugen, dass so eine Berufsausbildung wert ist. „Unsere Schüler kommen meistens aus dem ruralen Bereich. Es sind junge Leute aus Familien mit geringem Einkommen, die auch geringen Mittelnoten nach dem Abschluss der 8. Klasse und infolge der Nationalen Evaluierung haben. Für sie ist das eine gute Gelegenheit, ihre Ausbildung fortzusetzen, zahlreiche Vorteile seitens unseren Partnern zu erhalten und dabei einen Beruf mit Anstellungsmöglichkeiten zu erlernen“, sagt die Professorin Luminița Filip. Um diese Vorteile bekannt zu machen, reisen die Schulleiterin sowie Vertreter der Schule in die jeweiligen Ortschaften der Region und stellt sie in den Schulen vor. 

Wer kann sich bewerben? 

Absolventen der 8. Klasse, Jugendliche und junge Erwachsene bis 26 Jahren sind willkommen, sich für eine duale Berufsausbildung zu bewerben. „Sie müssen nicht unbedingt die Nationale Evaluierung bestanden, jedoch unbedingt aber die 8. Klasse abgeschlossen haben“, erklärt die Professorin. Die Kandidaten können sich dann die Wunschqualifizierung für die nächsten drei Schuljahre auswählen. Für das kommende Schuljahr stehen an der Dualschule Banat 96 Plätzen zur Verfügung. Die erste Anmeldezeit dafür findet zwischen dem 4. und 8. Juli statt. Die zweite Etappe folgt dann zwischen dem 26. und 28. Juli.

Die Schüler haben nicht nur die Möglichkeit, in den jeweiligen Werken Praktika abzulegen und von Fachleuten betreut zu werden, sondern bekommen auch monatliche Stipendien, die Verkehrskosten erstattet sowie kostenlose Unterkunft und Mahlzeiten während der Schul- und der Praktikumszeit in den Werken. Die Schüler im dualen Bildungssystem bekommen 400 Lei monatliches Stipendium – 200 Lei vom Staat sowie 200 Lei vom Unternehmen, wo sie ihr Praktikum ablegen. Während der Praktika haben sie den Transport ins jeweilige Partnerwerk und die Mahlzeiten ebenfalls unentgeltlich gesichert. 

Auch ein Studium ist anschließend möglich

Nach dem Abschluss dieser Berufsausbildung haben sie dann Priorität bei der Jobbewerbung in den Werken, in denen sie ihr Praktikum absolviert haben, sie erhalten ein Zeugnis, das europaweit anerkannt ist und haben auch die Möglichkeit, ihre Ausbildung fortzusetzen. Beim Technologischen Lyzeum können sie Abendkurse besuchen, das rumänische Baccalaureat ablegen und weiter an der Universität studieren. 

Gleich zwei Absolventen der Dualschule Banat sind derzeit Studenten an der TU „Politehnica“ und bilden sich als Ingenieure fort. „Meine Leidenschaft für numerisch gesteuerte Werkzeuge und Maschinen führte mich auf eine Berufsschule mit ausgebildeten Lehrern und der Möglichkeit zu Praktika in namhaften Unternehmen. Ich habe Elektromechanik an der Dualschule Banat gelernt und bin jetzt Student an der Fakultät für Mechanik“, erzählt Florian Papuc. „Die Berufsschule hat mir  beim Start geholfen, mit einer gut gebauten Grundlage. Ich hoffe, ein Ingenieur zu werden, der alle möglichen Kenntnisse auf diesem Gebiet gesammelt hat“, setzt der Absolvent der dualen Ausbildung, der derzeit CNC-Techniker bei Hamilton Central Europe ist, fort. 


Details zur Berufsausbildung, Fachrichtungen, Qualifikationen und Anmeldungen sind von den Webseiten liceulenergetic.ro und scoaladualabanat.ro abrufbar.