Zurück zu den kleinen, ländlichen Sorgen

Temescher Kleinstadt Tschakowa vor Volksentscheid

Alle Welt bereitet sich hierzulande auf die baldige Wahlkampagne und die Parlamentswahlen vom 11. Dezember vor. Die Stadtväter aus der Temescher Kleinstadt Tschakowa/Ciacova und deren Einwohner haben jedoch vorerst noch andere, lokale Prioritäten: Der Tschakowaer Stadtrat hat am 23. August l. J. den Beschluss gefasst, am kommenden Sonntag, am 9. Oktober, ein Referendum über die Zukunft bzw. den künftigen Status der Ortschaft zu veranstalten. Die Bevölkerung – die Kleinstadt Tschakowa zählt derzeit nur 5348 Einwohner und hat damit unter den Städten des Kreises Temesch gar die kleinste Einwohnerzahl – hat in den letzten Jahren mehrheitlich ihre Unzufriedenheit über den derzeitigen Stadtstatus geäußert. Die Stadtbewohner sollen nun gemeinsam mit den Einwohnern der eingemeindeten vier Ortschaften Cebza, Macedonia, Obad und Petroman darüber entscheiden, ob sie weiterhin wie bisher in einer Stadt mit all ihren Vorteilen und typischen Sorgen wohnen möchten oder die Rückkehr zu den bekannten Freuden und kleinen ländlichen Sorgen einer Gemeinde bevorzugen. Der Beschlussvorschlag wurde auf Initiative des amtierenden Bürgermeisters Petru Filip (PNL) eingebracht, vom lokalen Stadtrat abgesegnet und kürzlich auch von der Temescher Präfektur bestätigt.

Tschakowa, 28 Kilometer südwestlich der Kreishauptstadt Temeswar, am linken Ufer der Alten Temesch gelegen, ist nicht die einzige Temescher Kleinstadt, die mit ihrem Stadtstatus offensichtlich nicht recht glücklich ist. Wie andere nach der Wende aufstrebende Großgemeinden des Kreises Temesch, Rekasch und Gataja, wurde Tschakowa 2004 nach einem ähnlichen Referendum und einem darauf folgenden Gesetz zur damaligen Freude und der Genugtuung seiner Bevölkerung und der Kommunalverwaltung zur Stadt. Zum gleichen Zeitpunkt wurden auch 12 Temescher Dörfer – Birda, Checea, Neubeschenowa/Dudeștii Noi, Fibisch, Ghilad, Gottlob, Großjetscha/Iecea Mare, Parța, Pădureni, Saravale, Alexanderhausen/Șandra und Triebswetter/Tomnatic – Gemeinden. Diese 2004 auf Initiative der Sozialdemokratischen Partei erfolgte landesweite und recht wahllose Höherstufung der Gemeinden zu Städten und vor allem vieler Dörfer zu Gemeinden, zwei Monate vor den Lokalwahlen 2004, geschah damals, wie sich bald herausstellen sollte, nicht aus Verwaltungs- sondern gezielt aus politischen Gründen.

Mit dem Gesetz Nr. 100/2007 zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes Nr. 351/2001 wurde die traditionelle, ländliche Welt wieder zurechtgerückt: Ein Großteil der neuen Städte und Gemeinden entsprechen laut Gesetz den neuen Bedingungen nicht, vor allem der Hauptbedingung der erforderlichen Einwohnerzahl nicht. Faktum ist, dass schon seit Jahren sechs von acht Städten des Kreises Temesch, bzw. Tschakowa, Rekasch, Busiasch, Gataja, Detta und Fatschet/Făget, der Erstbedingung, der vorgeschriebenen Bevölkerung von 10.000 Einwohnern, nicht entsprechen. Ein spektakulärer Bevölkerungszuwachs in diesen Städten ist in nächster Zukunft mehr als unwahrscheinlich. Lediglich die Temescher Städte Hatzfeld/Jimbolia und Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare, die nach der Wende eine bemerkenswerte soziale aber vor allem wirtschaftliche Entwicklung erfahren haben, entsprechen den gesetzlichen Anforderungen als Stadt. Durch ihre wirtschaftliche und städtebauliche Entwicklung haben hingegen Temescher Gemeinden wie Dumbrăvița oder Girok, beide Randgemeinden der Stadt Temeswar, nicht nur die erforderliche Einwohnerzahl von 10.000 Bewohnern längst überschritten, sondern vor allem durch Eigenmittel bemerkenswerte Schritte zur Urbanisierung gemacht.

Wie in der ADZ berichtet, plant auch die Kommunalverwaltung der Kleinstadt Rekasch (8300 Einwohner) ein baldiges Referendum, höchstwahrscheinlich noch vor den Parlamentswahlen vom 11. Dezember, zum gleichen Thema. In beiden Temescher Städten wird, angespornt auch durch die jüngsten Pläne der rumänischen Regierung für eine neue Verwaltungsreform des Landes, diese Rückstufung von der Stadt zur Gemeinde von den jeweiligen Stadträten und der Stadtverwaltung mit vollem Einsatz betrieben und beschleunigt. Das, obwohl diese Initiative, gemessen an der weltweiten Entwicklung, der klaren Urbanisierungstrends, eher als eine negative Entwicklung betrachtet werden muss.
Es geht in beiden Kleinstädten aber vor allem darum, dass die Bewohner mehrheitlich lieber schon morgen auf den Stolz und alle Genugtuungen des Städters, in erster Linie aber auf die höheren Stadtsteuern und -gebühren verzichten möchten. Auch die vielen kleinen lokalen Unternehmer, die in den letzten Jahren zunehmend in Schwierigkeiten geraten sind, rechnen bei der Bewegung „Zurück aufs Land“ mit weniger Sorgen und... mit mehr Geld in der Kasse.